Neunter China-Afrika Gipfel in Peking

km. Vom 4.– 6. September 2024 trafen sich – zum neunten Mal seit dem Jahr 2000 – Staats- und Regierungschefs afrikanischer Staaten mit Regierungsvertretern der Volksrepublik China zu ihrem Forum on China-Africa Cooperation (FOCAV)1. Das Treffen findet alle drei Jahre an verschiedenen Orten statt, dieses Mal war es in Peking. Aus Afrika nahmen Delegationen aus 53 Staaten an der Konferenz teil, chinesische Hauptredner waren der chinesische Präsident Xi Jinping und Aussenminister Wang Yi.
  Die Ergebnisse der Konferenz sind in einer umfangreichen gemeinsamen Schlusserklärung in 30 Punkten und einem noch umfangreicheren Aktionsplan festgehalten.2 Die Schlusserklärung ist sehr lesenswert und geht weit über Fragen der wirtschaftlichen, technologischen und kulturellen Zusammenarbeit hinaus. Sie ist auch eine Art weltpolitisches Programm (siehe Kasten) – was in den westlichen Medien kaum thematisiert wurde.
  Das Paket für den geplanten Ausbau der Beziehungen ist sehr gross: Es reicht von einem weiteren Ausbau des Handels (China ist schon jetzt der grösste Handelspartner Afrikas), über die Förderung der landwirtschaftlichen, industriellen und technologischen Entwicklung in Afrika, die Förderung sogenannter grüner Energien, die Entsendung medizinischen Personals (2000 chinesische Ärzte und anderes medizinisches Personal sollen in afrikanischen Staaten tätig werden), die Unterstützung von Bildungsvorhaben (so sollen 60000 Bürger afrikanischer Staaten mit Blick auf ihre Berufstätigkeit in China aus- und weitergebildet werden) und generell des Kulturaustausches, bis hin zu einer Intensivierung der militärischen Zusammenarbeit. Exporte afrikanischer Staaten nach China – nicht nur von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten, sondern auch von afrikanischen Industrieprodukten – sollen gefördert werden. Für die ärmsten 33 afrikanischen Staaten soll es künftig keine chinesischen Zollschranken mehr geben.
  Zudem hat China erklärt, in den kommenden drei Jahren 360 Milliarden Yuan (umgerechnet mehr als 40 Milliarden Schweizer Franken) für afrikanische Staaten zur Verfügung zu stellen, davon 210 Milliarden Yuan als Kredite, 80 Milliarden Yuan als direkte Hilfe und 70 Milliarden Yuan über die Investitionen chinesischer Unternehmen.

Nicht nur in China, sondern auch in Afrika selbst – und zwar nicht nur bei den Regierungen, sondern gemäss aktuellen Umfragen auch bei der Mehrheit der Bevölkerung3 – wird die chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit durchweg als sehr positiv bewertet. Chinas Präsident erklärte, dass die bilateralen Beziehungen zu vielen afrikanischen Staaten auf die Ebene strategischer Beziehungen gehoben wurden, es also um viel mehr geht als nur Wirtschaftsbeziehungen.
  In der Erinnerung der afrikanischen Völker hat China (wie auch Russland) die afrikanischen Staaten bei der Entkolonialisierung nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützt, während die westlichen Staaten bis heute als Kolonialmächte wahrgenommen werden. China hat erneut versichert, sich auch künftig nicht in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Staaten einzumischen. Und fast alle afrikanischen Staaten wollen sich nicht in die westliche Konfrontation mit Russland und China hineinziehen lassen. Ihr Orientierungspunkt ist die Bewegung der Blockfreien.
  UN-Generalsekretär António Guterres nahm an der Konferenz ebenfalls teil und hat in seiner Rede die Beziehungen zwischen China und Afrika gewürdigt. Er sprach davon, die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika sei eine «Säule der Süd-Süd-Kooperation» und fügte hinzu: «Chinas bemerkenswerte Entwicklungserfolge – auch bei der Beseitigung der Armut – bieten eine Fülle von Erfahrungen und Fachwissen.» Und: «Sie können auf den vollen Einsatz der Vereinten Nationen zur Unterstützung einer starken China-Afrika-Partnerschaft setzen.»
  Auch in westlichen Medien wurde umfangreich über den Gipfel berichtet. Auffällig war, dass zwar erneut «Haare in der Suppe» gesucht wurden, sich das Ausmass der Polemik aber in Grenzen hielt. Statt dessen lautet der Tenor, der Westen habe in den vergangenen Jahrzehnten Afrika zu sehr China und Russland überlassen. Offensichtlich will man es sich mit Afrika nicht ganz verderben, sondern setzt jetzt auf Charme-Offensiven – in klar erkennbarer Konkurrenz zu China (und Russland).
  Typisch dafür ist die kurze Presseerklärung der deutschen Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze vom 5. September:4 «Der China-Afrika-Gipfel ist Ausdruck der neuen multipolaren Weltordnung. Die afrikanischen Staaten wollen sich nicht festlegen lassen, sondern entscheiden frei, mit wem sie wo zusammenarbeiten.» Um dann hinzuzufügen: «Auch für uns in Europa sind die afrikanischen Länder mit ihren jungen Bevölkerungen und ihrem Reichtum an erneuerbaren Energien und Rohstoffen wichtige Partner.» Deshalb solle die «Zusammenarbeit» ausgebaut werden – mit «einem insgesamt respektvollen Umgang miteinander».
  Man wird sehen.  •



