Die Westminster-Erklärung

Internationales Manifest für die Meinungsfreiheit

Wir schreiben als Journalisten, Künstler, Autoren, Aktivisten, Technologen und Wissenschaftler, um vor der zunehmenden internationalen Zensur zu warnen, die jahrhundertealte demokratische Normen zu untergraben droht.
  Wir kommen von links, rechts und aus der Mitte und sind uns einig in unserem Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten und zum Recht auf freie Meinungsäusserung, und wir sind alle zutiefst besorgt über die Versuche, geschützte Meinungsäusserungen als «Fehlinformation», «Desinformation» und mit anderen schlecht definierten Begriffen zu bezeichnen.
  Dieser Missbrauch dieser Begriffe hat zur Zensur von Bürgern, Journalisten und Dissidenten in Ländern auf der ganzen Welt geführt.
  Ein solcher Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäusserung unterdrückt eine ernsthafte Diskussion über Angelegenheiten von dringendem öffentlichem Interesse und untergräbt die Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie.
  Weltweit arbeiten staatliche Akteure, Social-Media-Unternehmen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen verstärkt daran, die Bürger zu überwachen und ihnen ihre Stimme zu nehmen. Diese gross angelegten und koordinierten Bemühungen werden manchmal als «industrieller Zensurkomplex» bezeichnet.
  Dieser Komplex wird oft durch direkte Regierungsmassnahmen betrieben. In Indien1 und der Türkei2 haben die Behörden die Befugnisse erlangt, politische Inhalte aus den Sozialen Medien zu entfernen. Der Gesetzgeber in Deutschland3 und der Oberste Gerichtshof in Brasilien4 kriminalisieren politische Äusserungen. In anderen Ländern drohen Massnahmen wie das irische «Hate Speech»-Gesetz5, das schottische «Hate Crime»-Gesetz6, das britische «Online Safety»-Gesetz7 und das australische «Misinformation»-Gesetz8 die Meinungsfreiheit stark einzuschränken und eine abschreckende Wirkung zu entfalten.
  Der industrielle Zensurkomplex arbeitet jedoch mit subtileren Methoden. Dazu gehören die Filterung der Sichtbarkeit, die Kennzeichnung und die Manipulation von Suchmaschinenergebnissen. Durch Deplatforming und Tagging haben die Zensoren der Sozialen Medien bereits legitime Meinungen zu Themen von nationaler und geopolitischer Bedeutung zum Schweigen gebracht. Sie taten dies mit voller Unterstützung der «Desinformationsexperten» und «Faktenprüfer» in den Mainstream-Medien, die die journalistischen Werte der Debatte und die intellektuelle Auseinandersetzung aufgegeben haben.
  Wie die Twitter-Affäre (Twitter Files) gezeigt hat, üben Technologieunternehmen in Absprache mit Regierungsstellen und Nichtregierungsorganisationen häufig eine zensorische «Inhaltsmoderation» aus. Bald wird die EU-Gesetzgebung zu digitalen Diensten diese Beziehung formalisieren, indem Plattformdaten an «überprüfte Forscher» aus dem NGO- und Wissenschaftsbereich weitergegeben werden.
  Einige Politiker und Nichtregierungsorganisationen9 zielen sogar auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messaging-Apps wie WhatsApp, Signal und Telegram ab.10 Wenn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufgehoben wird, haben wir keine Möglichkeit mehr, vertrauliche Gespräche in der digitalen Sphäre zu führen.
  Obwohl ausländische Desinformation zwischen Staaten ein echtes Problem ist, werden Behörden, die diese Bedrohungen bekämpfen sollen, wie die Cybersecurity and Infrastructure Security Agency in den Vereinigten Staaten, zunehmend gegen die Öffentlichkeit gerichtet. Unter dem Deckmantel der Schadensvermeidung und des Wahrheitsschutzes wird die Meinungsäusserung als erlaubte Handlung und nicht als unveräusserliches Recht behandelt.
  Wir erkennen an, dass Worte manchmal Anstoss erregen können, aber wir lehnen die Vorstellung ab, dass verletzte Gefühle und Unbehagen, selbst wenn sie akut sind, einen Grund für Zensur darstellen. Ein offener Diskurs ist der Grundpfeiler einer freien Gesellschaft und unerlässlich, um Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, schwache Gruppen zu stärken und die Gefahr von Tyrannei zu verringern.
  Der Schutz des Rechts auf freie Meinungsäusserung gilt nicht nur für Ansichten, denen wir zustimmen, sondern wir müssen auch die Ansichten schützen, die wir entschieden ablehnen. Nur in der Öffentlichkeit können diese Meinungen gehört und angemessen angefochten werden.
  Darüber hinaus haben sich unpopuläre Meinungen und Ideen immer wieder als Allgemeinwissen durchgesetzt. Wenn wir bestimmte politische oder wissenschaftliche Positionen als «Fehlinformation» oder «Desinformation» abtun, laufen unsere Gesellschaften Gefahr, in falschen Paradigmen steckenzubleiben, die der Menschheit hart erarbeitetes Wissen vorenthalten und die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zu gewinnen, zunichte machen. Die Freiheit der Meinungsäusserung ist unsere beste Verteidigung gegen Desinformation.
  Der Angriff auf die Redefreiheit ist nicht nur eine Frage verzerrter Regeln und Vorschriften – es ist eine Krise der Menschheit selbst. Jede Kampagne für Gleichheit und Gerechtigkeit in der Geschichte hat sich auf ein offenes Forum für abweichende Meinungen gestützt. In zahllosen Beispielen, darunter die Abschaffung der Sklaverei und die Bürgerrechtsbewegung, hing der gesellschaftliche Fortschritt von der Meinungsfreiheit ab.
  Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einer Welt aufwachsen, in der sie Angst haben müssen, ihre Meinung zu sagen. Wir wollen, dass sie in einer Welt aufwachsen, in der ihre Ideen offen geäussert, erforscht und diskutiert werden können – eine Welt, die den Gründern unserer Demokratien vorschwebte, als sie das Recht auf freie Meinungsäusserung in unseren Gesetzen und Verfassungen verankerten.
  Der erste Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten ist ein gutes Beispiel dafür, wie das Recht auf Meinungs-, Presse- und Gewissensfreiheit gesetzlich verankert werden kann. Man muss nicht in allen Fragen mit den USA übereinstimmen, um anzuerkennen, dass dies eine wichtige «erste Freiheit» ist, aus der sich alle anderen Freiheiten ableiten. Nur durch die Meinungsfreiheit können wir Verletzungen unserer Rechte anprangern und für neue Freiheiten kämpfen.
  Es gibt auch einen klaren und soliden internationalen Schutz der Meinungsfreiheit. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)11 wurde 1948 als Reaktion auf die Greueltaten des Zweiten Weltkriegs verfasst. Artikel 19 der AEMR besagt: «Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäusserung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.» Während es für Regierungen notwendig sein kann, einige Aspekte der Sozialen Medien zu regulieren, wie z.B. Altersbeschränkungen, sollten diese Regulierungen niemals das Menschenrecht auf freie Meinungsäusserung verletzen.
  Wie in Artikel 19 klargestellt wird, ist die logische Folge des Rechts auf freie Meinungsäusserung das Recht auf Information. In einer Demokratie hat niemand ein Monopol auf das, was als wahr angesehen wird. Vielmehr muss die Wahrheit durch Dialog und Debatte gefunden werden – und wir können die Wahrheit nicht finden, ohne die Möglichkeit des Irrtums zuzulassen.
  Die Zensur im Namen des «Schutzes der Demokratie» verkehrt das System der Repräsentation, das von unten nach oben verlaufen sollte, in ein System der ideologischen Kontrolle von oben nach unten. Diese Zensur ist letztlich kontraproduktiv: Sie sät Misstrauen, fördert die Radikalisierung und delegitimiert den demokratischen Prozess.
  Angriffe auf die Meinungsfreiheit waren in der Geschichte der Menschheit stets Vorboten für Angriffe auf alle anderen Freiheitsrechte. Regime, die die Meinungsfreiheit untergraben, haben unweigerlich auch andere demokratische Grundstrukturen geschwächt und beschädigt. Ebenso untergraben die Eliten, die heute auf Zensur drängen, die Demokratie. Was sich jedoch geändert hat, sind das Ausmass und die technischen Mittel, mit denen Zensur durchgesetzt werden kann.

