von Dr. iur. Marianne Wüthrich
Am 1. Oktober ist die dreiwöchige Herbstsession des Schweizer Parlaments zu Ende gegangen. Neben vielen anderen Themen befassten sich der Nationalrat und der Ständerat ein weiteres Mal mit den von Brüssel geforderten Kohäsionszahlungen. Der Ständerat widmete sich ausserdem der Frage, ob das vom Bundesrat vorgespurte Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten – dessen Wortlaut bis heute nicht einmal dem Parlament bekannt ist – dem fakultativen Referendum unterstellt werden muss.
Derweil präsentierte sich der neue Ansprechpartner der Schweiz in Brüssel, Maroš Šefčovič, nicht gerade als Partner von gleich zu gleich. Bundespräsident Guy Parmelin und EDA-Vorsteher Ignazio Cassis hielten sich anlässlich der 76. Uno-Generalversammlung in New York auf, von wo aus ersterer die Ansinnen aus Brüssel mit einer treffenden Entgegnung zurückwies. Es gibt aber auch Stellungnahmen zur Beziehung Schweiz-EU von demokratisch gesinnten -Politikern aus unseren Nachbarländern.
Bundesrat Cassis machte sich in New York für die – aus neutralitätsrechtlicher Sicht fragwürdige – Kandidatur der Schweiz für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat stark. Die beiden Bundesräte nahmen aber auch die eigentlichen Aufgaben der Schweiz in der Welt wahr, indem sie verschiedenen Ländern humanitäre Unterstützung oder Gute Dienste anboten.
Dies ein Tour d’Horizon über die Schweizer Aussenpolitik der letzten Wochen:
EU-Kommission gibt einmal mehr den Tarif durch –
Bundespräsident Guy Parmelin kontert
Der slowakische Vizepräsident der EU-Kommission, Maroš Šefčovič, kam als neuer Ansprechpartner gleich zur Sache: Die institutionellen Fragen blieben für die EU unverändert auf dem Tisch, erklärte er. Die EU brauche mit der Schweiz einen «Streitschlichtungsmechanismus» und ein «Forum, um über Staatsbeihilfen zu reden». Sobald die Schweiz bereit sei, in einer «substantiellen Diskussion» diese Fragen zu regeln, stehe er bereit.1
Damit ging Šefčovič gleich zu Beginn seines neuen Mandats glatt darüber hinweg, dass der Bundesrat die Verhandlungen über das Rahmenabkommen ja gerade deshalb beendet hatte, weil die demokratiewidrigen Forderungen aus Brüssel unvereinbar sind mit dem Schweizer Staatsverständnis.
Am wichtigsten aber ist der EU-Kommission offenbar das Geld. Nach der zweiten Kohäsionsmilliarde (die inzwischen vom Parlament in Bern freigegeben wurde) habe die Schweiz, ähnlich wie die EWR-Staaten, regelmässige Milliardenzahlungen zu leisten, als «Preis» für die Teilhabe am EU-Binnenmarkt: «Wenn Sie sehen, was Norwegen leistet, können Sie verstehen, dass wir das auch von einem so wohlhabenden Land wie der Schweiz erwarten», so Maroš Šefčovič gemäss «Tages-Anzeiger» vom 22. September.
