Brasilien und China haben während der UN-Generalversammlung zu einem Friedenstreffen eingeladen

km. Aus der diesjährigen Generalversammlung der Vereinten Nationen in der letzten Septemberwoche 2024 sind zwei Ereignisse hervorzuheben. Am 22. September verabschiedete die Generalversammlung einen umfangreichen «Zukunftspakt», der 56 Ziele für die «Bewältigung der aktuellen globalen Herausforderungen» formuliert. Der Pakt ist formal gesehen zwar unverbindlich, hat aber faktisch doch präjudizierende Wirkung für die Mitgliedsstaaten und greift damit in die staatliche Souveränität dieser Staaten ein – zugunsten von «Global governance». Der «Zukunftspakt», der unter der Federführung von Deutschland und Namibia ausgehandelt wurde, wurde mit 143 (von 193) Stimmen angenommen. Er bedarf einer genaueren Analyse, die auch die kritischen Stimmen ernsthaft mit einbezieht.
    Ein zweites wichtiges Ereignis war die Gründungsversammlung der Gruppe «Freunde des Friedens» zur Ukraine-Krise am 27. September auf Einladung Chinas und Brasiliens. An dieser Versammlung nahmen Vertreter von rund 20 Staaten teil, darunter auch die drei europäischen Länder Ungarn, Frankreich und die Schweiz.
    Grundlage für die Arbeit der «Freunde des Friedens» ist ein chinesisch-brasilianischer Sechs-Punkte-Plan vom 23. Mai 2024 (siehe Kasten), der an vorhergehende Initiativen Chinas anknüpft. Wir dokumentieren zudem einen Bericht von der Internetseite der Regierung der Volksrepublik China, der die Bemühungen Chinas und anderer Länder für einen Frieden in der Ukraine darlegt.
    Wolodimir Selenski aus der Ukraine, der ebenfalls die Generalversammlung besuchte und dort für seinen «Siegesplan» warb, kritisierte die Bemühungen Chinas und Brasiliens. Ablehnend äusserte sich auch der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.1 Russlands Präsident Wladimir Putin, so wurde berichtet2, soll sich hingegen im Vorfeld der Gründungsversammlung in New York positiv zum Sechs-Punkte-Plan geäussert haben.
    Interessant ist die Teilnahme Frankreichs und der Schweiz an der Gründungsversammlung. Aus dem Schweizer Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) ist sogar zu hören, die Schweiz unterstütze nun – nach anfänglicher Ablehnung – den Sechs-Punkte-Plan.3 Bislang haben beide Länder ganz die Nato- und EU-Linie mitgetragen.
    Die Reaktion des russischen Aussenministers Sergej Lawrow auf die Nachricht von der Teilnahme beider Länder an der Gründungsversammlung ist deshalb nachvollziehbar: «Das einzige, was ich nicht verstehe, ist, wie die Franzosen und die Schweizer zu dem Treffen gekommen sind. Die Schweizer kann man nicht mehr als neutral bezeichnen […]. Die Franzosen sind Nato-Mitglieder, setzen sich eifrig für die Ukraine ein, fordern den Sieg über die Russische Föderation, liefern Langstreckenwaffen.»4
    Welche Absichten Länder wie Frankreich oder die Schweiz tatsächlich haben, muss an dieser Stelle offenbleiben. Sicher ist aber: Die «Menschlichkeit der Menschheit» hat ein hervorragendes Interesse daran, den Krieg zu beenden. Ohne faule Kompromisse!

1https://www.turkiyetoday.com/world/stoltenberg-urges-turkiye-other-nato-states-to-back-ukraines-peace-plan-not-chinas-59857/  vom 1.10.2024
2https://www.merkur.de/politik/verhandlungen-gespraeche-china-kiew-friedensplan-ukraine-krieg-putin-russland-frieden-zr-93300320.html  vom 16.9.2024
3https://www.berliner-zeitung.de/news/ukrainekrieg-schweiz-unterstuetzt-chinesisch-brasilianischen-friedensplan-kiew-enttaeuscht-li.2258413  vom 29.9.2024
4 zit. nach https://eadaily.com/en/news/2024/09/28/lavrov-did-not-understand-france-and-switzerland-asked-for-a-meeting-of-friends-of-the-world-in-ukraine  vom 28.9.2024

Gruppe «Freunde des Friedens» zur Ukraine-Krise bei den Vereinten Nationen gegründet