  • Wir glauben, dass die Meinungsfreiheit wesentlich ist, um unsere Sicherheit vor staatlichem Machtmissbrauch zu gewährleisten – einem Machtmissbrauch, der in der Vergangenheit eine weitaus grössere Bedrohung darstellte als die Äusserungen von Einzelpersonen oder sogar organisierten Gruppen. Im Interesse des Wohlergehens und der Entwicklung der Menschheit rufen wir zu folgenden drei Massnahmen auf.
  • Wir fordern die Regierungen und internationalen Organisationen auf, ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen gerecht zu werden und Artikel 19 der AEMR einzuhalten.
  • Wir fordern die Technologieunternehmen auf, sich zum Schutz der digitalen Öffentlichkeit im Sinne von Artikel 19 der AEMR zu verpflichten und von politisch motivierter Zensur, der Zensur abweichender Stimmen und der Zensur politischer Meinungen Abstand zu nehmen.
  • Schliesslich rufen wir die breite Öffentlichkeit auf, sich uns im Kampf für die Wahrung der demokratischen Rechte der Menschen anzuschliessen. Es genügt nicht, die Gesetzgebung zu ändern. Wir müssen auch von Grund auf eine Atmosphäre der Meinungsfreiheit schaffen, indem wir das Klima der Intoleranz zurückweisen, das zur Selbstzensur ermutigt und vielen unnötige persönliche Probleme bereitet. Anstelle von Angst und Dogmatismus müssen wir Fragen und Debatten zulassen.

