von Eva-Maria Föllmer-Müller
Am 19. Januar 2022 verstarb Bischof Dr. Elmar Fischer im Alter von 85 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Feldkirch im österreichischen Vorarlberg. Elmar Fischer war Ehrenmitglied der Arbeitsgemeinschaft «Mut zur Ethik». Seine Beisetzung im Feldkircher Dom erfolgte am 28. Januar unter Teilnahme von zahlreichen kirchlichen und politischen Würdenträgern, Priestern, den Angehörigen, Freunden und Bekannten. Vor Beginn des Beerdigungsgottesdienstes läuteten für 15 Minuten in allen Pfarreien des Bundeslandes die Kirchenglocken.
Es war ein würdiger und würdigender und auch sehr persönlicher Abschied von Bischof Fischer. Geleitet wurde das Requiem von Bischof Benno Elbs, dem ehemaligen Schüler und Nachfolger von Elmar Fischer. «Im Namen der Diözese Feldkirch möchte ich Altbischof Elmar Fischer für seinen Dienst als Priester und Bischof danken. Mit seinem jahrelangen Engagement hat er wichtige Akzente für die Wertschätzung und die Unterstützung von Familien in unserem Land gesetzt», würdigte ihn Bischof Elbs. Elmar Fischers Vorgänger, Bischof Klaus Küng, hielt die Predigt.
«Bischof Elmar hat sich nie als etwas Besonderes angesehen, als besonders begabt, besonders geschickt, besonders geeignet. Vermutlich hat er sich nicht einmal für besonders tugendhaft gehalten, aber er hatte dieses Verlangen, das Reich Gottes in allem zu suchen», betonte Klaus Küng in seiner Predigt.
Aktives Mitwirken bei «Mut zur Ethik»
Seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft «Mut zur Ethik» im Jahre 1993 hat Bischof Fischer, damals noch Generalvikar, die jeweils dreitägigen Jahreskongresse, die über viele Jahre in Feldkirch stattfanden (danach in der Schweiz), besucht und dabei aktiv mitgewirkt.
Die Grundanliegen der Kongresse waren und sind bis heute, dass man in den Gemeinsamkeiten zusammenarbeitet und sich in den kleineren bis mittleren Unterschieden leben lässt. Gemeinsamer Boden ist der demokratische Rechtsstaat und sind die bewährten Werte der christlich-abendländischen Kultur. Diese Grundanliegen teilte Bischof Fischer voll und ganz und lebte grosse Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen.
«Mut zur Ethik» wurde ihm zu einem Herzensanliegen, und wann immer es seine knapp bemessene Zeit zuliess, kam er während der drei Tage, und er hörte genau zu, auch wenn die verschiedenen Kongressbeiträge oft bis spät in die Nacht dauerten. Über die Jahre erschienen auch zahlreiche Beiträge von ihm in Zeit-Fragen. Zu ihnen gehören seine eindrücklichen Reiseberichte mit vertiefenden Reflexionen aus Guadelupe und aus Brasilien über die Arbeit seines Freundes Bischof Alfredo, der sich dort seit 1984 unermüdlich und unter schwierigsten Bedingungen der Strassenkinder annimmt und seitdem zahlreiche Sozialzentren aufbauen konnte.
Er machte sich selbst ein Bild
Der damalige Feldkircher Bischof Klaus Küng hatte seinen Generalvikar Fischer, nachdem ihm die Initiatorin von «Mut zur Ethik», Dr. Annemarie Buchholz-Kaiser, und einige Mitarbeiter das Grundanliegen der Kongresse vorgestellt hatten, gebeten, am Kongress teilzunehmen. Es war damals für uns eine sehr schwierige Zeit. Themenbereiche wie ethische Grundlagen, Werteerhalt, Familie, Bildung, Drogen, Recht waren für manche schon damals nicht «political correct», und der Kongress war anfänglich heftigsten, auch medialen Angriffen ausgesetzt.
Von dem medialen Trommelfeuer liess sich Elmar Fischer nicht beeindrucken, er machte sich selbst ein Bild, und die Inhalte der Kongresse gefielen ihm sichtlich. Bei den Jahreskongressen kam er des öfteren schon vor Beginn auf einen Kaffee in das eigens eingerichtete Café im Feldkircher Montforthaus und hatte Freude beim Austausch und auch an der Auswahl unter den Unmengen von selbstgebackenen Kuchen, die er dabei geniessen konnte. Ohne in den Vordergrund treten zu müssen, nahm er interessiert am ganzen Kongressgeschehen teil. Gerne erzählte der begeisterte Sportler dabei auch von seinen Erlebnissen beim Klettern, Wandern, von seinen Skitouren und Tischtennispartien. Dann hörte er den verschiedenen Kongressbeiträgen mit grosser Aufmerksamkeit zu, bevor er seinen eigenen Beitrag einbrachte.
