«Die Mainstream-Medien sind Teil eines Propagandakrieges»

John Pilger über die Lügen des Westens und den Aufmarsch gegen China

ts. Er gilt als einer der letzten grossen Journalisten unserer Zeit, als Inspiration für viele junge. John Pilger (*1939), der australische Journalist, Autor und Dokumentarfilmer, hat sein Leben dem Streben nach Wahrheit gewidmet. Er habe seine Karriere damit verbracht, für den Mainstream zu arbeiten, und dabei über neun Kriege berichtet. Noch nie aber habe er eine Berichterstattung gesehen, «die so vollständig von einem Tsunami von Hurrapatriotismus und manipulativem Hurrapatriotismus» geflutet worden sei wie die vom Ukraine-Krieg. «Und genau deshalb sollte man nichts mehr glauben.» Und: Nicht übersehen werden dürfe die westliche Stimmungsmache und der Aufmarsch gegen China.

Anfeindungen nimmt er gelassen. Der grosse Journalist James Cameron habe einmal gesagt, «wenn sie dich einen ‹Kommunisten› nennen, besonders einen ‹kommunistischen Juden›, dann weisst du, dass du etwas richtig machst, du hast Erfolg.» In der «South China Morning Post» gab Pilger kürzlich ein Interview und erinnerte an die Rolle von Propaganda bei Kriegen. Dies sei auch beim Ukraine-Krieg nicht anders. «Sie müssen bedenken, dass dies vor allem ein Krieg der Propaganda ist. Und ich denke, fast nichts, was man in der westlichen Presse über den Einmarsch in die Ukraine liest, kann man trauen.» Skepsis sei am Platz, er sei sich aber nicht sicher, ob die Leser und Zuschauer in den USA und Europa die Fähigkeit dazu besitzen. «Das ist jetzt entscheidend, denn man kann nichts mehr glauben. Jeden Tag, wenn ich die Medien lese, schaue ich mir die Quelle an, und es ist der ukrainische Geheimdienst.» Die Propagandaoperation in der Ukraine sei «ziemlich brillant». «Sie haben es geschafft, einen Angriff mit chemischer Kriegsführung zu erfinden, ohne dass es einen gab. Sie haben es geschafft, aus den westlichen Medien herauszuhalten, dass ein grosser Teil der Ukraine verseucht ist, wenn nicht von, so doch mit wahren Extremisten verseucht ist, Faschisten, ‹Neonazis› werden sie genannt.» Die USA spielten die führende Rolle in der Ukraine. Man dürfe aber nicht vergessen, «dass sich die USA einen Dreck um die Ukraine scheren. Die Ukraine ist nur ein Spielball in diesem Spiel.» Ziel der USA sei, so deren Verteidigungsminister wörtlich und öffentlich, die Russische Föderation zu zerstören. «Das ist schon seit langem bekannt. Das ist wahrscheinlich das gefährlichste Projekt in der heutigen Welt, denn die Russen werden das nicht zulassen.»
  Den Konflikt zu verstehen, heisse, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Vor dem 24. Februar dieses Jahres hätten sich 60 000 ukrainische Soldaten an der Kontaktlinie quer durch den Donbass befunden. «Für die Russen ist der Donbass das letzte Sprungbrett. […] Alles in der modernen russischen Geschichte und in der nicht ganz so modernen Geschichte sagt uns, dass die Russen dies niemals dulden werden. Dass sie dies als eine Bedrohung ansehen, und sie haben viel von ihrer Geschichte, um das zu rechtfertigen. In jeder Diskussion über Geopolitik muss die Geschichte Teil der Analyse sein.» Es sei schiere westliche Ignoranz gegenüber Russland, aber auch gegenüber China, dass wir deren Perspektive nicht einnehmen wollten. Dies solle keineswegs Putins Invasion gutheissen oder sie billigen, aber verstehen müsse man sie. Russland werde daraus keinen Nutzen ziehen. «Wenn man erst einmal den Krieg entfesselt hat, dann kann buchstäblich alles passieren.»
  Als Mainstream-Journalist habe er über neun Kriege berichtet, noch nie aber habe er einen derartigen «Tsunami von Hurrapatriotismus und manipulativem Hurrapatriotismus» erlebt. Er sage den Leuten immer, sie müssten vor dem Fernseher alle Nachrichten dekonstruieren, sie überprüfen. Wenn das nicht möglich sei, sie verwerfen. Weil er wie die meisten Menschen nicht die Zeit dazu habe, gebe es nur eines: sie zu ignorieren. Denn: Habe es früher noch Platz für Journalisten gegeben, die der Wahrheit verpflichtet waren, auch in London, in der Fleet Street, dem damaligen Pressebezirk, seien diese Räume heute geschlossen. Man möge zwar die Sozialen Medien beargwöhnen, aber «es bedeutet, dass wir zumindest die Möglichkeit haben zu hinterfragen, was wir sehen und hören und in den Mainstream-Medien lesen». Denn diese «Mainstream-Medien sind Teil eines Propagandakrieges. Das ist nicht gesagt oder gemeint, um in irgendeiner Weise Agitprop zu betreiben und gegen das Handwerk zu sprechen, das mir während meiner gesamten Karriere ein Zuhause gab. Aber das ist die Wahrheit, und wir müssen skeptisch sein. Wir müssen absolut allem gegenüber skeptisch sein.»