Die harsche Art des EU-Kommissars kam beim Schweizer Bundespräsidenten schlecht an. Man müsse in derselben Sprache sprechen, liess sich Guy Parmelin aus New York vernehmen. Wenn man die Schweiz mit Norwegen vergleichen wolle, könne man nur Vergleichbares vergleichen. «Wir haben mehrere [über 20] Milliarden Franken in die Alpentransversale (Neat) investiert, wir ganz allein. Norwegen hat keinen Franken in die Neat investiert.» Was den «Preis für die Teilhabe am EU-Binnenmarkt» betrifft, hielt Bundespräsident Parmelin fest, dass die EU mit der Schweiz einen jährlichen Handelsbilanzüberschuss in Milliardenhöhe erzielt. «Alle diese Aspekte müssen als Ganzes und auf politischer Ebene diskutiert werden», sagte er.2
Kohäsionszahlungen ja – aber Brüssel hat sich ans Recht zu halten
Tatsächlich ist der Bundesrat schon lange zahlungsbereit. Im August rief er nun das Parlament zur raschen Deblockierung der 1,3 Milliarden Franken auf. Er fügte hinzu: «Gleichzeitig wird sich der Bundesrat weiterhin dafür einsetzen, dass die Schweiz von der EU nicht diskriminiert und im Rahmen von Äquivalenzverfahren nicht anders behandelt wird als andere Drittstaaten.»3 Wie bereits früher in Zeit-Fragen dargelegt, hatte das Parlament die Gelder schon im Dezember 2019 bewilligt, aber auf Grund rechts- und vertragswidriger Strafmassnahmen der EU gegen die Schweiz die Auszahlung blockiert.4
Nun hat es der Nationalrat nach einem längeren Seilziehen mit dem Ständerat doch noch möglich gemacht, dass beide Kammern ganz am Schluss der Herbstsession über die Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrages abstimmen konnten. Die Aussenpolitische Kommission des Ständerates hatte in ihrer Medienmitteilung vom 17. August eine Freigabe der Gelder ohne Bedingungen beantragt, um «ein positives Signal in Richtung der EU aussenden zu wollen und einen -ersten Schritt zur Deeskalation zu machen». Das Büro des Ständerates hatte aber zwecks Verhinderung eines übereilten Entscheids das Traktandum auf den zweitletzten Tag der Herbstsession gelegt (das heisst, das ständerätliche Gremium wollte, dass der Nationalrat erst in der Wintersession darüber befinden soll). Am 27. September beschloss nun aber der Nationalrat mit knappem Mehr, die Kohäsionsmilliarde noch in dieser Session unter Dach und Fach zu bringen (swissinfo.ch vom 27.11.2021/Keystone-SDA). Im Anschluss an den Ständerat fällte er nun am Donnerstagabend (30. September) seinen Entscheid.
Das Resultat: Der Ständerat hat der Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrags mit 30 Ja zu 9 Nein zugestimmt, der Nationalrat mit 131 Ja zu 55 Nein. Es ist zu hoffen, dass die EU-Kommission dieses positive Signal aus Bern würdigt, indem sie ihre vertrags- und völkerrechtswidrigen Strafmassnahmen beendet.
Rechtswidrige Attacke der EU-Kommission gegen Schweizer Medtech-Branche – souveräne Antwort der Schweiz
Bisher haben die Schweizer in Politik und Wirtschaft die rechts- und vertragswidrigen Schikanen aus Brüssel geschickt gehandhabt und sind jeweils mit einem Plan B in den Ring gestiegen, der bestens funktioniert: Die Beteiligung am Studentenaustauschprogramm Erasmus+ organisiert und finanziert die Schweiz seit Jahren selbst (und sogar wesentlich billiger); die Nichtanerkennung der Schweizer Börse als gleichwertig mit den Börsen der EU hat der Bundesrat mit raffinierten Gegenmassnahmen zum Vorteil umgespurt (SRF News vom 1. Juli 2019); zum Forschungsprogramm Horizon Europe hat der Bundesrat kürzlich ausgeklügelte «Übergangsmassnahmen bis zur angestrebten Assoziierung der Schweiz» beschlossen, deren Finanzierung er dem Parlament in der Wintersession unterbreiten wird.5
Ein bisschen kann man den Ärger der EU-Bürokraten ja schon verstehen, wenn ihnen die gewitzten Schweizer jeweils prompt einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Aber dass sie ihrem Ärger mit zunehmend eklatanteren Rechtsbrüchen Luft machen – dem muss ein Ende gesetzt werden.
Der neueste Angriff gilt der Schweizer Medizintechnik-Branche. Gemäss der deutschen Homepage medizin-und-technik.industrie.de ist die Schweiz «einer der weltweit attraktivsten und innovativsten Medizintechnik-Standorte und wichtiger Handelspartner in der EU». Die Medtech-Branche exportiert Produkte für etwa 12 Milliarden Franken pro Jahr, davon die Hälfte in die EU. Kurz nach dem bundesrätlichen Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen im Mai dieses Jahres erklärte die EU-Kommission, Schweizer Zertifikate für medizinisch-technische Produkte würden im EU-Raum nicht mehr anerkannt. Damit verstiess sie gegen das «Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse», das zu den Bilateralen I gehört. Allerdings ging der Schuss hinten hinaus, denn die Medtech-Branche hatte mit diesem Rechtsbruch der EU gerechnet und hielt ihren Plan B bereit: Seit Mai 2021 organisieren die Schweizer Unternehmen die Zertifizierung ihrer Produkte in der EU, damit sie auch in Zukunft dorthin exportieren können.