Wir verteidigen das Recht, Fragen zu stellen. Hitzige Debatten, auch wenn sie Unruhe stiften, sind besser als gar keine.
  Zensur beraubt uns des Reichtums des Lebens selbst. Meinungsfreiheit ist die Grundlage für ein sinnvolles Leben und eine blühende Menschheit – durch Kunst, Poesie, Drama, Geschichten, Philosophie, Gesang und vieles mehr.
  Diese Erklärung ist das Ergebnis eines ersten Treffens von Verfechtern der Meinungsfreiheit aus der ganzen Welt, das Ende Juni 2023 in Westminster, London, stattfand. Als Unterzeichner dieser Erklärung haben wir grundlegende politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten. Aber nur wenn wir uns zusammentun, können wir die eindringenden Kräfte der Zensur besiegen, damit wir weiterhin offen debattieren und uns gegenseitig herausfordern können. Im Geiste der Meinungsverschiedenheiten und der Debatte unterzeichnen wir die Westminster-Erklärung.

(Übersetzung Micha Narberhaus, The Protopia Lab)

Unterzeichner

Matt Taibbi, Journalist, USA; Michael Shellenberger, Public, USA; Jonathan Haidt, Social Psychologist, NYU, USA; John McWhorter, Linguist, Columbia, Author, USA; Steven Pinker, Psychologist, Harvard, USA; Julian Assange, Editor, Founder of Wikileaks, Australia; Tim Robbins, Actor, Filmmaker, USA; Nadine Strossen, Professor of Law, NYLS, USA; Glenn Loury, Economist, USA; Richard Dawkins, Biologist, UK; John Cleese, Comedian, Acrobat, UK; Slavoj Žižek, Philosopher, Author, Slovenia; Jeffrey Sachs, Columbia University, USA; Oliver Stone, Filmmaker, USA; Edward Snowden, Whistleblower, USA; Greg Lukianoff, President and CEO Foundation for Individual Rights and Expression, USA; Stella Assange, Campaigner, UK; Glenn Greenwald, Journalist, USA; Claire Fox, Founder of the Academy of Ideas, UK; Dr. Jordan B. Peterson, Psychologist, Author, Canada; Bari Weiss, Journalist, USA; Peter Hitchens, Author, Journalist, UK; Niall Ferguson, Historian, Stanford, UK; Matt Ridley, Journalist, Author, UK; Melissa Chen, Journalist, Spectator, Singapore/USA; Yanis Varoufakis, Economist, Greece; Peter Boghossian, Philosopher, Founding Faculty Fellow, University of Austin, USA; Michael Shermer, Science Writer, USA; Alan Sokal, Professor of Mathematics, UCL, UK; Sunetra Gupta, Professor of Theoretical Epidemiology, Oxford, UK; Jay Bhattacharya, Professor, Stanford, USA; Martin Kulldorff, Professor of Medicine (on leave), Harvard, USA; Aaron Kheiriaty, Psychiatrist, Author, USA; Chris Hedges, Journalist, Author, USA; Lee Fang, Independent Journalist, USA; Alex Gutentag, Journalist, USA; Iain McGilchrist, Psychiatrist, Philosopher, UK; Ayaan Hirsi Ali, Human Rights Activist, Author, Netherlands; Konstantin Kisin, Author, UK; Leighton Woodhouse, Public, USA; Andrew Lowenthal, liber-net, Australia; Aaron Mate, Journalist, USA; Izabella Kaminska, Journalist, The Blind Spot, UK; Nina Power, Writer, UK; Kmele Fo-ster, Journalist, Media Entrepreneur, USA; Toby Young, Journalist, Free Speech Union, UK; Winston Marshall, Journalist, The Spectator, UK; Jacob Siegel, Tablet, USA/Israel; Ulrike Guerot, Founder of European Democracy Lab, Germany; Heather E. Heying, Evolutionary Biologist, USA; Bret Weinstein, Evolutionary Biologist, USA; Martina Pastorelli, Independent Journalist, Italy; Leandro Narloch, Independent Journalist, Brazil; Ana Henkel, Independent Journalist, Brazil; Mia Ashton, Journalist, Canada; Micha Narberhaus, The Protopia Lab, Spain/Germany; Alex Sheridan, Free Speech Ireland; Ben Scallan, Gript Media, Ireland ; Thomas Fazi, Independent Journalist, Italy; Jean F. Queralt, Technologist, Founder @ The IO Foundation, Malaysia/Spain; Phil Shaw, Campaigner, Operation People, New Zealand; Jeremy Hildreth, Independent, UK; Craig Snider, Independent, USA; Eve Kay, TV