1 umfangreiche englischsprachige Informationen über die Konferenz auf der Internetseite 2024focacsummit.mfa.gov.cn/eng/
2 englischsprachig: https://2024focacsummit.mfa.gov.cn/eng/hyqk_1/202409/t20240906_11486214.htm und https://2024focacsummit.mfa.gov.cn/eng/hyqk_1/202409/t20240906_11486213.htm
3 vgl. https://www.journal21.ch/artikel/china-propagiert-sein-gegenmodell vom 5.9.2024
4 https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/statement-schulze-china-afrika-gipfel-224870 vom 5.9.2024

Erklärung von Peking zum gemeinsamen Aufbau einer Allwetter-Gemeinschaft von China und Afrika mit einer gemeinsamen Zukunft für die Neue Ära (Auszüge)

[…] 4. Das Jahr 2024 markiert den 70. Jahrestag der Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz.1 Afrika würdigt Chinas konsequentes Bekenntnis zu diesen wichtigen Grundsätzen bei der Entwicklung der Beziehungen zu Afrika und ist der Ansicht, dass diese Grundsätze für Afrika bei der Verfolgung der Entwicklung, der Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Staaten und der Achtung der souveränen Gleichheit der jeweils anderen Seite gleichermassen wichtig sind. […] China wird weiterhin die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen der afrikanischen Länder auf der Grundlage ihrer eigenen nationalen Bedingungen respektieren und die Grundsätze der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der afrikanischen Länder und der Nichtbindung der Hilfe für Afrika an politische Bedingungen einhalten. […]
  5. Wir betonen, dass China und Afrika sich verpflichtet haben, sich gegenseitig in Fragen ihrer Kerninteressen und wichtigsten Anliegen zu unterstützen. China bekräftigt seine entschiedene Unterstützung für Afrikas Bemühungen um die Wahrung der nationalen Unabhängigkeit und Einheit, der territorialen Integrität, der Souveränität, der Sicherheit und der Entwicklungsinteressen. Afrika bekräftigt sein festes Bekenntnis zum Ein-China-Prinzip und bekräftigt, dass es nur ein China auf der Welt gibt, dass Taiwan ein unveräusserlicher Teil des chinesischen Territoriums ist und dass die Regierung der Volksrepublik China die einzige rechtmässige Regierung ist, die ganz China vertritt, und unterstützt nachdrücklich alle Bemühungen der chinesischen Regierung, die nationale Wiedervereinigung zu erreichen. Fragen im Zusammenhang mit Hongkong, Xinjiang und Xizang sind Chinas innere Angelegenheiten, die im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Grundsatz der Nichteinmischung stehen. […]
  7. China unterstützt die afrikanischen Länder bei der Stärkung ihres Einflusses und ihrer Rolle in der Weltordnungspolitik, insbesondere durch die Forderung nach einem umfassenderen Rahmen für die Lösung der Probleme der Welt. China glaubt, dass Afrikaner qualifiziert sind, als Leiter internationaler Organisationen und Institutionen zu fungieren, und unterstützt ihre Arbeit. Afrika weiss es zu schätzen, dass China das erste Land ist, das die Afrikanische Union beim Beitritt zur G20 unterstützt. China wird auch weiterhin die Prioritäten, die Afrika betreffen, in der G20 unterstützen. China begrüsst die Aufnahme weiterer afrikanischer Länder in die BRICS-Familie und begrüsst den kamerunischen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der 79. Sitzung der UN-Generalversammlung.
