Unter dieser Überschrift veröffentlichte kürzlich der «Kölner Stadtanzeiger» einen Artikel über Kölner Schulen, die ein Handyverbot eingeführt haben und konsequent umsetzen.
Angesichts der vielfältigen und schwerwiegenden Probleme, die durch die Nutzung von Bildschirm-Medien bei Kindern und Jugendlichen verursacht werden, freut sich das Pädagogenherz über die Schilderungen engagierter Lehrer, Eltern und Schüler, die sich erfolgreich zusammentun, um den Schaden einzudämmen.
In einer Realschule in Köln-Godorf werden die Smartphones aller Schüler zu Beginn der ersten Stunde in einem Metallschrank eingeschlossen. Am Nachmittag, wenn der Unterricht beendet ist, werden die Geräte wieder herausgegeben. Die Fächer des Metallschranks, in die sie ihre Smartphones legen, nennen die Schüler «Handyhotel».
«Klar ist das aufwendig, so etwas einzuführen», sagt der Schulleiter. «Aber wir fanden das wichtig. Meiner Ansicht nach ist es fahrlässig, das Thema Handynutzung nicht als Schule anzugehen.»
Fokussierter Unterricht
immer schwieriger
Laut «Kölner Stadtanzeiger» hätten alle Schulleitungen, mit denen man gesprochen habe, die gleichen Beobachtungen gemacht: Die Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler sinke stetig, und die Durchführung eines fokussierten Unterrichts werde immer schwieriger.
Zahlreiche Kölner Schulen, schreibt die Zeitung weiter, hätten ein Handyverbot in ihrer Schulordnung stehen, das aber kaum durchsetzbar sei, weil die Geräte bei den Schülern verbleiben. Nur das Einsammeln oder Wegschliessen sei eine zuverlässige Methode.
In der Godorfer Realschule sei es ein längerer «demokratischer Prozess» gewesen, bis schliesslich Schulleitung, Eltern und Lehrer für das Verbot stimmten. Die Schülervertretung stimmte dagegen, weil es auch für die Schüler der 9. und 10. Klassen gilt. Trotzdem trage die Schülervertretung die beschlossene Regelung mit.
Eine Hilfestellung für die Kinder
Die Zehntklässlerinnen Elif und Rania schildern ihre Beobachtungen auf dem Schulhof seit der Einführung des Handyverbotes: «Gerade die Jüngeren spielen wieder miteinander. Fangen, Laufspiele und so was. Alle sind viel mehr in Bewegung oder hocken im Gespräch miteinander zusammen.» Der Schulleiter ergänzt, dass die Ausleihe von Gesellschaftsspielen, die man nach dem Handyverbot wieder aufgenommen habe, «boome». Die Lehrer seien erleichtert und würden berichten, dass es viel besser möglich sei, konzentrierten Unterricht durchzuführen.
Der kommissarische Leiter eines Gymnasiums in Köln-Deutz sieht das Einschliessen der Handys an seiner Schule als Hilfestellung für die Kinder, die ihnen das Fokussieren erleichtere. Selbstkritisch merkt er an: «Wir merken doch schon an uns Erwachsenen, wie schwer das ist, nicht draufzuschauen, wenn das Handy in der Hosentasche greifbar ist.»
Das Gymnasium Neustadt-Nord hat eine andere technische Lösung gefunden: Die Handys verbleiben bei den Schülern, werden allerdings morgens bei Schulbeginn in Hüllen gesteckt, die einen Magnetverschluss haben. Dieser ist so beschaffen, dass er erst am Nachmittag von einem Lehrer wieder geöffnet werden kann. Bei dieser Lösung müsse man sich nicht mit der Haftungsfrage befassen, schreibt die Zeitung.
Ein Gymnasium in Köln-Widdersdorf verbietet Handys auch bei mehrtägigen Klassenfahrten. «Wer sein Smartphone trotzdem dabeihat und erwischt wird, für den ist die Fahrt beendet», sagt die Schulleiterin, die für klare Regeln und konsequentes Handeln bei diesem Thema eintritt. Sie zeigt sich überzeugt vom Wert der gewonnenen Zeit, die die Kinder gemeinsam verbringen. Die Eltern müssten sich während der Klassenfahrt keine Sorgen um ihre Kinder machen, die Kommunikation laufe über die begleitenden Lehrkräfte. Die Schulleiterin betont, dass die Medienerziehung nicht von den Schulen allein geleistet werden könne, die Eltern seien mit in der Pflicht. Man bilde sich als Schule ständig fort und behandele das Thema im Unterricht, «aber am Ende haben wir einen gemeinsamen Erziehungsauftrag.»
