Wie sehen Medien aus, wenn sie für den Frieden arbeiten?

Tagung des «Internationalen Instituts für Friedensforschung Genf» (GIPRI) in Solothurn (Schweiz)

von Peter Küpfer

«Medien spielen eine wichtige Rolle in den aktuellen Kriegen. Die Tagung thematisiert Desinformation durch Konzernmedien im Dienst der Wirtschaftseliten gegen Länder, die sich gegen die Aussenpolitik der Regierungen des globalen Nordens und die Hegemonieansprüche der Nato stellen. Sie zeigt, wie Medienterrorismus funktioniert und konzernunabhängige, gemeinschaftsbasierte Medien im Dienst der Menschen und des Friedens geschaffen werden können.»

Mit diesen nüchternen, aber schwerwiegenden Worten hat Gabriel Galice, Präsident der Mitorganisatorin «Internationales Institut für Friedensforschung Genf» (GIPRI), das Thema der Tagung einleitend umrissen. Sie fand am 15. und 16. Oktober 2022 in Solothurn statt, mit Unterstützung durch die «Schweizerische Friedensbewegung SFB» und die beiden Mitorganisatoren «Vereinigung Schweiz-Kuba» und «ALBA Suiza». Sie machte illusionslos deutlich, dass ein Grossteil der etablierten westlichen Medien nicht für den Frieden arbeitet, sondern für den Krieg.
  Der geräumige Saal im traditionellen Tagungsraum (Genossenschaft Kreuz) füllte sich am Samstag bis auf die letzten Stühle, am Sonntag mussten noch behelfsmässige Sitzgelegenheiten bereitgestellt werden.
  Das Thema des bedrohten Friedens in dieser unserer einen Welt und der grossen Mitverantwortung unserer Medien dafür lag in der Luft. Dass die grossen Konzernmedien in der heutigen Welt in der Frage von Krieg und Frieden eine Schlüsselrolle spielen, ist ein Allgemeinplatz. Dass diese Rolle zumindest für die westliche Welt alles andere als ein Beitrag zum Frieden ist, ebenfalls. Was die Tagung wollte und was ihre Intervenierenden auch leisteten, war, Antworten zu entwickeln zur Frage, welche Mechanismen auch hier dem grossen Paradox des Krieges zugrunde liegen.
  Dass der Begriff Medien-Terrorismus schon bald einmal fiel, ging nicht aufs Konto von Scharfmachern, sondern von auf die Sache hin orientierten Experten mit langjähriger Tätigkeit im Beruf. Wer seine geistigen Fähigkeiten dazu nutzt, Menschen, statt zu informieren, zu desinformieren, niedere Instinkte in Richtung eines geschürten Feindbildes zu lenken, ihre natürliche Solidaritätsbereitschaft (die auf Mitgefühl beruht und nicht auf Hass) zu zerstören und sie anfällig dafür macht, sich auf «den Feind» zu stürzen, der betreibt die Sabotage eines Menschenrechts, wie Gabriel Galice, Präsident des GIPRI, einleitend in aller Klarheit festhielt. Das Recht auf Frieden ist, so betonte Galice, ein Menschenrecht und darf, ja, muss gerade auch in diesen Zeiten der medial gesteuerten Kriegshetze eingefordert werden. Wer das Denkvermögen der Menschen mit Angstmache ausser Kraft setzt, betreibt eine Form von Terror. Das leuchtet schon rein logisch ein.
  Die Beweisführung der Referenten, die sich dem Thema aus ganz unterschiedlichen Situationen heraus annäherten, war dann allerdings nicht mehr mit kühler Distanz zu bewältigen. Die aufgezeigten Mechanismen der fachkundigen Dauerberieselung unseres Bewusstseins schufen gerechtfertigte Empörung. Allmählich schälte sich so eine schärfere Fassung des Themas heraus. Man fragte sich bei jeder Intervention mit wachsender Dringlichkeit: Wie müssten denn Medien beschaffen sein, wie müssten sie arbeiten und welche Qualitäten müssen ihre Exponenten auszeichnen, damit sie einen wirklichen Beitrag zum Frieden leisten können? Und zum Frieden müssen sie etwas beitragen. Nur so erfüllen auch sie das, was Bürger vom Staat zu Recht einfordern (sonst würden wir keinen brauchen): das Leben ihrer Bürger in Frieden und Freiheit zu sichern.
  Aktive Kriegshetze, wie sie auch von vielen grossen schweizerischen Medien, auch solchen mit öffentlich-rechtlichem Status, täglich betrieben wird, vom Schweizer Bundesrat mit seinen einseitigen Stellungnahmen noch angefeuert, ist von daher verfassungsfeindlich. Man sollte ihre Hauptagenten in Politik und öffentlich-rechtlichen Medien unter strenge Beobachtung des Verfassungsschutzes stellen, wenn nicht gar in Schutzhaft nehmen (gemeint ist in Haft zum Schutz von uns Bürgern vor ihnen). Oder vor ein dafür zuständiges Gericht stellen, wie Referent Christian Müller später detailliert ausführte. Wenn wir denn eines hätten, das Verstösse gegen das international anerkannte allgemeine Kriegsverbot (Charta der Vereinten Nationen) in allen Fällen verfolgt. Nicht nur im Auftrag der sogenannten Sieger.

