Das ist keine Marktwirtschaft mehr

Ideologisch motivierte Angriffe auf den Mittelstand

von Prof. Dr. Eberhard Hamer, Mittelstandsinstitut Niedersachsen e.V.

Schon immer standen sich zwei Wirtschaftsprinzipien gegenüber: Das Prinzip der Marktwirtschaft mit unternehmerischer Freiheit und Eigentumsgarantie, welches dezentrales, eigenverantwortliches Wirtschaften ermöglichen und belohnen sollte, und andererseits die zentrale Verwaltungswirtschaft, welche Produktion und Verteilung zentral dirigiert und den Wirtschaftsteilnehmern vorschreibt, wann, was und wieviel sie produzieren oder konsumieren dürfen.
  Das dramatischste Gespräch zu diesem Thema hat der Verfasser mit dem Zentralplanungschef Chinas führen dürfen. Der Verfasser hatte vor Funktionären über die Privatisierung und ihre Vorteile vorgetragen und daraufhin eine Einladung in das Zentralplanungsbüro bekommen, um dieses Thema zu diskutieren. Ausgangspunkt der Chinesen war die Herrschaft der Partei auch über die Wirtschaft, Ausgangspunkt des Autors dagegen die wirtschaftliche Rentabilität.

Erfahrungen in China

Im Verlauf des ersten Tages konnte der Autor die Chinesen mit Hunderten von Privatisierungsberechnungen des Mittelstandsinstituts Hannover überzeugen, dass dezentrale Produktion freier Unternehmer prinzipiell um durchschnittlich 30 bis 40 % – oft aber über 100 % – kostengünstiger und deshalb die Versorgung der Bevölkerung dadurch besser sei als durch staatliche Produktion durch Amateurunternehmer. Die Chinesen räumten ein, dass Privatunternehmen generell kostenorientierter, auf dem Markt reaktionsschneller und variabler die Konsumenten bedienen könnten als öffentliche Anbieter. Der Autor konnte ihnen international nachweisen, dass mehr Unternehmer mehr und bessere Versorgung der Bevölkerung zu billigeren Kosten und Preisen bedeuten, weniger Unternehmer – also mehr Staatsangebot – dagegen teurere, schlechtere und weniger nachfragegerechte Versorgung der Konsumenten bedeute.
  Die chinesische Wirtschaft wurde damals aber vor allem von staatlichen Grossunternehmen bestimmt, die wiederum – wie in der DDR – nicht nur eine Hauptproduktion hatten, sondern viele kleine Untereinheiten, bis hin zu Versorgungsangeboten an ihre eigenen Mitarbeiter. Diese Grosskonzerne in die marktwirtschaftliche Unternehmerfreiheit zu entlassen, würde die Gefahr der Übernahme und der Herrschaft des internationalen Kapitals bedeuten, befürchteten die Chinesen. Damit würde die Weisungsmacht der Partei reduziert, und die chinesische Volkswirtschaft verlöre ihre kollektiven planwirtschaftlich gesteckten Ziele.

Wirtschaftswachstum und staatliche Lenkung

Die Chinesen hatten offenbar in der Nacht weiterdiskutiert, so dass es am zweiten Tage nicht mehr darum ging, ob freie Privatunternehmer in den unteren Ebenen (Mittelstand) besser seien als die Amateurunternehmer der Partei, sondern nur noch darum, bei welchem Grad von dezentraler Unternehmerfreiheit und zentraler Lenkung das höchste volkswirtschaftliche Wachstum erzielbar und gleichzeitig von der Partei noch lenkbar wäre.
  Beim Frühstück fragte der Autor den obersten Zentralplanungssekretär, zu welcher Entscheidung er in der Nacht gekommen sei. Die Antwort: «Die Partei wird die Lenkungsmacht über die Wirtschaft nicht aus der Hand geben.»
  Solche Diskussionen fanden auch nach der Wiedervereinigung in der ehemaligen DDR statt, allerdings vor dem Hintergrund, dass das verwaltungswirtschaftliche System der DDR gescheitert war. Dort gab es nur noch 180  000 Unternehmer, wo vor dem Kommunismus mehr als 3 Millionen Unternehmer und ihre Betriebe mehr Sozialprodukt geschaffen hatten als das Ruhrgebiet. Unstreitig sollte deshalb wieder ein marktwirtschaftliches System in den neuen Bundesländern wie in Westdeutschland aufgebaut werden:

  • mit Gewerbefreiheit für selbstverantwortliche Unternehmer,
  • die ihre Produktion oder Dienstleistung nach Art, Menge und Preis selbst bestimmen sollten,
  • auf eigenes Risiko, aber auch für eigenen Gewinn arbeiten durften
  • und deren privatwirtschaftlicher Erfolg durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes gesichert wurde.

Treuhand verhinderte
 Marktwirtschaft in Ostdeutschland

Der Autor hatte damals vorgeschlagen, die «volkseigenen» Betriebe zur Hälfte den eigenen Mitarbeitern vorzubehalten (Mitarbeiterbeteiligung), statt sie zu zerschlagen, an internationale Konzerne zu verschenken oder anderweitig zu verkaufen. Dies hätte die modernste Marktwirtschaft der Welt werden können, wurde aber von einer von der internationalen Hochfinanz gesteuerten Treuhand-Präsidentin verhindert. So haben die neuen Bundesländer zwar einige Konzernniederlassungen, aber ein Unternehmer- und deshalb ein Wachstumsdefizit, ein Defizit an dezentraler Eigenproduktion und damit Arbeitsplätzen und Steuern, während die Gewinne der Konzernniederlassungen nach Westen bis über den Atlantik fliessen.
  Dass aber der Wiederaufbau in den neuen Bundesländern trotz dieser Einschränkungen gelungen ist, verdanken wir den 100 000 einheimischen und zugezogenen Unternehmern, welche auf der Grundlage der neuen Gewerbefreiheit und Eigentumsgarantie neue Betriebe, Produktionen und Güterangebote in den neuen Bundesländern geschaffen haben.
  Der Unterschied der chinesischen und der DDR-Wirtschaftsentwicklung liegt inzwischen darin, dass in der DDR die Verwaltungswirtschaft und damit das Staatsdiktat nach unten hin durchgesetzt wurde und scheiterte. Die chinesische Führung dagegen hat die unteren Wirtschaftsebenen durch Entwicklung eines breiten Mittelstandes freigegeben und sich klug auf das Dirigieren der Grossunternehmen und der Zentralplanung konzentriert. Damit sind sie bisher erfolgreich gewesen.

Neue Zwangsregulierung
 und «The Great Reset»

Nachdem bis zur Jahrtausendwende wissenschaftlich und politisch unstrittig war, dass die Marktwirtschaft wegen des in ihr entstehenden starken Mittelstandes das effizientere Wirtschaftssystem als eine Verwaltungswirtschaft ist, haben die Milliardäre der internationalen Finanzindustrie mit Hilfe von Klaus Schwab in Davos (Weltwirtschaftsforum) und Hunderten von NGOs nicht nur eine Globalisierung, sondern eine von den Milliardären gelenkte zentrale Weltwirtschaft zu errichten versucht und mit Hilfe von Finanz- und politischen Krisen sowie mit Panik-Theorien vor Massensterben (Corona), Artensterben, Klimakatastrophe und Weltuntergangsszenarien ihre Forderung nach staatlicher Zwangsregulierung wieder durchsetzen können und wollen – wie Schwab in seinem Buch «The Great Reset» offen geschrieben hat – die Menschen reduzieren (Weltseuchen wie Corona), Produktion von ihnen nicht beherrschter Branchen (wie z. B. Automobil) durch Zwangsdrosselung des Verbrauches, damit die Nachfrage reduzieren, den Umgang mit der Natur revolutionieren und die Versorgung der Verbraucher nach Menge und Art diktieren.
  Der Mittelstand hat diese von einer globalen Oberschicht betriebene Ideologie einer kulturellen, zivilisatorischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Revolution viel zu lange als «Umweltspinnerei» abgetan und deren Missionare nicht ernst genommen. Seit sie nun aber in den USA, Kanada, Australien und Deutschland an die Macht gekommen sind und die politischen Schaltstationen besetzen konnten, wird die grüne Revolution durch Zwangsregulierung unserer Kultur (Gender), unserer Zivilisation (Auto, Heizung), unserer Gesellschaft (Lockdown) und unserer Wirtschaft (Ökologie statt Ökonomie) plötzlich Wirklichkeit.