Wann immer es ihm möglich war, hielt er für die Kongressteilnehmer persönlich den Sonntagsgottesdienst im Feldkircher Dom.
Im Jahr 2015, beim Verlesen der Schlussfassung des «Manifestes für Europa – Wir wollen ein Europa des Friedens und des Rechts!» rief Elmar Fischer spontan und lautstark aus: «Das unterstütze ich voll und ganz.»
Reicher Erfahrungsschatz aus praktischer Tätigkeit
Er verstand es, seine Kernthemen Ehe und Familie, Jugend, Liebe, menschliche Bildung, Menschsein mit Blick auf das Weltgeschehen und mit seinen christlichen Glaubensinhalten fruchtbar zu verbinden.
Die Entwicklung des Menschen hin zu Mitmenschlichkeit (Liebes- und Lebensfähigkeit) war Elmar Fischer ein grosses Anliegen. Dabei konnte er aus dem reichen Erfahrungsschatz seiner praktischen Tätigkeit als Lehrer, Internatsleiter und Ehe-, Familien- und Lebensberater schöpfen. Bischof Elmar Fischer stand auch als Psychotherapeut und Familienberater in der Tradition der katholischen Glaubenslehre, die sich mit den weltlichen Humanwissenschaften versöhnt hat und deren Erkenntnisse über den Menschen zum Wohle der Ratsuchenden anwendet. «Person – umfassende Wertschätzung des Menschseins» lautete sein Vortrag bei «Mut zur Ethik» im Jahr 2017: «Da denke ich, ist es einfach das Glück, wenn wir aus unserem Glauben heraus wissen, wir haben eine Ideologie, die Menschen zusammenführen kann, ohne Ungerechtigkeiten, natürlich mit den Schwierigkeiten, die es geben kann. Aber letzten Endes mit der Ausrichtung, dass wir auf Augenhöhe miteinander umgehen und dass wir auf diese Art und Weise auch eine Gesellschaft bauen können, die ohne grosse Kriege auskommt, sondern mit Verhandlung, mit Dialog und mit diesen Mitteln die Ungleichheiten ausebenen kann. Das wir auf diese Art und Weise die Möglichkeit haben, eine Welt zu schaffen, die dem Frieden dient und die auf Frieden hin orientiert ist. Von daher möchte ich auch aus meiner Sicht und meiner Erfahrung wieder darauf hinweisen: Diese Tagung, die hier stattfindet, die immer wieder diese Ausrichtung hat, die dient diesem Ziel und hat damit eine weltweite Bedeutung, eine weltgeschichtliche Bedeutung. Es ist das ein ganz wesentlicher Beitrag zu dem, was die heutige Welt überlebensnotwendig braucht.»
Bischof Fischer war über die vielen Jahre fachlich und menschlich eine grosse Stütze und Bereicherung unserer Arbeitsgemeinschaft «Mut zur Ethik», wofür wir ihm von ganzem Herzen danken. Sein Andenken werden wir ehren.
Elmar Fischer wurde 1936 im österreichischen Feldkirch-Tisis geboren. Von 1950 bis 1955 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Feldkirch; danach studierte er bis 1962 Philosophie und Katholische Theologie an der Universität Innsbruck. Im Jahr 1969 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. Am 29. Juni 1961 empfing er die Priesterweihe. 1970 bis 1982 war er Rektor des diözesanen Studieninternates Marianum in Bregenz und von 1974 bis 1990 Direktor der diözesanen Lehranstalt für Ehe-, Familien- und Lebensberater. Von 1979 bis 1990 leitete er das Ehe- und Familienzentrum der Diözese Feldkirch (EFZ). 1989 wurde er von Bischof Klaus Küng zum Generalvikar der Diözese Feldkirch ernannt. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm am 27. Februar 1990 den Titel Päpstlicher Ehrenprälat. Im Jahr 1991 erfolgte seine behördliche Eintragung in das staatliche Register der Psychotherapeuten. Am 24. Mai 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof von Feldkirch. Seinen Bischofswahlspruch hatte er aus dem Matthäus Evangelium gewählt: «Suche das Reich Gottes – in allem! Das andere wird dir dazugegeben.»
