Leserbriefe

Anpassung oder Widerstand – ein Buch von Alice Meyer

Es ist mir ein Anliegen, im Anschluss an die Artikel von Gotthard Frick auf das Buch von Alice Meyer, «Anpassung oder Widerstand. Die Schweiz zur Zeit des deutschen Nationalsozialismus», hinzuweisen. Zeit-Fragen hat bereits 2013 eine Besprechung dieses ausserordentlich lesenswerten Buches abgedruckt.
  Die Schweiz ist ja seit langem Angriffen auf ihre Souveränität, auf die Neutralität, auf ihre bewährten Werte ausgesetzt, so dass ein Blick in die Geschichte interessant ist. Beim Lesen des Buches findet man auf Schritt und Tritt Parallelen.
  Bevor das nationalsozialistische Deutschland die Schweiz militärisch bedrohte, schreibt Alice Meyer, wurde sie seit 1933 vor allem auch geistig-politisch bedroht, gezielt durch die «erweiterte Strategie», was man heute Propaganda oder Manipulation nennt. Vieles, was Alice Meyer aus damaliger Zeit genau beschreibt, kommt dem heutigen Leser sehr bekannt vor: Die Gleichschaltung der Presse war eine der ersten Massnahmen des nationalsozialistischen Regimes. Sofort nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurden die deutschen Zeitungen der Kontrolle des Propagandaministeriums unterstellt.
  Die Schweizer liessen sich damals aber die objektive, freie Berichterstattung für die selbständige Meinungsbildung in der Demokratie nicht nehmen. Es ist spannend zu lesen, wie uns dank der Klugheit von Nationalrat Feldmann und anderen 1937 ein Presseabkommen mit Deutschland erspart geblieben ist. Die Frage aber bleibt, weshalb sich die Schweizer Presse heute freiwillig dazu hergibt, einen «Einheitsbrei» zu schreiben.
  Ein Beispiel aus der Parteienlandschaft: Am 31. Januar 1937 – so lesen wir – bekräftigte die SP für den Kriegsfall das Bekenntnis zur schweizerischen Demokratie, zur Neutralität und zum unbedingten Willen zur Verteidigung. «Aus der Einsicht, dass ihr Schicksal mit der Schweiz unlösbar verbunden war, stellte sie in gefahrvoller Zeit das Gesamtinteresse des Landes über ihre Parteiinteressen.» So machte die SP einen Schritt zur Kooperation, was den Freisinnigen wiederum den Schritt zur Zusammenarbeit möglich machte. Und dieser wichtige politische Schritt zur Versöhnung schuf im Sommer 1937 auch die Voraussetzung für das Friedensabkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Am Beispiel Österreichs zeigt Alice Meyer, dass das Nichtzustandekommen einer Verständigung Hitlers Plänen Tür und Tor öffnete. Am 21. März kam es dann in der Bundesversammlung zu einer «noch nie dagewesenen Kundgebung nationaler Geschlossenheit». Wie gern hätten wir heute geeinte Parteien, die den Ernst der Lage erkennen und das Gesamtinteresse des Landes an erste Stelle stellen!
  Ein interessantes Beispiel zum Thema Sanktionen: Schon damals wurde die Schweiz gedrängt, fremde Sanktionen mitzutragen. Das widerspricht schweizerischer Neutralität. Am 29. April 1938 überreichte Bundesrat Motta dem Völkerbund ein Memorandum, in dem er darauf hinwies, dass «die Bedingungen, unter denen die Schweiz in den Völkerbund eintrat, sich gründlich verändert» hätten, und er ersuchte den Rat, «getragen von der wuchtigen Entschlossenheit der eidgenössischen Räte und des Volkes, die überlieferte umfassende Neutralität mit den Bestimmungen des Völkerbundspakts vereinbar zu erklären». In seiner Resolution vom 14. Mai erklärte sich dann der Völkerbundsrat bereit, die Schweiz auf Grund der immerwährenden Neutralität nicht mehr zur Mitwirkung an Sanktionen einzuladen.
  Was damals möglich war, kann heute in ähnlicher Weise wieder geschehen. Wir haben «geistige Landesverteidigung» nötig! Es ist sehr spannend, was in den dreissiger und vierziger Jahren alles geleistet wurde! Vieles, was uns heute selbstverständlich ist – Büchergilden, Volkshochschulen, Frauenbildung u.a.m. – ist damals zur Stärkung des Wehrwillens entstanden. Es ist wichtig, dass wir diese Schätze dankbar erhalten und pflegen.

Ursula Richner, Sirnach


Handarbeitsunterricht

Danke für den interessanten Artikel von Frau Bürkli in Zeit-Fragen Nr. 8 vom 18. April, der viele wichtige Aspekte zum Handarbeitsunterricht hervorgehoben hat. Ich selbst bin an einer bayerischen Volksschule in den Genuss eines guten Handarbeitsunterrichts gekommen, der Unterricht fand immer nachmittags statt, und es war eine Stimmung ohne Konkurrenz zwischen den Schülerinnen, denn wir arbeiteten alle an einem anderen Entwurf, wir durften die Farben der Wolle aussuchen, und ganz stolz bin ich auf meine orange Mütze mit dem weiss-orangen Bommel gewesen, die ich gestrickt habe, sogar mit einem Muster. In der dritten Klasse!
  Sehr gerne habe ich auch eine Kissenhülle in speziellem gelben Webstoff bestickt, auch in einem relativ komplizierten Muster, und meine Eltern mit kleinen Stickbildern erfreut. Das ist mir in sehr guter Erinnerung, – auch die grossen Wandbilder mit den Häkelverfahren, die dort aufgezeichnet waren und anhand derer die Lehrerin das Häkeln erklärte. Es war ziemlich einfach, wenn man die Bilder anschaute.
  Die Handarbeit in der Schule ist ein gute Vorbereitung für spätere Hobbys, und für mich hat sie Bedeutung bis heute. Ich stricke gerne mal einen Pulli, einen Schal, und eine sehr junge Verwandte war erfreut über ein Jäckchen für ihr Kind – so etwas Hübsches habe sie kaum jemals gesehen …
  Wer die Handarbeitsstunden an den Schulen aus dem Bildungsplan eliminiert, redet der Wegwerfgesellschaft das Wort, denn die heutigen und zukünftigen Mütter sind nicht in der Lage, ein Loch zu stopfen oder einen Faden einzufädeln. Sie müssen dann immer neue Sachen kaufen, und dies dient der Konsumgesellschaft, die immer unbeständigere, unsolidere Kleidung anbietet mit der Absicht, möglichst bald möge die Jacke Löcher bekommen, bis sie sich auflöst und man eine neue kaufen muss. Mit immer neuen Kleidern wird immer wieder neues Geld verdient – auf die Dauer dient das niemandem – ausser den Händlern! Dass Dumpinglöhne in Entwicklungs- und in osteuropäischen Ländern in der Produktion dafür gezahlt werden, wird kühl einkalkuliert, und es ist auch ein Vergehen an der Natur mit ihren wertvollen Ressourcen!

Susanne Wiesinger, Freiburg im Breisgau

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