ds. Unter dem Titel «Nach dem Angriffskrieg: die Geburt des geopolitischen Europa» schreiben die beiden «Europaaktivisten und Publizisten» Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer am 2. April in einem Gastkommentar der «Neuen Zürcher Zeitung», dass mit dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar die europäische Ordnung, die mehr oder weniger seit 1950 gegolten habe, ende. Die EU müsse sich nun zu einer wehrfähigen «Werte-Supermacht» entwickeln. Sie gehen in ihrem Beitrag vor allem auf zwei Bereiche ein. Es sind dies «militärische und sicherheitspolitische Fragen» und die Entwicklung eines «europäischen Wir-Gefühls».
«Militärische und sicherheitspolitische Fragen»
Zur militärischen und sicherheitspolitischen Stärkung sei es notwendig, die europäische Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärker zu «zentralisieren und zu bündeln». Hierzu müsste «die nationale Verantwortung» schrittweise auf die «europäische Ebene» übergeben werden.
Aus dem EU-Aussenbeauftragten müsse die «Position einer EU-Aussenministerin mit erweiterten Befugnissen» erwachsen. Ein neu zu gründender «EU-Aussen- und Sicherheitsrat» – der «explizit nicht auf dem Einstimmigkeitsprinzip bei Entscheidungen» basiere – solle die «Strategie und Ausrichtung» vorgeben.
Es brauche eine «eigenständige europäische Streitkraft», bestehend aus Heer, Luftwaffe und Marine sowie einem integrierten Cyber-Command. Denkbar wäre auch «die Weiterentwicklung der französischen nuklearen Bewaffnung hin zu einem eigenständigen europäischen Atomschirm».
Erforderlich sei auch die Gründung eines «gemeinsamen europäischen Geheimdienstes».
«Europäisches Wir-Gefühl»
Um ein «europäisches Wir-Gefühl» zu fördern, schlagen die beiden Autoren vor: «Englisch in allen EU-Staaten als zusätzliche Amtssprache» einzuführen: «Formulare in Ämtern oder wichtige Beschilderungen sollten europaweit immer auch in englischer Sprache verfügbar sein.»
Im Medienbereich sei eine europäische Plattform nützlich, die Nachrichten und Inhalte nationaler Sendeanstalten aus allen Teilen der EU on- wie offline in verschiedenen Sprachen zur Verfügung stelle und so «die Bildung einer europäischen Öffentlichkeit» unterstütze. Diese Medienplattform könne schrittweise zu einem «globalen Nachrichtensender in Anlehnung an BBC oder CNN» ausgebaut werden und damit «weltweite Strahlkraft» entwickeln.
Zur Förderung eines gemeinsamen kulturellen Verständnisses sei auch ein «europaweit verpflichtender europäischer Zivil- oder Wehrdienst für alle jungen Menschen» denkbar, der nicht nur im Heimatland, sondern in allen EU-Mitgliedsstaaten absolviert werden könnte.
«Die Geburt des geopolitischen Europa»
Das neue Kapitel der Europäischen Einigung, schreiben die beiden Europaaktivisten, die 2018 den Jean Monnet Price for European Integration erhalten haben, könne die EU «zu einer geopolitisch relevanten, verantwortungsbewussten und wehrfähigen Werte-Supermacht machen, in deren Familie perspektivisch auch weitere europäische Staaten aufgehen könnten».
Doch braucht es wirklich eine neue «Werte-Supermacht»? Und welche Staaten sollen darin aufgehen? Etwa auch die Schweiz? •
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