So weit, so gut – könnte man denken. Nun griff aber die EU-Kommission zum Holzhammer. Sie verkündete, dass sie auch Tausende von bereits zertifizierten Produkten – rückwirkend! – nicht mehr anerkennen werde.6
Das ist dicke Post! Den bisherigen Rechts- und Vertragsverletzungen noch die Nichteinhaltung des in jedem Rechtsstaat geltenden Rückwirkungsverbots aufzupfropfen – das geht gar nicht! Wer sich von einer engeren Einbindung der Schweiz in die EU mehr Rechtssicherheit erhofft hat, sollte langsam nachdenklich werden. Wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mitgeteilt hat, leitet die Schweiz nun rechtliche Schritte ein: Sie verlangt die Einberufung des gemischten Ausschusses (der in den Bilateralen Verträgen vorgesehenen Schlichtungsstelle) und zwingt die Brüsseler Bürokraten damit an den Tisch.
Erfreuliche Unterstützung aus unserer Nachbarschaft
Glücklicherweise werden die Schweiz und ihre Qualitäten insbesondere in unseren Nachbarstaaten sehr geschätzt. Auf die Schweizer Medizintechnik zum Beispiel zählen viele Europäer. Gestützt auf ein Gutachten hält der europäische Medtech-Branchenverband fest, dass die EU mit ihren Aktionen neben dem bilateralen Abkommen ausserdem EU- und WTO-Recht verletzt. Wie das Wirtschafts-amt von Baden-Württemberg schreibt, drohen wegen der illegalen Nichtanerkennung von Schweizer Produkten Versorgungsengpässe in unseren Nachbarländern. Denn die Schweiz sei der drittwichtigste Markt für Deutschland beim Import von Medizintechnik und trage vor allem zur Notfall-, Trauma- und Diabetesversorgung wesentlich bei. Baden-Württemberg will sich nun mit anderen deutschen Bundesländern sowie anderen EU-Staaten zusammentun, um «weiterhin zuverlässige Lieferketten und die Versorgung im Bereich der Medizintechnik zu gewährleisten».7
Ähnlich vor Kurzem die österreichische Europaministerin Karoline Edtstadler an einem EU-Treffen: «Für Österreich ist wichtig, dass die Schweiz auf der Agenda bleibt.» Denn die Schweiz liege nicht nur im Herzen Europas, sondern sei auch «ein ganz wichtiger Partner Europas».8
Ebenfalls als guter Nachbar zeigt sich der junge Lukas Mandl aus Niederösterreich, Mitglied des Europäischen Parlaments und dortiger Berichterstatter zur Schweiz. Für ihn ist «klar, dass die Gründe für den Abbruch [der Verhandlungen zum Rahmenvertrag] nicht nur in Bern, sondern auch in Brüssel liegen. Wir haben gesehen, wie es nicht funktioniert. Wenn wir das Pferd von hinten aufzäumen und in den festgefahrenen Positionen verharren, verlieren wir den Überblick».9
Die Schweiz beim Forschungsprogramm Horizon Europe zu blockieren, bezeichnet Lukas Mandl als «Eigentor für die EU». Denn: «Die Schweiz ist bei der Forschung globale Spitze. Es wäre wichtig, die Schweiz als Leuchtturm dabeizuhaben.» Einen Neustart der bilateralen Beziehungen stellt er sich nicht als Wiederaufwärmung des gescheiterten Rahmenvertrags, sondern als permanenten politischen Dialog vor: «Das ist ja auch der Wunsch von Bundesrat Ignazio Cassis. Das gegenseitige Verständnis kann dabei nur wachsen.» Nun müsse das EU-Parlament «die Kommission zu Flexibilität bewegen, damit dieser Dialog substantiell werden kann und nicht wieder in einem engen Korsett erstickt».