Nötigung zur bedingungslosen Solidarität mit Machtblöcken

Schon der erste Referent, Alan MacLeod (Grossbritannien), heute bei «Mint Press News» tätig, erwähnte einen wichtigen Faktor der unbegrenzten Machtfülle heutiger Medien-Konzerne. Medien-Mogule wie Rupert Murdoch in den USA oder Axel Springer in Deutschland symbolisieren für viele immer noch das von vielen geteilte Narrativ, dass der Ursprung ihres Erfolgs in ihrer Tüchtigkeit liege. Durch die heutigen Vernetzungen mit den Schlüsselindustrien der westlichen Welt, mit den Energie-Giganten und vor allem der Waffen- und Rüstungslobby, ist ihre Anbindung an die westliche Weltsicht, sprich an den Neo-Kapitalismus und Neo-Liberalismus, schon programmiert. Dabei ist deren Einfluss schon lange nicht mehr nur aufs Geld konzentriert. Die Oligarchen (es sind nämlich nicht alle Oligarchen Russen) haben von den Linken (als diese noch links waren) gelernt: Mit Berufung auf Noam Chomsky und Antonio Gramsci rückte MacLeod ins Zentrum seines Beitrags, dass unsere Meinungen schon lange nicht mehr nur durch Finanzströme, sondern durch die Bewusstseinsindustrie in die richtige Richtung gelenkt werden. Das sieht, wie der Referent ausführte, zunächst durchaus handgreiflich aus. Im Axel-Springer-Konsortium zum Beispiel, das über 150 Verlage und Publikationshäuser regiert, müssen die 15 000 dort Beschäftigten beim Stellenantritt eine Verpflichtung unterschreiben, dass sie in ihrer journalistischen Tätigkeit nichts Kritisches über die EU und den Staat Israel schreiben.
  MacLeod hat auch Vorbehalte zum gängigen Argument, die den Printmedien heute zusetzende Leserflucht bei allen westlichen Print-Medien werde durch die Hinwendung zum Internet übers eigene Handy wettgemacht. Das stellten und stellen viele als «Befreiungsschlag» hin und als wiedergewonnene geistige Autonomie. Vorsicht, mahnt MacLeod. Die ganz Grossen haben auch hier längst alles im Griff und lenken die sogenannte unabhängige Information über Algorithmen und News-Filter.
  Es geht heute um sehr viel mehr als nur darum, mit der Ware Information Geld zu scheffeln. Es geht um den Zugriff aufs Bewusstsein. Das ist allerdings ein totalitäres Staatsziel. Wenn die Menschen so denken, wie ihre Lenker es wünschen, dann ist ihre Herrschaft für ganze Generationen solid gesichert, quasi innerlich. Auch Wikipedia ist alles andere als eine «freie Enzyklopädie». Im Hintergrund ist ein Meer von sogenannten «Korrektoren» damit beschäftigt, die abrufbaren Informationen, vor allem natürlich die sinnstiftenden, ideologisch «korrekt» zurechtzustutzen, meistens durch das Mittel der Unterdrückung wichtiger Sachverhalte oder durch ihre Entfernung aus dem Netz. Man kann auch lügen durch Weglassen, sagt MacLeod.
  Was tun? MacLeod nennt zumindest das Ziel: die kritische Medienkompetenz bei den «Usern» fördern. Denkt man an die jahrzehntelang und gegen alle Warnungen kompetenter Pädagogen und Lehrkräften betriebene systematische Amerikanisierung unserer Schulen und Hochschulen weltweit, fragt man sich allerdings, wie das gehen kann.

