Leserbriefe


Respekt geht anders

Die Berichterstattung zum Thema Russland erinnert mich sehr an das Jahr 1999. Damals wurden jeden Abend zur Hauptsendezeit in den Nachrichtensendungen endlose Flüchtlingsströme gezeigt, und es wurde behauptet, diese flöhen aus Angst vor Verfolgung und Tod aus dem Kosovo. Dies geschah entgegen komplett anders lautenden Berichten von seiten der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Dort hiess es noch kurz vor Beginn des verheerenden völkerrechtswidrigen Angriffskrieges der Nato gegen die Volksrepublik Jugoslawien: «Alles ruhig. Keine Flüchtlingsbewegungen an der Grenze zum Kosovo.»
  Unsere damaligen Politiker, der Aussenminister Josef (Joschka) Fischer und der Verteidigungsminister Rudolf Scharping, versetzten die Deutschen mit bewusst eingesetzten Lügen in Angst und Schrecken. So berichteten Fischer und Scharping von Massakern und Greueltaten im Kosovo, es gäbe massenhaft Internierungen in Stadien und Konzentrationslager. Um einen Völkermord zu verhindern, seien humanitäre Interventionen erforderlich. Nur so wurde die deutsche Bevölkerung für den Krieg in Europa eingenommen, dem sie nie zugestimmt hätte ohne die manipulative Berichterstattung – wer will schon Menschenrechtsverletzungen und Grausamkeiten hinnehmen. Im Krieg gegen Serbien waren ausschliesslich zum Zweck der Beeinflussung etliche Public-Relations-Büros installiert worden, um eine anti-serbische Stimmung zu erzeugen.
  Wie ist es heute? In Hunderten von Berichten und Kommentaren im Rundfunk, im Fernsehen und in den Print-Medien werden wir mit einem sehr einseitigen Bild eines Präsidenten konfrontiert: aggressiv, autoritär und martialisch sei er. Gemeint ist der russische Präsident Wladimir Putin. Auch heute werden Bedrohungsszenarien behauptet. Wieder berichtet die OSZE das Gegenteil. Russische Truppen seien unmittelbar an der Grenze «aufmarschiert», lesen, hören und sehen wir seit Tagen und Wochen in den Medien. In Wahrheit finden hundert Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt die jährlichen russischen Manöver statt – weder entsprechend getarnt, wie bei Angriffsabsichten üblich, noch in grösserer Zahl als sonst – nachzulesen bei der OSZE. Wer hat eigentlich den Begriff Putin-Versteher entwickelt und verbreitet? Damit wird jeder als irgendwie suspekt eingeordnet und etikettiert, der sich nicht uneingeschränkt der Hetze gegen Russland anschliesst. Respekt geht anders. Ich wünsche mir umfassende neutrale Berichterstattung ohne Polarisierung und vor-eilige Parteinahme. Erst dann ist eine unvoreingenommene Meinungsbildung möglich.

Heidrun Vogel, Wiehl (DE)


Was soll die Kriegshetze?

Ist die Welt durch Krieg oder Kriegsrhetorik irgendwo besser geworden? Haben nicht gehaltene Versprechen oder Abmachungen das Miteinander der Menschen oder Staaten verbessert? Nein. Gorbatschow und Bush haben 1990 vereinbart, dass es keine Ost-Erweiterung der Nato geben wird, und sogar in Aussicht gestellt, dass die Nato zu einem Konsultationsgremium unter Einbeziehung Russlands umgewandelt würde! Gelten mündliche Vereinbarungen denn gar nichts mehr?
  Und was ist heute?
  Der Ausbau von Truppenstützpunkten 400–800 km von der Ukraine entfernt und Truppenstützpunkte näher der ukrainischen Grenze, die sich wegen Kiew und Sewastopol schon immer dort befanden, werden als russischer Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine bezeichnet, während die Nato und auch die USA in der Ukraine operativ tätig sind, sowohl mit Soldaten als auch mit Gerät. Wer versucht denn, das heutige Russland vom Aufbau nachhaltiger Handelsbeziehungen abzuhalten, mit Sanktionen gegen das Land und zum Teil auch Sanktionsdrohungen gegen EU-Staaten und Firmen? Wer sät denn gegen Russland die altbekannten Vorurteile und schreit am lautesten «Haltet den Dieb»? Wer versucht denn mit farbigen Revolutionen, sich in die inneren Angelegenheiten Russlands und seiner Anrainerstaaten einzumischen? Und wer hat denn die vielen Kriege der letzten 30 Jahre angefangen, die nur zu grossen Zerstörungen, Destabilisierung und Armut in den Zielländern und wirtschaftlichen Gewinnen für die Aggressoren führten? 1999 Jugoslawien, 2001 Afghanistan, 2003 Irak, 2011 Libyen, 2011 Syrien.
  Man muss und kann nicht alles gut finden, was in diesen Ländern geschieht, aber ein Krieg findet doch nicht für Menschenrechte, sondern nur für Macht und Wirtschaftsinteressen statt.

Lutz Geisen, Trimmis (GR)


Die Mühen des Überlebens sichtbar gemacht

In der Ausgabe der Zeit-Fragen vom 11. Januar (1/2022) ist – Politik von «unten», von den Menschen aus – wieder ein sehr berührender Artikel von Karin Leukefeld über das Leben von Familien in Damaskus und im Libanon zu lesen: ein Mann, der nach der vergeblichen Suche nach Arbeit in der Türkei wieder in sein Zimmer, nicht etwa eine Wohnung, zurückkehrt und dessen Bruder sich nun in einem «Neubau» ohne Glasfenster einrichtet; eine Familie, deren Sohn sich nach Neujahr verabschiedet, weil er in Syrien trotz qualifizierter Ausbildung keine Stelle finden wird, mit der er seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Ein 17jähriges Mädchen, dessen Ausbildung von einem Onkel in den USA finanziert wird, verabschiedet sich schweren Herzens an Neujahr von den Eltern, die es sicher einige Jahre nicht wiedersehen wird. Die Schilderungen dieser Menschen im Nahen Osten aus den von provozierten Kriegen und Wirtschaftssanktionen strangulierten Ländern lassen eine Menschenwürde hervorscheinen, die trotz der schweren Umstände ungebrochen ist.
  Auch die Lage in Afghanistan wurde in Zeit-Fragen schon vielfach auf eine vergleichbare mitmenschliche Art dargestellt.
  Für diese Artikel, die die Mühen des Überlebens der Familien sichtbar machen und den Lesern näherbringen, danke ich Zeit-Fragen, aber auch Frau Leukefeld. Solche Stimmen müssten viel mehr verbreitet werden – als eindringliche Stimme gegen den Krieg und Aufruf zur Hilfe.

Renate Dünki, Oberwangen

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