Guten Tag. Und ich freue mich, Sie alle heute hier zu sehen.
Der heutige Tag, der 1. Oktober 2024, ist nicht nur für mich persönlich, sondern auch für unser Militärbündnis insgesamt ein besonderer Tag. Die Vertreter unserer Mitgliedsstaaten haben gewollt, dass ich Jens Stoltenberg im Amt des Generalsekretärs der Nato folge. Da die Zeit drängt, die Gefahr eines Weltkrieges in den vergangenen Monaten alarmierend gestiegen ist und deshalb zügig Taten gefordert sind, will ich es heute, am Tag meines Amtsantritts, kurz machen und meine Pläne offen aussprechen.
Der heutige Tag soll kein Tag der Kontinuität, sondern ein Tag der Veränderung sein. Und ein Tag der Wahrheit. Jeder von Ihnen, der bei klarem Verstand ist und noch ein wenig menschliches Mitgefühl hat, weiss, dass wir seit mehr als 30 Jahren mit der Lüge leben. Wir haben öffentlich täuschend von Frieden, Freiheit und Demokratie geredet, nannten uns «Verteidigungsgemeinschaft», dachten aber in Wirklichkeit, der Zweck heilige die Mittel und Lügen seien notwendig, um in unseren eigenen Ländern Macht und Reichtum zu sichern. Wir wollten uns gegenüber unserem Hegemon gefällig zeigen und glaubten, berechtigte Ansprüche der Mehrheit der Menschheit übergehen zu können.
Nach der Auflösung von Warschauer Pakt und Sowjetunion haben wir den Kalten Krieg nicht beendet – obwohl sich die ganze Menschheit nichts sehnlicher gewünscht hatte. Statt dessen haben wir die Friedensmöglichkeiten von 1990 verspielt, unseren Machtbereich ohne Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen anderer Staaten ausgeweitet und alles auf die Karte des Staates gesetzt, der sich nun selbst als einzige Weltmacht definierte. Wir waren dieser Weltmacht devot zu Diensten.
Heute stehen wir vor einem Scherbenhaufen.
Wir haben keinen Frieden gebracht, sondern Angst gemacht sowie Zwietracht und Hass gesät, immer wieder mit Gewalt gedroht – und wir haben nicht nur gedroht. Wir haben Kriege angefangen oder provoziert und materielles und menschliches Elend über viele Staaten und Völker der Welt gebracht. Wir haben faschistische Regime wie in der Ukraine und in Israel unterstützt, die – bei Lichte betrachtet – nichts mit den Werten gemeinsam haben, die wir immer wieder öffentlich verkündet, aber auch selbst immer weniger beachtet haben.
Wir haben uns nicht nur Russland und China, sondern viele Staaten und Völker der Welt zu Feinden gemacht. Anstatt Probleme und Konflikte einzudämmen und zu Lösungen beizutragen, haben wir Öl ins Feuer gegossen und Chaos gestiftet. Die Opfer gehen in die Millionen, das Ausmass der Verwerfungen und Zerstörungen ist gigantisch. Wir wurden, ehrlich gesagt, zu einer kriminellen Organisation.
So sind wir heute sehr, sehr weit von Frieden und Gerechtigkeit in der Welt entfernt – und wir vor allem tragen die Verantwortung dafür.
So können wir nicht weitermachen. Frieden ist das Gebot der Stunde. Mein Amtsantritt soll ein Signal des Wandels sein. Ich weiss, dass ich auf Widerspruch stossen werde – nicht bei der grossen Mehrheit der Menschen in unseren Ländern oder sonstwo auf der Welt, aber bei den wenigen, die blindlings am alten Kurs festhalten wollen – und leider noch immer viel Macht und Einfluss haben. Aber das soll mich nicht aufhalten. Mit der Wahrheit lebe ich, leben wir alle besser.
Eine meiner ersten Amtshandlungen wird die Initiierung einer internationalen Friedenskonferenz sein. Die Vertreter aller Staaten der Welt sollen teilnehmen können, und jeder Staat hat das gleiche Rede- und Stimmrecht. Bislang kriegslüsterne Regierungen wie diejenigen der Ukraine und Israels werden wir vor die Alternative stellen, mit ihren Nachbarn Frieden zu machen oder jegliche Unterstützung sofort zu verlieren. Zum Beispiel: keine Waffen mehr für die Ukraine und für Israel. Staaten wie Russland, China und auch der arabischen Welt werden wir ehrliche Verhandlungsangebote für eine gerechte internationale Friedensordnung auf der Grundlage von Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung machen. Unser Leitstern soll von nun an das Völkerrecht, sollen die Friedens- und Gerechtigkeitsbestimmungen der Uno-Charta sein. Unser Hegemonialprojekt einer «regelbasierten internationalen Ordnung» ist gescheitert.
Und vor allem: Die Macht, die einzige Weltmacht sein wollte und nach wie vor sein will, wird sich in die Staatengemeinschaft einreihen müssen – als Gleiche unter Gleichen. «Exzeptionalismus» und «Unverzichtbarkeit» werden wir fortan nicht mehr akzeptieren, auch innerhalb der Nato nicht.
Schliesslich: Wir europäischen Nato-Mitglieder werden beantragen, die Nato in Anbetracht ihrer fragwürdigen jüngsten Geschichte und des Mangels an künftigem Bedarf aufzulösen.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen. Und ich kann es kaum erwarten anzufangen.
Und damit bin ich bereit für Ihre Fragen.
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km. In der Tat hat der Niederländer Mark Rutte am 1. Oktober 2024 die Nachfolge des bisherigen Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg angetreten. Auch hat er für diesen Tag eine Pressekonferenz einberufen und zu Beginn eine Stellungnahme abgegeben. Eine Stellungnahme mit einem Wortlaut wie dem oben formulierten und dementsprechende Taten wären ein Segen für die Menschheit gewesen. Aber es wäre auch ein politisches Wunder. Diese gibt es in der Politik allerdings nur ganz, ganz selten. Und Mark Rutte hat tatsächlich auch ganz anders Stellung genommen – eigentlich genauso wie sein Vorgänger im Amt. Und was man sonst so hört und liest, wird es mit Mark Rutte eher noch schlimmer werden als mit Jens Stoltenberg. Fazit: Das bisherige Gewalt-Prinzip der Nato wird höchstwahrscheinlich nicht der puren Einsicht weichen – höchstwahrscheinlich braucht es ein sehr deutliches «Stop!» von anderer Seite, den geharnischten Einspruch der Realität, damit es zu einer Kurskorrektur kommen kann. •
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