Aufforderung zum totalen Krieg,
vor wenigen Jahren noch undenkbar!

Bedächtig, aber hart an den Fakten, stellte sich der Schweizer Journalist Christian Müller in den Zeugenstand dieser verdienstvollen Veranstaltung. Seine von ihm gestaltete und persönlich verantwortete Plattform globalbridge.ch zeugt von seiner wirklichen Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit im Urteil. Sein Werdegang repräsentiert eine ganze Epoche. Wie sein Westschweizer ihm vergleichbarer Kollege Guy Mettan diente auch Christian Müller der Schweizer Presse von der Pike auf, lernte das Handwerk und übte es nach bestem Wissen und Gewissen aus.
  Für ihn sind Wahrheitsgehalt, Objektivität und Beleuchtung aus verschiedenen Blickwinkeln keine leeren Worte, sondern zu erfüllende Anforderungen, diktiert von der Berufsethik. Für ihn ging und geht es immer noch darum, dass guter Journalismus der Wahrheit verpflichtet ist, und nicht der Unterhaltung, nicht dem puren Effekt und der aufgepeppten «ultimativen Story». Mit dieser Richtschnur machte Müller Karriere, bis zum Chefredaktor der «Luzerner Neuesten Nachrichten».
  Die Pressekonzentration mit den geschürten Existenzängsten bei vielen Journalisten sowie deren verstärkte Vereinnahmung durch neoliberale Zielsetzungen veränderte die Medien-Landschaft allerdings völlig. Sie führte und verführte, zusammen mit der technologischen Entwicklung des Kommunikationssektors (rasches Bild, rasche Texte, die Leser-Reporter via Handy usw.) zu mehr Oberflächlichkeit und mehr Anpassung. In dieser Zeit war für seriösen Journalismus, wie ihn Müller verstand und versteht, immer weniger Platz. Seither widmet sich Christian Müller mit ganzen Kräften seiner eigenen freien Informations-Plattform, die ausschliesslich authentische Information bietet (https://globalbridge.ch).

