Das Leid, das wir in Gaza und Israel gesehen haben, ist unerträglich: der tragische Verlust vieler Menschen und so vieler Kinder. Die Zerstörung der Häuser der Menschen. Die tiefen und immer wiederkehrenden Traumata. Die Geiseln, die immer noch gefangen gehalten werden, und ihre verzweifelten Familien.
Es ist unerträglich, dass diese katastrophale humanitäre Situation seit einem Monat andauert; es ist inakzeptabel, dass sie noch länger andauert.
Das Humanitäre Völkerrecht ist das umfassendste und praktikabelste Instrument, das uns zur Verfügung steht, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten und den Weg zur Deeskalation zu ebnen.
Ich fordere die internationale Gemeinschaft auf, für seine vollständige Umsetzung zu sorgen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen
Die unmittelbare Notwendigkeit besteht darin, Leben zu retten und die Menschlichkeit zu bewahren. Rascher und dauerhafter Zugang zu humanitärer Hilfe und Hilfsgütern ist dringend erforderlich.
Lebenswichtige Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Wasser, Strom und Kommunikation müssen im Gaza-Streifen unverzüglich wiederhergestellt werden, um Leben zu retten.
In Gaza hat das IKRK mehr als 100 Mitarbeiter, die inmitten der Gewalt weiterarbeiten. Wir haben lebensrettende Hilfsgüter vorrätig, und vor kurzem haben wir über den Grenzübergang Rafah medizinische Hilfsgüter und ein neues Team mit Experten für Chirurgie und Waffenkontamination ins Land gebracht.
Aber die Vorräte gehen zur Neige, und unseren Chirurgen fehlt es jetzt an Anästhetika und sogar an Mull, um Brandopfer zu behandeln.
Wir sind bereit, angesichts des enormen Bedarfs schnell zu expandieren, aber wir müssen in der Lage sein, regelmässig grosse Mengen an Vorräten einzubringen, und wir müssen über die notwendigen Zugangs- und Sicherheitsgarantien verfügen.
Das IKRK unterstützt die Gemeinden im Gaza-Streifen, im Westjordanland und in Israel, unter anderem mit Hilfe unserer Partner, der Palästinensischen Rothalbmondgesellschaft (PRCS), des Magen David Adom (MDA) und anderer Mitglieder der Bewegung, insbesondere des Ägyptischen Roten Halbmonds (ERC), um deren wichtige Nothilfearbeit zu unterstützen.
Die humanitären Helfer in Gaza und Israel haben unglaublichen Mut und Einsatz gezeigt.
Wie wir gehört haben, wurden auf tragische Weise Mediziner der MDA und des PRCS sowie UN-Mitarbeiter und andere humanitäre Helfer getötet, als sie anderen helfen wollten. Ich spreche ihnen meine Hochachtung aus und fordere den dringenden Schutz aller Zivilisten, einschliesslich des humanitären und medizinischen Personals sowie der Krankenhäuser im Einklang mit dem Humanitären Völkerrecht.
Die Rolle eines neutralen Vermittlers hat sich als wertvoll erwiesen, um den humanitären Bedarf zu decken. Durch unseren Dialog mit den Parteien hat das IKRK in kritischen Momenten praktische Hilfe angeboten.
Am Montag begleiteten wir Krankenwagen, die Patienten, die dringende medizinische Hilfe benötigten, vom Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt zur Grenze bei Rafah transportierten. Als vertrauenswürdiger neutraler Akteur unterstützte das IKRK auch die beiden Geiselbefreiungsaktionen. Wir fordern nach wie vor die sofortige Freilassung der Geiseln und sind weiterhin bereit, jede weitere Freilassung zu unterstützen und die Geiseln zu besuchen.
Aber:
Humanitäre Hilfe darf nicht zum Feigenblatt für das Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung werden.
Die Hauptverantwortung für den Schutz der Kriegsopfer liegt bei den Konfliktparteien.
Dieser Schutz muss auf alle Zivilisten ausgedehnt werden, auch auf diejenigen, die in Gaza-Stadt bleiben. Es ist unwahrscheinlich, dass der Norden vollständig geräumt wird, und nicht alle Gebäude können als militärische Ziele betrachtet werden. Es ist dringend notwendig, mit den Vorbereitungen für die Rückkehr der Hunderttausenden von vertriebenen Familien in den Norden zu beginnen. Wenn das Humanitäre Völkerrecht jetzt beachtet wird, wird dies eine erhebliche positive Wirkung haben.
Im Westjordanland eskaliert die tödliche Gewalt gegen die Zivilbevölkerung weiter: Diese Menschen dürfen nicht vergessen werden, und ihre Bedürfnisse und ihr Schutz müssen berücksichtigt werden.
Ohne sofortige Zurückhaltung auf beiden Seiten steuern wir auf eine noch grössere humanitäre Katastrophe zu und setzen den Kreislauf der Gewalt fort.
Wir können keine absolute Feindseligkeit bis hin zur Entmenschlichung der anderen Seite akzeptieren.
Mit jedem Tag, der vergeht, schwindet die Möglichkeit, zu einem Dialog und einer politischen Lösung zurückzufinden.
Wir müssen nicht nur versuchen, menschliches Leid zu verringern, sondern auch einen minimalen Spielraum für eine Einigung zu bewahren, die nicht durch militärische Mittel, sondern durch politische Diskussionen erreicht wird.
Ich fordere die Staaten auf, ihren Einfluss geltend zu machen, um sicherzustellen, dass das Humanitäre Völkerrecht uneingeschränkt geachtet und umgesetzt wird.
Die Genfer Konventionen sind konkret:
Wir sind mit einem katastrophalen moralischen Versagen konfrontiert, das die Welt nicht tolerieren darf.
Ich fordere Sie auf, konkrete politische Schritte zu unternehmen, um einen dauerhaften humanitären Raum zu gewährleisten, die besondere Rolle neutraler Akteure wie des IKRK zu schützen, eine angemessene Finanzierung bereitzustellen und auf die Einhaltung der praktischen Umsetzung des Kriegsrechts zu drängen. •
Quelle: https://www.icrc.org/en/document/icrc-president-tells-paris-conference-gaza-immediate-imperative-is-to-save-lives vom 9.11.2023
(Übersetzung Zeit-Fragen)
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