Als Berichterstatter zur Schweiz im EU-Parlament freut sich Lukas Mandl, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz das Thema Schweiz am nächsten EU-Gipfel aufbringen will, und er hofft auf konstruktive Diskussionsbeiträge gerade aus unseren Nachbarstaaten: «Sie sind schliesslich näher dran. Aber letztlich müsste es für alle Mitgliedsstaaten klar sein, dass die Schweiz als wertvolles Mitglied der europäischen Staatenfamilie wichtig ist.» Wir unsererseits freuen uns über diese Wertschätzung und erwidern sie gerne. •
1 Fellmann, Fabian; Israel, Stephan. «Kohäsionsbeitrag der Schweiz – Brüssel fordert schon die nächste Milliarde». In: Tages-Anzeiger vom 22.9.2021
2 Washington, Oliver. «Die EU und die Schweiz – wer schuldet wem was?» Radio SRF, Echo der Zeit vom 22.9.2021
3 «Europapolitik: Bundesrat überweist Botschaft zur Freigabe des zweiten Schweizer Beitrags.» 21.050 Geschäft des Bundesrates. Medienmitteilung des Bundesrates vom 11.08.2021
4 «Horizon Europe» und Kohäsionsmilliarde sind zwei Paar Schuhe». In: Zeit-Fragen vom 10.8.2021
5 «‹Horizon Europe›: Bundesrat verabschiedet zuhanden Parlament Übergangslösungen für nicht zugängliche Programmteile.» Medienmitteilung des Bundesrats vom 17.9.2021
6 von Burg, Denis; Schmid, Adrian. «Nach dem Aus für den Rahmenvertrag – Die Schweiz setzt Brüssel unter Druck. Im Streit um die Anerkennung von Medtech-Produkten könnte Bern auch Hilfe aus den Nachbarländern bekommen.» In: SonntagsZeitung vom 26.9.2021
7 von Burg, Denis; Schmid, Adrian. «Nach dem Aus für den Rahmenvertrag – Die Schweiz setzt Brüssel unter Druck. Im Streit um die Anerkennung von Medtech-Produkten könnte Bern auch Hilfe aus den Nachbarländern bekommen.» In: SonntagsZeitung vom 26.9.2021
8 «Parmelin kontert Šefčovič. Neuer Ansprechpartner – Der neue Schweiz-Verantwortliche der EU-Kommission redet Klartext». In: SRF News vom 21.9.2021
9 Israel, Stephan. «Interview mit EU-Abgeordnetem – ‹Ich halte es für völlig falsch, die Schweiz hinzuhalten›». In: Tages-Anzeiger vom 23.9.2021
m.w. Anlässlich seiner Teilnahme an der 76. Uno-Generalversammlung in New York erklärte Bundesrat Ignazio Cassis in einem Interview mit Radio SRF, die Kandidatur der Schweiz für einen Sitz im Uno-Sicherheitsrat sei «auf guten Wegen». Auf die Frage, ob er die Neutralität durch einen Einsitz im Uno-Sicherheitsrat eher als Nachteil oder als Vorteil sehe, antwortete EDA-Vorsteher Ignazio Cassis: «Als Vorteil. Die Neutralität wird als rechtlicher, aber auch als politischer Begriff nicht tangiert. Neutrale Staaten geniessen Unparteilichkeit und können als gute Brückenbauer fungieren.»1
Als Brückenbauer? Ausgerechnet im Uno-Sicherheitsrat? Dazu hat die Schweiz in unserer durch Kriege und Not gezeichneten Welt wahrhaftig bessere Möglichkeiten! Und wie die Schweiz im Sicherheitsrat «Unparteilichkeit» zeigen soll, bleibt auch nach mehrmaligem Durchdenken schleierhaft. Jedenfalls schlängelte sich Bundesrat Cassis um eine klare Antwort auf folgende Frage von SRF-Uno-Korrespondent Fredy Gsteiger herum: «Wird die Schweiz im Sicherheitsrat häufig Stimmenthaltung üben bei problematischen, bei heiklen Abstimmungen?» Was soll man auch dazu sagen? Der langjährige Schweizer Botschafter Paul Widmer gab seine Antwort vor einiger Zeit kurz und klar: «Wird die Schweiz aktives Mitglied des Uno-Sicherheitsrates, ist sie nicht mehr neutral. Schweigt sie hingegen, gehört sie nicht dahin.»2
Immerhin nutzten die Bundesräte Cassis und Parmelin ihren Aufenthalt bei der Uno auch zur Pflege der eigentlichen Aufgaben der neutralen Schweiz, dem Angebot Guter Dienste und humanitärer Hilfe. So trafen sie den kolumbianischen Präsidenten Iván Duque und bemerkten dazu, die Schweiz leiste einen «historischen» Beitrag zum Friedensprozess in Kolumbien und helfe dem Land auch wirtschaftlich. Auch sprachen die Bundesräte mit der Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, und erklärten, die Schweiz plane, das Land «wirtschaftlich und mit Bildungsprogrammen zu unterstützen».3
Bleiben wir dabei – de Füfer und s’Weggli kann die neutrale Schweiz nicht haben.
