Unter den unzähligen Gipfeltreffen aller Art, die das internationale Leben prägen und in einem Höllentempo aufeinander folgen, gibt es einige, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollten. Den Anfang macht das BRICS-Treffen, das Ende des Monats in Südafrika stattfindet. Es wird sowohl durch die Entscheidungen, die dort getroffen werden, als auch durch die, die nicht getroffen werden, von Bedeutung sein, insbesondere in bezug auf eine mögliche Erweiterung (30 Kandidatenländer!) und das Finanzsystem (neue Verrechnungs- und Kreditwährung).
Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass sich die meisten unserer Medien wie üblich mit einer oberflächlichen und abwertenden Berichterstattung begnügen werden, mit vielen anekdotischen Bemerkungen über die «Niederlage» Putins, der nur per Video daran teilnehmen wird.
Sie werden sich wieder einmal irren. Denn dieser Gipfel ist keineswegs ein isoliertes Phänomen, sondern der Baum, der einen dichten Wald von Süd-Süd-Initiativen verdeckt, die uns völlig entgehen. Ihre Zunahme deutet darauf hin, dass der Norden weder die Agenda noch das Format der internationalen Treffen bestimmt. Die beiden Ohrfeigen, die Emmanuel Macron gerade erhalten hat, der gerne nach Johannesburg und zum jüngsten Gipfel der Amazonas-Länder eingeladen worden wäre (der Anfang August in Belem in Abwesenheit Frankreichs stattfand, obwohl dieses Land mit Guayana in erster Linie betroffen ist), sind in dieser Hinsicht sehr bezeichnend. Genau wie sein überraschender Rauswurf aus Niger und die anschliessenden Verhandlungen zwischen der ECOWAS und der Militärjunta, die in Niamey die Macht übernommen hat.
Ein weiteres wichtiges Treffen wird Mitte Oktober in Peking stattfinden. Es handelt sich um das dritte Forum der chinesischen Initiative Neue Seidenstrasse. 150 Länder werden erwartet, ausgenommen die westlichen Länder, die aus Unterwürfigkeit gegenüber den USA, die gegen China hetzen, nur ungern daran teilnehmen. Italien, das einzige G-7-Mitglied, das sich der Initiative angeschlossen hatte, hat seinen Rückzug angekündigt. Nach drei Jahren Abwesenheit auf Grund von Covid will China wieder ganz oben auf die internationale Bühne zurückkehren. Es wird interessant sein zu sehen, wer auf welcher Ebene anwesend sein wird, insbesondere wenn der Westen die Veranstaltung boykottiert. Jeder wird seine Freunde zählen können.
Aber die Emanzipation des globalen Südens ist nicht nur eine wirtschaftliche Angelegenheit. Hier und da beginnen, politische Bestrebungen aufzutauchen. Zwei kleine, aber symbolträchtige Initiativen aus jüngster Zeit sind der Beweis dafür. Die erste ist die Schaffung einer Afrikanischen Politischen Allianz, die im Mai letzten Jahres in Lomé auf Initiative Togos ihre erste Ministerkonferenz abhielt, um «die Stimme Afrikas auf der internationalen Bühne besser zu vertreten» und der allzu lästigen Vormundschaft Frankreichs, der USA oder Chinas zu entgehen. Zehn Länder waren vertreten, was für einen Anfang nicht schlecht ist.
Das letzte Beispiel ist die Gründung der Association of Friends of the Charter of the United Nations im März dieses Jahres in New York und Genf, die 22 Mitgliedsländer umfasst und zu den Grundlagen der Charta zurückkehren will, d.h. Multilateralismus, Respekt und Gleichheit der Nationalstaaten, Ablehnung der «rules-based order», die den westlichen Universalismus anstelle des souveränen Internationalismus durchsetzen will. China, Iran, Nordkorea, Russland, Venezuela, Kuba, Nicaragua und etwa 15 weitere Länder, die vom Norden als der Club der Bad Boys der internationalen Gemeinschaft betrachtet werden, wollen sich nun koordinieren, um ihre eigene kleine Musik gegenüber dem grossen Orchester der reichen Länder zu Gehör zu bringen.
Wer hat gesagt, dass internationale Politik und Wirtschaft langweilig sind? •
(Übersetzung aus dem Französischen Zeit-Fragen)
* Guy Mettan ist Journalist und Abgeordneter im Grossen Rat des Kantons Genf, den er 2010 präsidierte. Er arbeitete für das «Journal de Genève», Le Temps stratégique, Bilan, «Le Nouveau Quotidien» und später als Direktor und Chefredaktor der «Tribune de Genève». 1996 gründete er den Swiss Presseclub, dessen Präsident und späterer Direktor er von 1998 bis 2019 war.
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