Der soziale Druck entfällt
Die Elternvertreterin des Gymnasiums zeigt sich dankbar für den konsequenten Umgang der Schule hinsichtlich der Handynutzung. Sie stelle fest, dass sich dies auch positiv auf die Handynutzung ihrer Tochter in der Freizeit auswirke. Da ihr Sohn eine Schule mit anderer «Handypolitik» besuche, könne sie einen direkten Vergleich anstellen.
Die Schülersprecherin derselben Schule ist im Rückblick «ziemlich froh» über die klaren Regeln an ihrer Schule, die ihr dabei geholfen hätten, «einen gesunden Umgang mit dem Handy zu verinnerlichen».
Zum Schluss verweist der Artikel auf ein Projekt in Solingen, wo sich alle weiterführenden Schulen, die Elternvertretungen und der städtische Schulpsychologische Dienst zusammengeschlossen haben, um alle Fünftklässler so lange wie möglich von den sogenannten «Sozialen Medien» fernzuhalten. An den 42 teilnehmenden Schulen werden ab dem kommenden Schuljahr Soziale Medien für Fünftklässler verboten sein. Die Zeitung hebt noch hervor, dass der soziale Druck entfällt, «wenn alle mitmachen».
Nordische Erfahrungen
Interessant ist auch der Hinweis, dass die Idee des «Handyhotels» in Dänemark ersonnen wurde und in weiteren skandinavischen Ländern, in Grossbritannien und den USA erfolgreich umgesetzt werde. Und weiter: «Dabei ist bemerkenswert, dass gerade in Dänemark, das als Spitzenreiter bei der Digitalisierung im Unterricht gilt, das Bildungsministerium den Schulen empfohlen hat, die Smartphone-Nutzung wegen der hohen Ablenkungsgefahr zu verbieten.»
Geht der Leser diesem Hinweis nach, stösst er auf einen interessanten Artikel in der «Süddeutschen Zeitung» vom Februar dieses Jahres. Unter der Überschrift «Enttäuschte Liebe» schildert er die Ernüchterung, die sich im dänischen Bildungswesen breitgemacht hat angesichts der «unerwünschten Nebenwirkungen» einer umfassenden Digitalisierung der Schulen.
Kronen für die Bücher
In dänischen Schulen sei «früh und flächendeckend in die Modernisierung der pädagogischen Infrastruktur investiert» worden, sprich: an vielen Grundschulen hat jedes Kind einen Laptop. Dafür seien aber «weit und breit keine Bücher mehr zu finden». Dänische Lehrerverbände hätten Alarm geschlagen, weil ein konzentriertes Arbeiten in vielen Klassen kaum noch möglich sei. Der dänische Minister für Kinder und Bildung, Mattias Tesfaye, sagte in einem Zeitungsinterview, die Schulen müssten «das Klassenzimmer als Bildungsraum zurückerobern». Bereits zuvor hatte er die dänischen Jugendlichen um Entschuldigung dafür gebeten, dass man sie zu «Versuchskaninchen in einem digitalen Experiment» gemacht habe, «dessen Ausmass und Folgen wir nicht überblicken können». Die Schulen hätten sich zu lange den grossen Tech-Konzernen unterworfen und man sei als Gesellschaft zu «verliebt» gewesen in die Wunder der Digitalwelt.
Folgerichtig lautet der erste Punkt in den «Empfehlungen für den Einsatz von Bildschirmen in Grundschulen», die das Ministerium von Mattias Tesfaye herausgegeben hat: «Die Schulleitung gibt die Richtung für den Einsatz von Bildschirmen in der Schule vor.»
Des weiteren sprechen sie sich dafür aus, handyfreie Schulen einzurichten und Bildschirmmedien nur dann zu benutzen, wenn es «didaktisch und pädagogisch sinnvoll» ist. Tablets und Computer sollten weggepackt werden, wenn sie nicht im Unterricht eingesetzt werden. Die Schulen sollten Raum für analoges Lernen schaffen und «das physische Umfeld der Schule» nutzen, um «attraktive Alternativen zur Bildschirmnutzung zu schaffen».
Gleichlautende Empfehlungen gab das Ministerium für die Freizeiteinrichtungen in Dänemark heraus.
Der Artikel in der «Süddeutschen Zeitung» endet mit dem Hinweis darauf, dass ein Teil der dänischen Regierungskoalition bereits angekündigt habe, «einige Hundert Millionen Kronen» dafür bereitzustellen, «dass alle Schulen wieder mit sogenannten Büchern ausgestattet werden». •
Quellen:
https://www.ksta.de/koeln/immer-mehr-koelner-schulen-verbannen-handys-aus-dem-klassenzimmer-896695
https://www.sueddeutsche.de/politik/digitalisierung-daenemark-schule-handy-pisa-tablet-1.6344670
https://www.uvm.dk/aktuelt/nyheder/uvm/2024/feb/240205anbefalinger-om-skaermbrug-klar-til-grundskoler-og-fritidstilbud
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