Nach seiner Emeritierung im Jahr 2011 lebte er in Hittisau im Bregenzer Wald, wo er gemeinsam mit den Schwestern vom Orden der Dienerinnen des Blutes Christi ein geistliches Zentrum betrieb. Bischof Fischer hatte dem Orden zur kirchlichen Anerkennung verholfen, und die Schwestern dankten ihm dieses mit ihrer hingebungsvollen Pflege bis zum Schluss.
«Dialog verlangt persönliches Engagement. Es geht in diesen Gesprächen immer darum, den eigenen Standpunkt verständlich und in Offenheit dem anderen mitzuteilen, ohne Voreingenommenheiten die Meinung des anderen aufzugreifen, Unterschiede und Übereinstimmungen zu klären, mit Meinungsverschiedenheiten so umzugehen, dass sachliche Differenzen die menschliche Wertschätzung nicht untergraben, dass auch menschliche Haltungsunterschiede noch mit Respekt bearbeitet werden, letztlich die Wahrheit von den Gesprächspartnern gesucht wird.
Dialog ist ein Umgang miteinander, der uns als Menschen ganz fordert. Er darf nicht etwa nur Gesprächs- oder Kommunikationstechnik sein, nicht ‹Mittel zum Zweck›. Gerade deshalb ist er immer in der Tiefe eine Anfrage an das Menschenbild, gerade wenn er Konflikte zum Frieden wenden soll, wenn Meinungsdifferenzen nicht überwunden werden können.
Dialog leben braucht Einsatz, Engagement. Er schafft jedoch Sinn, bringt Werte, trägt deshalb in sich die aufbauende Energie echter Menschlichkeit.»
Aus dem Vortrag von Bischof Elmar Fischer am Kongress
«Die Menschen stärken – Demokratie, Werte, Erziehung und Dialog leben»
vom 3. bis 5. September 2004 in Feldkirch/Vorarlberg
«Es ist mir ein persönliches Anliegen, Bischof Elmar noch danke zu sagen. Die erste Begegnung, die ich mit ihm hatte, war, als ich zehn Jahre alt war und als ein mit Heimweh belasteter Schüler im Marianum war, als er Rektor war und dort das Internat leitete. […] Ich habe mich vorher da drüben beim Grab an verschiedene Situationen erinnert, die wir miteinander durchgegangen sind, ganz schöne, aber auch manche, die für uns beide nicht ganz einfach waren in diesen Jahren. Aber etwas, was Elmar sehr zu eigen war, war sein Humor. Es hat kaum Situationen gegeben, wo es nicht irgendwo doch noch etwas gegeben hat, was eine Situation auch aufgelockert hat, was das gemeinsame Weitergehen ermöglicht hat. […] Er war ein Mensch, der sehr versucht hat, die Dinge zu verstehen, das Leben zu verstehen, die Theologie zu verstehen, die Psychologie, die Haltung des Menschen zu verstehen.»
Bischof Benno Elbs, persönlicher Dank, Feldkirch 28. Januar 2022
«Er ist gern klettern gegangen, einige Male habe ich ihn auch begleitet. […] Ein grosses Anliegen waren ihm die jungen Menschen. Er hat an der Lehrerbildungsanstalt studiert. Er stammt aus einer Lehrerfamilie, und das hat sicher seinem Leben eine Richtung gegeben, pädagogisch ein Ziel zu haben. […] Er hat mir einmal erzählt, dass er im ersten Jahr als Religionslehrer von den Schülern zum beliebtesten Lehrer gewählt wurde. Er war sportlich, er war jung, es hat ihn natürlich gefreut, aber auch dazu bewegt zu überlegen, ob er vielleicht zu wenig von den Schülern verlangt und er hat die Zügel dann angezogen. Das ist Elmar Fischer. […] So habe ich ihn kennengelernt und schätzen gelernt, als gradlinig mit Ausrichtung auf das Wesentliche. […] Jemand, der die Schwierigkeiten und Probleme durchaus gesehen und mit Offenheit benannt hat. Er war aufrichtig und loyal. Ein sehr guter Mitarbeiter, und er war auch noch mein Freund, mit den schwierigen Aufgaben und auch auf dem Berg. Und ich bin ihm heute noch sehr dankbar.»
Bischof Klaus Küng, Auszug aus der Predigt
Feldkirch am 28. Januar 2022
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