Michail Gorbatschow über Krieg und Frieden

Interview mit Steve Rosenberg von der BBC

Steve Rosenberg: […] Wie gefährlich ist Ihrer Meinung nach die aktuelle Konfrontation zwischen Russland und dem Westen?
Michail Gorbatschow: Solange es Massenvernichtungswaffen gibt, vor allem Atomwaffen, ist die Gefahr kolossal. Unabhängig von allen politischen Entscheidungen, die getroffen werden können. Sehen Sie sich an, wie viele bösartige Menschen es gibt, die herumlaufen und Dinge in die Luft jagen. Diese könnten die Kontrolle über einige dieser Waffen erlangen. Und wenn die Waffen abgefeuert werden, wird das zu Vergeltungsmassnahmen führen. Das dürfen wir nicht zulassen. Deshalb sollten alle Nationen erklären, alle Nationen, dass Atomwaffen zerstört werden müssen. Das ist notwendig, um uns selbst und unseren Planeten zu retten. Ich war in Japan. In Nagasaki. Der Ort, an dem die Amerikaner ihre ersten Bomben abgeworfen haben, ist immer noch betroffen. Warum haben die Amerikaner das getan? Als eine Warnung an alle: Gehorcht uns, oder wir werfen eine kleine Bombe auf euch ab, wie wir es mit Japan gemacht haben. So sehe ich das auch. Warum sollten sie sonst eine Bombe abwerfen? Ich fürchte, dass die Leute, die so handeln, immer noch da sind. Wir sind nicht frei von ihnen. Und wenn das passiert, dann reagieren wir sehr stark. In einem Land wie dem unseren, in dem der Krieg so viel Zerstörung angerichtet hat, in einem Land, in dem Millionen gestorben sind, Millionen von Menschen, spüren wir das wie kein anderes Land. […]
  Ich bin immer noch der Meinung, dass man die Führer wechseln muss, so steht es in der Verfassung. Aber es gibt Zeiten, in denen ein Land von einer Periode in eine andere wechselt, in denen neue Leute nicht bereit sind, die Last zu tragen. […] Unser Präsident hat dieses Chaos geerbt. Und jeder hat gesehen, dass er das Chaos gestoppt und buchstäblich alles auf sich genommen hat. Aus Presseberichten erfahren wir, dass das Volk will, dass er bleibt und die Arbeit zu Ende bringt. Es gibt noch eine Menge zu tun. Ich bin dafür, dass wir uns an die Gesetze halten. Aber ich sage Ihnen, dass ich mich nie gegen etwas stellen würde, wenn das ganze Volk dafür ist.

Quelle: Interview mit Steve Rosenberg von der BBC mit Michail Gorbatschow vom 8.11.2019;
https://www.youtube.com/watch?v=qYVsKoQXATY vom 8.11.2019

(Übersetzung Zeit-Fragen)

Über Putin, die Deutschen und Amerika

Michail Gorbatschow: Für uns Russen hat Putin [auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007] überhaupt nichts Neues gesagt. Er hat das gesagt, was er immer gesagt hat. Warum waren unsere Partner eigentlich so erstaunt? Vor allem: Damals hat man bei Ihnen in Deutschland eine Umfrage gemacht. 78 Prozent der befragten Deutschen waren auf Putins Seite. […]

Spiegel: Während Gorbatschows Perestroika rüsteten Ost und West ab, militärisch und verbal. Wer ist schuld an der neuen Konfrontation?
In Amerika hat man sich dem Gefühl hingegeben, dass sie alle Sieger seien. Als wenn sie irgend etwas ohne uns hätten erreichen können. Das konnten wir nur gemeinsam erreichen. Ich habe oft, bei Vorträgen in Amerika, an John F. Kennedy erinnert. Er sagte einmal über die Sowjetunion, über die sowjetischen Menschen: Man darf sie nicht dämonisieren. Sie sind genauso wie wir. Sie haben Kinder. Sie wollen ein glückliches Leben führen. Aber Amerika kann nicht ohne Feind leben. Die USA müssen ja zeigen, warum sie ein grosses Militärbudget brauchen. Kennedy hat auch gesagt: Wenn ihr davon ausgeht, dass die kommende Weltordnung eine Pax Americana wird, dann muss ich euch sagen: Entweder gibt es Frieden für alle oder es gibt keinen Frieden.  •

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=IipaGt9WmcE vom 14.1.2015

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