1 Gsteiger, Fredy. «Schweizer Kandidatur für Uno-Sicherheitsrat ist auf guten Wegen». Interview mit Ignazio Cassis. SRF Echo der Zeit vom 21.9.2021
2 Widmer, Paul. «Lassen wir Malta doch den Vortritt im Sicherheitsrat!» in: NZZ am Sonntag vom 16.9.2018. Siehe dazu auch: Wüthrich, Marianne. «Aussenpolitisches Programm des Bundesrates mit Fragezeichen. Was hat die neutrale Schweiz im Uno-Sicherheitsrat zu suchen?» in: Zeit-Fragen vom 14. Juli 2020
3 «Parmelin und Cassis an 76. Uno-Konferenz in New York.» Blick vom 22.9.2021 (SDA/gbl)
Der Ständerat hat sich am 20. September auf etwas verwickelte Weise dafür ausgesprochen, dass das Freihandelsabkommen der EFTA-Mitgliedsstaaten (Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island) mit denen des Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) dem fakultativen Referendum zu unterstellen sei. Damit soll das Volk, wenn es will, das letzte Wort haben.
Vordergründig ging es um die Vorprüfung einer Standesinitiative des Kantons Neuenburg, der das Parlament aufforderte «zu prüfen, ob es [das Abkommen] nicht dem fakultativen Referendum unterstellt werden sollte».
In der Begründung führt der Grosse Rat (Parlament) von Neuenburg vor allem an: «Die Uhren-, die Pharma- und die Werkzeugmaschinenbranche würden von einer Unterzeichnung des Abkommens durch die Schweiz profitieren. Für die Landwirtschaft hingegen wäre dieses Abkommen problematisch, da sich dadurch der Konkurrenzdruck auf die heimische Agrarproduktion erhöhen könnte. Gemäss Artikel 104 der Bundesverfassung müssen Handelsabkommen zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen. Doch alles deutet darauf hin, dass dieses Abkommen nicht zur nachhaltigen Entwicklung beisteuern wird.» Ausserdem verfüge das Abkommen bei Verstössen über «nur sehr schwache Kontroll- und Sanktionsmechanismen». Das Neuenburger Parlament kommt zum Schluss, dass es «für ein so wichtiges Abkommen zentral ist, dass die Schweizer Bevölkerung darüber abstimmen kann».
Dieser Ansicht kann man nur zustimmen, und das tat auch der Ständerat, indem er – und hier wird es verwickelt – der Standesinitiative «keine Folge gab», weil «das Anliegen bereits erfüllt» sei. Denn der Bundesrat habe «bereits zugesichert», dass künftig alle Freihandelsabkommen dem fakultativen Referendum unterstellt sein sollen, so wie es beim Abkommen mit Indonesien der Fall war. Mit seinem Entscheid zur Neuenburger Standesinitiative hat also der Ständerat erfreulicherweise zum Ausdruck gebracht, dass künftig alle Freihandelsabkommen dem fakultativen Referendum unterstellt werden sollen.
Quelle: 20.316 Standesinitiative. «Für ein Referendum zum Freihandelsabkommen mit dem Mercosur».
Debatte im Ständerat, 20.09.2021 (SDA-Meldung)
Unsere Website verwendet Cookies, damit wir die Page fortlaufend verbessern und Ihnen ein optimiertes Besucher-Erlebnis ermöglichen können. Wenn Sie auf dieser Webseite weiterlesen, erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
Weitere Informationen zu Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Wenn Sie das Setzen von Cookies z.B. durch Google Analytics unterbinden möchten, können Sie dies mithilfe dieses Browser Add-Ons einrichten.