  8. China und Afrika fordern gemeinsam eine gleichberechtigte und geordnete multipolare Welt und den entschlossenen Schutz des internationalen Systems mit der Uno als Kern, der durch das Völkerrecht untermauerten internationalen Ordnung und der grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen, die durch die Ziele und Grundsätze der UN-Charta untermauert werden. Wir fordern die notwendige Reform und Stärkung der Uno einschliesslich ihres Sicherheitsrates, die Wiedergutmachung des historischen Unrechts, das Afrika widerfahren ist, und eine stärkere Vertretung der Entwicklungsländer, insbesondere der afrikanischen Länder, in der Uno und ihrem Sicherheitsrat. China unterstützt Sonderregelungen für die Reform des UN-Sicherheitsrates, um Afrikas Bestrebungen als Priorität zu erfüllen. […]
  9. China und Afrika rufen gemeinsam zu einer allseitig nutzbringenden und integrativen wirtschaftlichen Globalisierung auf, die den gemeinsamen Bedürfnissen aller Länder, insbesondere der Entwicklungsländer, gerecht wird, und messen den Anliegen der afrikanischen Länder grosse Bedeutung bei. Wir rufen dazu auf, das internationale Finanzsystem zu reformieren und die Entwicklungsfinanzierung für die Länder des Globalen Südens zu verbessern, um den gemeinsamen Wohlstand zu verwirklichen und den Entwicklungsbedarf der afrikanischen Länder besser zu decken. Wir werden uns aktiv an der Reform der multilateralen Finanzinstitutionen beteiligen und diese fördern, einschliesslich der Reform der Quoten, Sonderziehungsrechte und Stimmrechte der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Wir fordern eine stärkere Vertretung und Mitsprache der Entwicklungsländer, damit die internationalen Währungs- und Finanzsysteme die Veränderungen in der internationalen Wirtschaftslandschaft besser und gerechter widerspiegeln. […]
  22. Wir sind zutiefst besorgt über die schwere humanitäre Katastrophe im Gaza-Streifen, die durch den gegenwärtigen palästinensisch-israelischen Konflikt und seine negativen Auswirkungen auf die globale Sicherheit verursacht wird, und fordern eine ernsthafte Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und der UN-Generalversammlung sowie eine sofortige Waffenruhe und Beendigung der Kämpfe. China würdigt die wichtige Rolle Afrikas bei den Bemühungen um eine Beendigung des Konflikts im Gaza-Streifen, einschliesslich der Bemühungen um eine Einstellung der Feindseligkeiten, die Freilassung von Geiseln und die verstärkte Bereitstellung und Verteilung von humanitärer Hilfe. Afrika würdigt die grossen Anstrengungen Chinas zur Unterstützung der gerechten Sache des palästinensischen Volkes. Wir bekräftigen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, eine umfassende Lösung auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen, und unterstützen die Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina, der auf der Grundlage der Grenzen von 1967 volle Souveränität geniesst, dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist und auf dessen Grundlage Israel und Palästina in Frieden nebeneinander leben können. Wir rufen dazu auf, die UNRWA bei der Einhaltung ihres Mandats zu unterstützen, um die humanitären, politischen und sicherheitspolitischen Risiken abzuwenden, die sich aus einer Unterbrechung oder Aussetzung ihrer Arbeit ergeben würden. Wir unterstützen alle Bemühungen, die einer friedlichen Lösung der Krise in der Ukraine förderlich sind. […]

Quelle: https://2024focacsummit.mfa.gov.cn/eng/hyqk_1/202409/t20240906_11486214.htm

(Übersetzung Zeit-Fragen)



1 vgl. Zeit-Fragen Nr. 15 vom 23. Juli 2024 [Anm. d. Red.]

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