Katastrophale Auswirkung des grassierenden Mangels an Geschichtskenntnissen

Der promovierte Historiker diagnostiziert bei seinen vielen jüngeren Kollegen einen verhängnisvollen Mangel an geschichtlichen Kenntnissen. Gerade in der Politik kann man ein Geschehen nicht verstehen, wenn man seine Geschichte nicht kennt. Darauf besteht Müller und bringt einleuchtende Beispiele, wie stark auch beruflich gut ausgebildete Journalisten heute Fehlurteilen anhängen, weil sie zu wenig fundierte Geschichtskenntnisse haben. Man muss wissen, wie etwas entstanden ist, um seine wahre Bedeutung zu erkennen.
  Zusammen mit der finanziellen Abhängigkeit junger Journalisten (du musst deine Geschichte verkaufen!) und der bei vielen auftretenden, heute so allgemein propagierten «coolness» führt das fast zwangsläufig zu oberflächlicherem Kontakt mit Menschen und Sachverhalten und damit auch zu oberflächlicheren Urteilen, die dann als falsche Informationen weit verbreitet und im Falle der Kriegsvorbereitung systematisch eingehämmert werden. Zum Beispiel die bisher unbewiesene Behauptung, Putin drohe dem Westen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Der seit dem 24. Februar dieses Jahres die westliche Welt verwüstende Mediensturm mit aller Art von geschürtem Russen-Hass (es machen sich für diese Form von praktiziertem Rassismus, gerade auch in unseren «Qualitätsmedien», zuhauf selbst ernannte Anti-Rassisten stark) empört Müller. Als Beispiel erwähnte er den Leitartikel des amtierenden Chefredaktors der «Neuen Zürcher Zeitung», gerade in der Samstagsnummer des Tagungs-Samstags auf die erste Seite gesetzt, Leitartikel einer Zeitung, die einst die Ideale des demokratischen gemeinsamen Projekts unsere vielfältige Schweiz zum Programm erhob. An diesem Samstag schlug Chefredaktor Peter Eric Gujer in besonders entfesselter Weise auf die Kriegstrommel. Dabei waren auch gängige unbewiesene Behauptungen und Unterstellungen ungebrochen am Werk, wie die oben genannte Unwahrheit, Putin drohe dem Westen mit der Atombombe oder er sei auf illegale Eroberungen seines ehemaligen Zarenreiches aus. Obwohl durch kein echtes Zitat belegt, wird das heute von den grossen Medien in der ganzen westlichen Welt unisono gebetsmühlenartig eingehämmert. Was soll diese Verdrehung? Sie ist auch bei Gujer gekoppelt mit dem Aufruf zum «totalen Krieg», wie ihn Goebbels in seiner berühmten Hetzrede im Berliner Sportpalast vertrat und damit gut organisierten Jubel der aufmarschierten Gesinnungsgenossen erntete. Es ist die Durchhalteparole auf dem Schlachtfeld, es ist, Müller sagt es ganz deutlich, Aufhetzung zum Krieg und damit ein Kriegsverbrechen.
  Wie weit ist es mit der neutralen Schweiz gekommen, deren Armee nur der Selbstverteidigung dienen darf, aber keiner kriegs-lüsternen Grossmacht? Müller hat recht: Dieses verfassungsfeindliche Verhalten müsste einklagbar sein. Bei welchem Gericht? Müller gesteht selbst ein, dass der Internationale Strafgerichtshof, den die Schweiz als Instanz anerkennt, dafür eigentlich zuständig sein müsste – müsste, aber leider nicht ist. Dieser hat es bisher geschluckt, dass ihm die USA und die Nato diktieren, wen er als Kriegsverbrecher und Verbrecher gegen die Menschlichkeit vor Gericht stellt und gegen wen er, auf Geheiss der USA, nicht ermittelt. Das ermutigt zu mehr Krieg und zu mehr Kriegsverbrechen auf der ganzen Welt, und das aktiv unterstützt von der Schweiz? Schreibtischtäter sind auch Täter, nur noch feigere!
  Wenn verantwortliche Chefredaktoren meinungsmachender Medien ihren Lesern einhämmern – in der immer noch neutralen Schweiz mit einer immer noch reinen Verteidigungsarmee und dem Anspruch, in internationalen Konflikten glaubhaft unparteiisch vermitteln zu wollen und zu können, wenn sie also uns einhämmern, dieser Krieg müsse auf dem Schlachtfeld ausgetragen und gewonnen werden – mit dem Ziel der militärischen und politischen Schwächung Russlands, dann ist vieles aus dem Lot. Normales menschliches Verhalten wäre ein Aufruf für einen Waffenstillstand, um weitere Kriegsopfer – notabene auf beiden Seiten – zu vermeiden.
  «Ich habe von verschiedenen privaten Seiten einen guten Vergleich gehört: Zwei Buben, ein 16- und ein 8jähriger, streiten sich und schlagen aufeinander ein. Da kommt die Mutter der beiden dazu – und was macht sie? Sie geht auf die beiden zu, versucht die beiden zu trennen und ruft: ‹Hört auf, euch zu schlagen!› Keine Mutter und auch kein anderer Mensch würde dem kleineren Buben ein Messer oder gar ein Beil in die Hand geben, um den grösseren und stärkeren wirksamer schlagen oder gar umbringen zu können. Aber was die westlichen Länder jetzt tun, ist genau das: Sie liefern dem Schwächeren, der Ukraine, Waffen und Munition – und was für welche! –, um den Stärkeren besser schlagen und schädigen zu können! Sie rufen zum Krieg auf, mit Zehn- oder gar Hunderttausenden von Opfern, militärischen und auch zivilen. Das ist ein absolut unmenschliches Verhalten!» (Ausschnitt aus dem Solothurner Referat von Christian Müller, abrufbar auf seiner digitalen Plattform «globalbridge.ch»: https://globalbridge.ch/so-rufen-schweizer-medien-zu-noch-mehr-krieg-auf/)
  Das alles hat schädliche Auswirkungen auf unseren seelischen Haushalt. Müller sagt es mit dem nötigen Gewicht. Die Dauerhetze bewirkt, dass Leser, Zuhörer und Zuschauer bei der gesteuerten Bilderflut zur Ukraine nicht mehr das menschlich Natürliche empfinden, den mitmenschlichen Alarmruf: Das Töten muss sofort aufhören!, sondern ihren so erzeugten Hass auf den vermeintlich einzigen «Verursacher» lenken – ganz zur Zufriedenheit der westlichen Waffen-Lobby.