Kollektive Ziele und Zwecke

International – und nun leider auch in Deutschland – geht es nicht mehr um individuelle Freiheit, Gerechtigkeit, Eigentum und Wohlstand, sondern um kollektive Ziele und Zwecke wie Klimakorrektur, Multi-Kulti-Gesellschaft, Artensterben und sogar Weltuntergang, die – da sie nicht im Interesse der einzelnen Bürger liegen – zentralstaatlich formuliert, reguliert und diktiert werden müssen.
  Früher konnte Beamter wie auch Minister nur werden, wer fachlich dafür vorgebildet und überzeugend war. Seit 2021 sind schon 10 000 Bildungsarme ohne Fachkenntnis Beamte geworden und sogar Bildungsabbrecher Minister, weil es um die Durchsetzung einer Ideologie geht und nicht mehr um das wirtschaftliche Wohl, um die Freiheit und Gerechtigkeit für den einzelnen Bürger.
  Wirtschaftlich hat uns die Marktwirtschaft mit individueller Freiheit, Selbstverantwortung, Eigenertrag und Eigentum 70 Jahre lang den höchsten Wohlstand gebracht, den es in Deutschland je gegeben hat. Nun schwenkt unsere Regierung von Marktwirtschaft wieder um auf Zentralverwaltungswirtschaft, versucht, die Produktion bis hin zu den einzelnen Unternehmern zu regulieren, Produktionen oder Verbrauch zu verbieten, die Handlungsfreiheit unserer Unternehmer durch immer mehr und spezifischere Gesetze zu beschränken, so dass inzwischen die Bürokratie das grösste Problem unserer mittelständischen Unternehmer ist, die rechtliche Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14 GG) durch wirtschaftliche Enteignung zu unterlaufen (Heizungsdiktat, Nutzungsbeschränkungen für die Landwirtschaft, technische Strangulierung des Autos, Energiewillkür u. a.).

Was der Staat tut,
 betrifft auch den Mittelstand

Zum ersten Mal merkt jetzt auch der Mittelstand, einen wie hohen Anteil an seinem individuellen Erfolg – den er meist nur sich selbst zuschrieb – wirtschaftsfördernde oder wirtschaftsfremde öffentliche Daten (Produktionsbedingungen) haben. Unter den in den vergangenen Jahrzehnten günstigen Wirtschaftsbedingungen konnten auch mässige Unternehmer Erfolg haben. Mit den neuen wirtschaftsschädlichen grünen Wirtschaftsbedingungen werden schon mittelfristig über eine Million auch tüchtige Unternehmer zugrunde gehen. Gegen Zwangsregulierungen, Verbote und bürokratische Beschränkungen hat auch der beste Unternehmer keine Chancen zu überleben. Ohne unternehmerische Handlungsfreiheit, ohne Eigentumsgarantie eines Gewinns und unter Druck steigender Auflagen wirtschaftsfremder Bedingungen und wirtschaftlicher Enteignungen sind in Deutschland wirtschaftliche Tätigkeiten nicht nur immer unrentabler, sondern zunehmend nicht mehr möglich. Die Stimmung im Mittelstand ist noch nie so schlecht gewesen wie zurzeit.  •

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