Am 27. September 2024 Ortszeit fand im UN-Hauptquartier in New York ein Ministertreffen der Gruppe «Freunde des Friedens» zur Ukraine-Krise statt. Den gemeinsamen Vorsitz führten das Mitglied des Politischen Büros des Zentralkomitees der KPCh und Aussenminister Wang Yi, der brasilianische Aussenminister Mauro Vieira und der Chefberater der brasilianischen Präsidentschaft Celso Luiz Nunes Amorim. Vertreter aus 17 Ländern des Globalen Südens waren anwesend, darunter der ägyptische Aussenminister Badr Abdelatty, der indonesische Aussenminister Retno Marsudi, der südafrikanische Minister für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit Ronald Ozzy Lamola, die mexikanische Aussenministerin Alicia Bárcena und der sambische Minister für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit Mulambo Haimbe.
    Wang Yi sagte: «Wir sind hier mit einem einzigen Ziel zusammengekommen: den Frieden zu suchen.» Die Ukraine-Krise geht in ihr drittes Jahr. Die Kämpfe wüten immer noch, die Gefahr eines Übergreifens der Krise nimmt zu, der Frieden ist noch nicht in Sicht, und die Entwicklung der Lage ist besorgniserregend. Die ursprüngliche Absicht dieses Treffens ist es, mehr Kräfte zu vereinen und die Stimmen zu verstärken, um die Bemühungen der Länder des Globalen Südens zur Förderung eines Waffenstillstands und zur Erreichung eines dauerhaften Friedens zu unterstützen.
    Wang Yi wies darauf hin, dass China in der Ukraine-Frage seit jeher eine objektive und unparteiische Position vertrete, Friedensgespräche fördere und sich auf die Seite des Friedens stelle. Präsident Xi Jinping hat die prinzipielle Position der «vier Punkte über das, was getan werden muss» dargelegt, die als grundlegende Leitlinien für Chinas Vorgehen in der Ukraine-Frage dienen. Auf dieser Grundlage hat China das Dokument «Chinas Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise» veröffentlicht und einen Sondergesandten zur Pendeldiplomatie entsandt. China hat ausserdem gemeinsam mit Brasilien die «sechs gemeinsamen Vereinbarungen» veröffentlicht. Chinas Vorschläge und Vermittlungsbemühungen haben in der internationalen Gemeinschaft, insbesondere in den Ländern des Globalen Südens, ein breites Echo gefunden. Wang Yi betonte, dass sich die Welt bei der Wahl zwischen Krieg und Frieden entschlossen für den Frieden entscheiden müsse. «Je kritischer die Situation und je ernster die Krise, desto mehr dürfen wir die Hoffnung auf Frieden nicht aufgeben und desto mehr dürfen wir in unseren Bemühungen um Frieden nicht nachlassen.» Der Konflikt in der Ukraine hat schon lange genug gedauert. Wang Yi wies darauf hin, dass die dringende Aufgabe darin bestehe, die Situation zu deeskalieren, und erklärte, China sei bereit, mit Brasilien zusammenzuarbeiten, um erneut zur Einhaltung der «drei Prinzipien» für eine Deeskalation des Konflikts aufzurufen, nämlich keine Ausweitung des Schlachtfelds, keine Eskalation der Kämpfe und keine Provokation durch irgendeine Partei, insbesondere kein Einsatz von Massenvernichtungswaffen und keine Angriffe auf Kernkraftwerke und andere friedliche nukleare Einrichtungen. Die internationale Gemeinschaft sollte sich entschlossen auf die Seite des Friedens stellen, die Bedingungen für den Frieden schaffen und die Hoffnung auf den Frieden anstreben.
    Bei der Wahl zwischen Versöhnung und Hass ist es wichtig, sich entschlossen für die Versöhnung zu entscheiden. Russland und die Ukraine sind Nachbarn, die immer füreinander da sein werden, und die friedliche Koexistenz ist das gemeinsame Bestreben aller Parteien und die einzig richtige Wahl. Es ist notwendig, die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder zu respektieren, die Ziele und Grundsätze der UN-Charta zu beachten, die legitimen Sicherheitsanliegen aller Länder zu würdigen und den legitimen Lebensraum aller ethnischen Gruppen zu gewährleisten. Das russische und das ukrainische Volk haben zusammen in demselben Land gelebt und eine gemeinsame Geschichte geschaffen. Es sollte keine ungelösten Missstände geben, sondern sie sollten zusammenarbeiten, um eine bessere Zukunft zu eröffnen.
    Bei der Wahl zwischen Dialog und Konfrontation ist es wichtig, sich entschieden für den Dialog zu entscheiden. Ganz gleich, wie gross die Konflikte oder wie tief die Widersprüche auch sein mögen, letztlich muss alles auf die Schiene des Dialogs und der Verhandlungen zurückkehren. Zu Beginn der vollen Eskalation der Ukraine-Krise standen sowohl Russland als auch die Ukraine kurz vor einer Einigung, die jedoch letztlich scheiterte, und über die Gründe dafür sollte nachgedacht werden. China hofft, dass die beteiligten Parteien die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zu einem geeigneten Zeitpunkt in Erwägung ziehen, einander in ihrem Dialog auf halbem Weg entgegenkommen und in ihren Verhandlungen nach Gemeinsamkeiten suchen, während sie ihre Differenzen beiseiteschieben, alle Friedenspläne fair diskutieren und die Schaffung einer neuen Sicherheitsarchitektur fördern.
    Wang Yi sagte, dass Brasilien, China, Südafrika, Ägypten, Indonesien, die Türkei und andere Länder als Partner des Globalen Südens, die sich für eine politische Lösung der Ukraine-Krise einsetzen, vereinbart haben, die Initiative «Freunde des Friedens» zur Ukraine-Krise auf der Plattform der Vereinten Nationen zu starten. Bei der «Friends of Peace»-Plattform geht es nicht darum, in dem Konflikt Partei zu ergreifen, sich auf eine Blockkonfrontation einzulassen oder bestehende Plattformen zu ersetzen. Sie hoffen, dass die Vereinten Nationen mehr Länder des Globalen Südens zusammenbringen und objektivere, ausgewogenere und rationalere Stimmen entsenden, um die Voraussetzungen für einen Waffenstillstand, ein Ende der Feindseligkeiten und die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zu schaffen. Die Plattform «Friends of Peace» ist offen und begrüsst den Beitritt weiterer gleichgesinnter Länder, insbesondere der Länder des Globalen Südens.