Unerschrockenes Eintreten für die Wahrheit
und für den durch Kriege entwurzelten Menschen

Ein eindrückliches Beispiel dafür gab auch das Referat der deutschen Nahost-Korrespondentin Karin Leukefeld. Bescheiden, fast zurückhaltend im Auftritt, legte sie den Finger auf den Kern. Dabei konnte sie alles auch an ihrem eigenen Beispiel belegen. Auch Leukefeld beklagte die schlechten beruflichen Voraussetzungen der jungen Kollegen, die sich heute «Auslandspezialisten» nennen. Oft verbringen sie ihre Zeit in den westlich gestylten Hotels und tragen zusammen, was die «Qualitätsmedien» in den entsprechenden Ländern vermelden. Es ist, einmal von AlJazeera und ähnlichen abgesehen (die man ja nicht zitieren muss, weil sie «gelenkt» sind), das von westlichen Geheimdiensten bearbeitete und von den dominierenden Nachrichtenagenturen (AFP, AP, Reuters und dpa) redigierte Allgemeingut, das mit den modernen Medien täglich um die ganze Welt geht. Es ist kein Zufall, dass Karin Leukefeld, Korrespondentin mit Spezialgebiet Naher Osten, welche als junge Journalistin ausgezogen war, das Leben der Menschen in anderen Ländern kennenzulernen, dass gerade sie sich zunehmend gezwungen sah, zur Kriegs-Berichterstatterin zu werden. Libanon, Irak, Syrien – diese Zentren beeindruckender Kulturen wurden in den vergangenen Jahren zu Schlacht- und Trümmerfeldern, in denen die Überlebenden täglich hoffnungsloser nach einer Existenz für sich und ihre Familien suchen. Am meisten verzweifeln sie nicht an der Not, am meisten schmerzt sie die Gleichgültigkeit «der Welt», das ist für sie unser übersatter, egozentrischer, egomaner Westen.
  Zur Wahrheitsfindung über den von unseren Leitmedien geführten Lügenkrieg trug die ernsthafte Journalistin unter die Haut gehende Beispiele bei. Eines dieser Lügenkonstrukte, (es ist von den gleichen Gehirnen ausgetüftelt worden, die Bush den Vorwand gaben, den Irak in Schutt und Asche zu legen) ist die Mär, Assad habe im April 2018 bei einem Angriff auf die syrische Stadt Douma chemische Waffen gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt. Die Uno-Kommission, die diesen Vorwurf untersuchte, ein Expertenteam der Organisation zum Schutz vor Chemiewaffen (OPCW), kam zum Schluss, dass er durch keine Fakten belegt werden könne. Mit List, Tücke und Drohungen, in erster Linie durchgesetzt von der amerikanischen Administration, wurde dieser Bericht «als zu wenig seriös» versenkt und durch einen manipulierten ersetzt. Gleichzeitig «ersetzte» man zwei Kommissionsmitglieder, welche sich den Frisierungen des Berichts widersetzten, durch botmässige. Dadurch zirkuliert die Lüge weiter um die ganze Welt, und hetzerische Kommentatoren des Weltgeschehens tragen sie weiter, mit der gleichen Unverfrorenheit, wie sie damals auch Bushs Lügenkonstrukte zum Irak Saddam Husseins weitertrugen.
  Diese Lügen hatten der afghanischen Bevölkerung weitere 20 Jahre eines grausamen Krieges beschert, und den westlichen Medienkonsumenten das «beruhigende» Gefühl, dieses Land «der Terroristen» sei an seinem Leiden selbst schuld.
  Solchen krassesten Auswüchsen der Tatsachenverdrehung stellt Leukefeld ihre eigenen Verhaltensregeln als Journalistin entgegen, ein Kodex, den sich alle am globalen Informationsmarkt aktiv Beteiligte zu Herzen nehmen sollten. Er geht von den altbewährten Regeln aus, die ernsthafte Journalisten wie Guy Mettan, Christian Müller und Karin Leukefeld beherzigen: In einem Konflikt sind beide Parteien zu berücksichtigen, bei einer «Nachricht» musst du die Quellen sorgfältig sondieren, trenne Sachdarstellung von deinem persönlichen Kommentar, und weitere. Es ist eine Schande für die Zunft, dass sie diese Berufsauffassung heute mit Ausgrenzung beantwortet. Karin Leukefelds Beitrag an der Tagung ist ebenfalls im Wortlaut zugänglich und abrufbar auf der Plattform von Christian Müller, https://globalbridge.ch.