China von 40 US-Basen umzingelt

Als Australier beobachtet Pilger auch die Stimmungsmache gegen China. Es sei ein «‹sanfter Krieg›, der bereits gegen China geführt wird. Das ist es, womit wir Tag für Tag leben. Das ist extrem gefährlich.» Oft werde tendenziös über Chinas Selbstbehauptung im Südchinesischen Meer berichtet, Tatsache sei aber, und das werde gezielt verschwiegen, «dass China von etwa 40 US-Basen umgeben ist, den ganzen Weg von Australien über den Pazifik bis hinauf nach Asien, bis nach Korea und Japan und Okinawa. Schwimmende Basen, die alle auf das industrielle Kernland China abzielen.»
  Wie es um die Unabhängigkeit Australiens von den USA bestellt sei? «Australien folgt den Vereinigten Staaten. Die australische Aussenpolitik, das Militär, sein Geheimdienst, seine Medien, ein grosser Teil des öffentlichen intellektuellen Lebens ist in die Vereinigten Staaten integriert.» Es sei oft eine Beleidigung, Australien als 51. Staat der USA zu bezeichnen. «Aber er ist es.» Was die USA begehrten, das bekämen sie normalerweise auch.
  Wo sind die Journalisten aus Europa, die es dem aufrechten Kämpfer für die Wahrheit aus «down under» gleichtun?  •

Quelle: «‹This is a war of propaganda›: John Pilger on Ukraine and Assange. Talking Post with Yonden Lhatoo».
South China Morning Post vom 9.7.2022;
https://www.youtube.com/watch?v=u9pEotvlW-s

Das Ende des unabhängigen investigativen Journalismus

John Pilger über Assanges Auslieferung an die USA

«Wenn Julian an die Vereinigten Staaten ausgeliefert wird, ist dies das Ende wirklich unabhängigen investigativen Journalismus», ist John Pilger überzeugt. «Wer wird dieses Risiko noch einmal eingehen, wenn die Vereinigten Staaten und andere Länder, aber vor allem die Vereinigten Staaten, überall auf der Welt Zugriff haben? Sie nehmen einen Journalisten fest, weil er etwas schreibt oder etwas enthüllt, das sie nicht gutheissen.»
  Zensur? Nur bei den anderen? Folter? Nur bei den anderen? Für Pilger gibt es keinen Zweifel: «Wenn Julian in die Vereinigten Staaten geht und tatsächlich in ein strafrechtliches Höllenloch geworfen wird, wird das sein Ende sein, buchstäblich. Er wird sterben. Alles ist besser natürlich, als in die Vereinigten Staaten zu gehen. Aber die Folter, und das ist kein Wort, das ich leichtfertig benutze, die Folter, die er erlitten hat, hat den Mann furchtbar viel gekostet.»
  Und was tut sein Heimatland Australien für seinen Bürger Assange? «Das ist einer der ungeheuerlichsten, unerhörtesten Aspekte, in diesem Fall mit Julian, dass er australischer Staatsbürger ist. Aber Australien hat keinerlei Anstrengungen unternommen, um einen der eigenen Bürger zu schützen.» Dabei habe Assange kein Verbrechen begangen. Es handle sich um einen Journalisten, «der um sein Leben kämpft und für das Recht des echten Journalismus, die Wahrheit über Regierungen zu veröffentlichen».
  Die Appelle von Assanges Vater, aber auch jener von Pilger fanden kein Gehör bei Premierminister Anthony Albanese. Pilger: «Bedeutet die Nationalität nichts? Nun, offensichtlich bedeutet sie nichts, denn Australien hat nicht nur nichts getan, es hat mit den Vereinigten Staaten konspiriert, um Julian dort zu halten, wo er ist.»

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=u9pEotvlW-s

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