Producer, UK; Helen Joyce, Journalist, UK; Dietrich Brüggemann, Filmmaker, Germany; Adam B. Coleman, Founder of Wrong Speak Publishing, USA; Helen Pluckrose, Author, UK; Michael Nayna, Filmmaker, Australia; Paul Rossi, Educator, Vertex Partnership Academics, USA; Juan Carlos Girauta, Politician, Spain; Andrew Neish, KC, UK; Steven Berkoff, Actor, Playright, UK; Patrik Hughes, Artist, UK; Adam Creighton, Journalist, Australia; Julia Hartley-Brewer, Journalist, UK; Robert Cibis, Filmmaker, Germany; Piers Robinson, Organization for Propaganda Studies, UK; Dirk Pohlmann, Journalist, Germany; Mathias Bröckers, Author, Journalist, Germany; Kira Phillips, Documentary Filmmaker, UK; Diane Atkinson, Historian, Biographer, UK; Eric Kaufmann, Professor of Politics, Birkbeck, University of Buckingham, Canada; Laura Dodsworth, Journalist and Author, UK; Nellie Bowles, Journalist, USA; Andrew Tettenborn, Professor of Law, Swansea University,UK; Julius Grower, Fellow, St. Hugh’s College, UK; Nick Dixon, Comedian, UK; Dominic Frisby, Comedian, UK; James Orr, Associate Professor, University of Cambridge, UK; Brendan O’Neill, Journalist, UK; Jan Jekielek, Journalist, Canada; Andrew Roberts, Historian, UK; Robert Tombs, Historian, UK; Ben Schwarz, Journalist, USA; Xavier Azalbert, Investigative Scientific Journalist, France; Doug Stokes, International Relations Professor, University of Exeter, UK; James Allan, Professor of Law, University of Queensland, UK; David McGrogan, Professor of Law, Northumbria University, UK; Jacob Mchangama, Author, Denmark; Nigel Biggar, Chairman, Free Speech Union, UK; David Goodhart, Journalist, Author, UK; Catherine Austin Fitts, The Solari Report, Netherlands; Matt Goodwin, Politics Professor, University of Kent, UK; Alan Miller, Together Association, UK; Catherine Liu, Cultural Theorist, Author, USA; Stefan Millius, Journalist, Switzerland; Philip Hamburger, Professor of Law, Columbia, USA; Rueben Kirkham, Co-Director, Free Speech Union of Australia, Australia; Jeffrey Tucker, Author, USA; Sarah Gon, Director, Free Speech Union, South Africa; Dara Macdonald, Co-Director, Free Speech Union, Australia; Jonathan Ayling, Chief Executive, Free Speech Union, New Zealand; David Zweig, Journalist, Author, USA; Juan Soto Ivars, Author, Spain; Colin Wright, Evolutionary Biologist, USA; Gad Saad, Professor, Evolutionary Behavioral Scientist, Author, Canada; Robert W. Malone, MD, MS, USA; Jill Glasspool-Malone, PhD., USA; Jordi Pigem, Philosopher, Author, Spain; Holly Lawford-Smith, Associate Professor in Political Philosophy, University of Melbourne, Australia; Michele Santoro, Journalist, TV Host, Presenter, Italy; Dr. James Smith, Podcaster, Literature Scholar, RHUL, UK; Francis Foster, Comedian, UK; Coleman Hughes, Writer, Podcaster, USA; Marco Bassani, Political Theorist, Historian, Milan University, Italy; Isabella Loiodice, Professor of Comparative Public Law, University of Bari, Italy; Luca Ricolfi, Professor, Sociologist, Turin University, Italy; Marcello Foa, Journalist, Former President of Rai, Italy; Andrea Zhok, Philosopher, University of Milan, Italy; Paolo Cesaretti, Professor of Byzantine Civilization, University of Bergamo, Italy; Alberto Contri, Mass Media Expert, Italy; Carlo Lottieri, Philosopher, University of Verona, Italy; Alessandro Di Battista, Political Activist, Writer, Italy; Paola Mastrocola, Writer, Italy; Carlo Freccero, Television Author, Media Expert, Italy; Giorgio Bianchi, Independent Journalist, Italy; Nello Preterossi, Professor, University of Salerno, Scientific Director of the Italian Institute for Philosophical Studies, Italy; Efrat Fenigson, Journalist, Podcaster, Israel; Eli Vieira, Journalist, Genetic Biologist, Brazil; Stephen Moore, Author and Analyst, Canada