Nur echte Unabhängigkeit hilft

Dies und weitere hochkarätige Referenten, unter ihnen Jacques Baud sowie der ehemalige Redaktor bei Le Monde Diplomatique, Maurice Lemoine (er leuchtete mit seinem faktenreichen Referat die schändliche Rolle aus, welche westliche Leitmedien im Propagandakrieg gegen Kuba, Nicaragua und Venezuela führten), leiteten zwingend zur Frage über, wie denn Medien beschaffen sein müssen, damit sie in der Lage sind, authentische, wahrheitsbemühte und damit verlässliche Nachrichten zu verbreiten.
  Dies wurde am Samstagabend anhand eines Filmes aus der Arbeit engagierter Journalisten in einem Schwellenland wie Venezuela gezeigt («Nostalgikerinnen der Zukunft») und am Sonntagnachmittag mit weiteren Beispielen vertieft (Thierry Deronne über das Projekt «terra tv» in Venezuela). Die Arbeit der auf diesem Feld engagierten Journalisten kehrt den gängigen Fokus um. Hier ist die Bevölkerung nicht der Adressat, dem die Medien-Instanz «Neues» mitteilt und wie es einzuordnen ist. Hier wendet sich die Bevölkerung via Medium (Videos oder ganze Fernsehprogramme) selbst an ihre Mitmenschen «draussen in der Welt».
  Es geht den hier engagierten Journalisten nicht darum, dem Publikum gefilterte und aufbereitete Bewusstseinsfetzen einzupflanzen, sondern dass sie (und mit ihnen das Publikum) die Menschen anhören und verstehen, was sie bedrückt. Dazu gehört auch die Arbeit des Teams, sie dazu zu befähigen, ihre Anliegen in ihrer Sprache mitzuteilen und die zur Verbreitung nötige Kommunikationstechnik selbst handzuhaben. Das ist etwas ganz anderes als Massenpropaganda. Es ist die durch technische Mittel ermöglichte Verstärkung von Stimmen, die sonst ungehört verhallen würden.
  Dazu gehört auch eine Arbeitsweise, die sich selbst unabhängig und damit unkorrumpierbar macht. Das beginnt bei der Technik (Papierdruck ist weniger anfällig auf Manipulation als Internettechnologie), bei der Rechtsform (genossenschaftliche Strukturen sind transparenter als Privatunternehmen) und beim Vertrieb (Tür-zu-Tür-Werbung und -Verteilung ist persönlicher, nachhaltiger und günstiger). Wie sich solche Erkenntnisse in die Praxis umsetzen lassen, zeigte das Beispiel des «Womans Press Collective» in New York, wo engagierte Fachleute seit vielen Jahren vor allem den Menschen mit Auswanderungshintergrund in den weniger begünstigen Quartieren der Grossstadt Nachrichten, Sprachunterricht, Bildung, Mitbeteiligung in Selbsthilfe-Gruppen und damit vor allem Hoffnung und Perspektiven geben.
  Die Tagung gab starke Impulse. Im Weltkrieg mit dem Ziel einer Globalisierung nach amerikanischem Muster (eines Teils von Amerikanern) spielen Medien eine entscheidende Rolle. Sie werden von Menschen gehandhabt. Der Menschheit dienen sie nur, wenn sie auch menschlich arbeiten. Dazu gehören nicht nur der Kopf (und die Brieftasche), sondern auch das Herz.  •

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