Quelle: https://www.mfa.gov.cn/eng/wjbzhd/202409/t20240929_11500459.html  vom 28.9.2024

(Übersetzung Zeit-Fragen)

Gemeinsame Absprachen zwischen China und Brasilien zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise

Am 23. Mai 2024 traf Seine Exzellenz Wang Yi, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der KPCh und Aussenminister Chinas, mit Seiner Exzellenz Celso Amorim, dem Chefberater des brasilianischen Präsidenten, in Peking zusammen. Beide Seiten führten einen ausführlichen Meinungsaustausch über die politische Beilegung der Krise in der Ukraine, riefen zur Deeskalation der Situation auf und erzielten die folgenden gemeinsamen Vereinbarungen:

1. Beide Seiten rufen alle relevanten Parteien auf, drei Prinzipien zur Deeskalation der Situation zu beachten, nämlich keine Ausweitung des Schlachtfelds, keine Eskalation der Kämpfe und keine Provokation durch irgendeine Partei.
    2. Beide Seiten sind der Ansicht, dass Dialog und Verhandlungen die einzige praktikable Lösung für die Ukraine-Krise sind. Alle Parteien sollten die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines direkten Dialogs schaffen und auf eine Deeskalation der Lage bis zur Verwirklichung eines umfassenden Waffenstillstands drängen. China und Brasilien unterstützen eine internationale Friedenskonferenz, die zu einem angemessenen, sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannten Zeitpunkt abgehalten wird und an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen und eine faire Diskussion über alle Friedenspläne stattfindet.
    3. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die humanitäre Hilfe für die betroffenen Regionen zu verstärken und eine humanitäre Krise grösseren Ausmasses zu verhindern. Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen müssen vermieden werden, und Zivilisten, einschliesslich Frauen und Kinder, sowie Kriegsgefangene müssen geschützt werden. Die beiden Seiten unterstützen den Austausch von Kriegsgefangenen zwischen den Konfliktparteien.
    4. Der Einsatz von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von Atomwaffen sowie chemischen und biologischen Waffen, ist abzulehnen. Es müssen alle möglichen Anstrengungen unternommen werden, um die Verbreitung von Kernwaffen zu verhindern und eine nukleare Krise zu vermeiden.
    5. Angriffe auf Kernkraftwerke und andere friedliche kerntechnische Anlagen müssen abgewehrt werden. Alle Parteien sollten das Völkerrecht einschliesslich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit einhalten und von Menschen verursachte nukleare Unfälle entschlossen verhindern.
    6. Die Aufteilung der Welt in isolierte politische oder wirtschaftliche Gruppen sollte abgelehnt werden. Beide Seiten rufen dazu auf, die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Währung, Finanzen, Handel, Lebensmittelsicherheit und Sicherheit kritischer Infrastrukturen, einschliesslich Öl- und Gaspipelines, optischer Unterseekabel, Strom- und Energieanlagen sowie Glasfasernetze, zu verstärken, um die Stabilität der globalen Industrie- und Lieferketten zu schützen.
    Beide Seiten begrüssen es, dass die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft die oben genannten gemeinsamen Vereinbarungen unterstützen und billigen und gemeinsam eine konstruktive Rolle bei der Deeskalation der Situation und der Förderung von Friedensgesprächen spielen.

Quelle: https://www.gov.br/planalto/en/latest-news/2024/05/brazil-and-china-present-joint-proposal-for-peace-negotiations-with-the-participation-of-russia-and-ukraine  vom 23.5.2024

(Übersetzung Zeit-Fragen)

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