Quelle: westministerdeclaration.org vom Oktober 2023



1 Pahwa, Nitish. «Twitter Blocked a Country». Slate Magazine vom 1.4.2023, slate.com/technology/2023/04/twitter-blocked-pakistan-india-modi-musk-khalistan-gandhi.html
2 Stein, Perry. «Twitter Says It Will Restrict Access to Some Tweets before Turkey’s Election». The Washington Post vom15.5.2023, www.washingtonpost.com/technology/2023/05/13/turkey-twitter-musk-erdogan/
3 Hänel, Lisa. «Deutschland kriminalisiert das Leugnen von Kriegsverbrechen und Völkermord». Deutsche Welle vom 25.11.2022, https://www.dw.com/en/germany-criminalizes-denying-war-crimes-genocide/a-63834791
4 Savarese, Mauricio; Goodman, Joshua. «Crusading Judge Tests Boundaries of Free Speech in Brazil.» AP News vom 26.1.2023, apnews.com/article/jair-bolsonaro-brazil-government-af5987e833a681e6f056fe63789ca375
5 Nanu, Maighna. «Irish People Could Be Hailed for ‹Hate Speech›, Critics of Proposed Law Warn». The Telegraph vom 17.6.2023, www.telegraph.co.uk/world-news/2023/06/17/irish-people-jailed-hate-speech-new-law/?WT.mc_id=tmgoff_psc_ppc_us_news_dsa_generalnews
6 «Schottlands neues Gesetz gegen Hassverbrechen wird die Meinungsfreiheit einschränken». The Economist. https://www.economist.com/the-world-ahead/2021/11/08/scotlands-new-hate-crime-act-will-have-a-chilling-effect-on-free-speech
7 Lomas, Natasha. «Security Researchers Latest to Blast UK’s Online Safety Bill as Encryption Risk». TechCrunch vom 5.7.2023, techcrunch.com/2023/07/05/uk-online-safety-bill-risks-e2ee/
8 Al-Nashar, Nabil. «Millionen Dollar an Bussgeldern zur Bestrafung von Online-Fehlinformationen nach neuem Gesetzesentwurf». ABC News vom 25.6.2023, www.abc.net.au/news/2023-06-25/fines-to-punish-online-misinformation-under-new-draft-bill/102521500
9 «Cryptochat». Meedan, meedan.com/project/cryptochat. Abgerufen am 8. Juli 2023
10 Lomas, Natasha. «Security Researchers Latest to Blast UK’s Online Safety Bill as Encryption Risk.» TechCrunch vom 5.7.2023, techcrunch.com/2023/07/05/uk-online-safety-bill-risks-e2ee/
11 Generalversammlung der Vereinten Nationen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR). New York: Generalversammlung der Vereinten Nationen, 1948

Die Meinungsfreiheit in internationalen Erklärungen und Verträgen

Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948

«Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäusserung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.»

Artikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte aus dem Jahr 1950

«1. Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäusserung. Dieses Recht schliesst die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.

2. Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.»

Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte aus dem Jahr 1966

«(1) Jedermann hat das Recht auf unbehinderte Meinungsfreiheit.

(2) Jedermann hat das Recht auf freie Meinungsäusserung; dieses Recht schliesst die Freiheit ein, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.

(3) Die Ausübung der in Absatz 2 vorgesehenen Rechte ist mit besonderen Pflichten und einer besonderen Verantwortung verbunden. Sie kann daher bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die erforderlich sind
a) für die Achtung der Rechte oder des Rufs anderer;
b) für den Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), der Volksgesundheit oder der öffentlichen Sittlichkeit.»

Gegenöffentlichkeit kann mit Verboten zwar behindert, aber nicht erstickt werden

Zitate aus dem Buch «Zensur» von Hannes Hofbauer*

«Verlorenes Vertrauen mit Zwangsmassnahmen zu kompensieren, gehört zu den ältesten Herrschaftstechniken, denen sich Kirchenhäupter und Monarchen ebenso bedienten, wie es Regierungen und führende Medienhäuser unserer Tage tun. Den Verlust einer gewohnten Diskurshegemonie beantworten sie dann mit Publikationsverboten. Betroffen sind Positionen, die das herrschende Narrativ in Frage stellen und gleichzeitig das Potential einer weiten Verbreitung besitzen. In genau einer solchen Situation befinden wir uns.
  Die Wiederkehr der Zensur wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums. Im Niedergang kämpft das Establishment um seine Daseinsberechtigung. Je erfolgreicher Gegenöffentlichkeit hergestellt werden kann, desto aggressiver wird ihr von Brüssel oder Berlin begegnet. Staatliche Wahrheitswächter und kalifornische Medienmonopole haben eine neue, gemeinsame Praxis des Löschens und Sperrens von Inhalten entwickelt, für die sie einander gegenseitig die Verantwortung zuspielen; wir erleben die Zensurpraxis des post-industriellen, digital-kybernetischen Zeitalters.» (aus dem Vorwort)

«Gerade das Wissen um den geopolitischen und wirtschaftlichen Abstieg schlägt sich in der Frage des Umgangs mit der Meinungsfreiheit nieder. Längst hat sich die in Washington, Brüssel und Berlin als Bedrohung empfundene Konsolidierung des eurasischen Raumes auch kulturell und diskursmässig niedergeschlagen. Der vom missionarischen Eifer angestachelte Wertediskurs des ehemaligen politischen ‹Westens› wird angesichts sich verändernder Machtverhältnisse im Weltmassstab zunehmend unglaubwürdig. […] Um diesen Verlust aufzuhalten, ist vor allem Brüssel angetreten, die EU-europäischen Völker mit anfangs verdeckten und später immer offener formulierten Wahrheitsdekreten zu versorgen, auf dass die historische, politische und kulturelle Lesart der Selbstdarstellung möglichst alternativlos das diskursive Terrain beherrscht.» (S. 123)

«Zensur und Publikationsverbote, so einschneidend sie den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs behindern und so sehr sie ihn beschädigen – was ja ihre Absicht ist –, sind ab einem gewissen Kickpunkt nur mehr Zeichen der Schwäche. Wann dieser Punkt erreicht ist, dafür gibt es freilich kein Rezept. Er wird notgedrungen zwischen den Massnahmen der Zensoren und den Aktivitäten der Zensurierten gefunden werden müssen.» (S. 237)

«Und so lautet die abschliessende Botschaft dieses Buches, das Publikationsverbote durch die Jahrhunderte beobachtete, dass Gegenöffentlichkeit zum herrschaftlichen Diskurs mit Verboten zwar behindert, aber nicht erstickt werden kann.» (S. 241)



* Hofbauer, Hannes. Zensur. Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte.
Vom kirchlichen Index zur YouTube-Löschung
.
 Promedia-Verlag Wien 2022,
 ISBN 978-3-85371-497-3 

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