Die Vereinten Nationen und die globale Machtpolitik

Prof. Dr. DDr. h. c. Hans Köchler spricht auf dem «Weltforum über die Zukunft von Demokratie, Technologie und Menschheit»

Santa Maria (Kap Verde)/Berlin
 19. Februar 2024

In seiner Rede auf dem Weltforum über die Zukunft der Demokratie, der Technologie und der Menschheit, das von der Cinema for Peace Foundation in Berlin, Deutschland, organisiert wurde, sagte Prof. Köchler, Präsident der International Progress Organization, dass eine ehrliche Überprüfung der Charta der Vereinten Nationen längst überfällig sei. Die Lähmung der Weltorganisation in praktisch allen grossen Krisen der internationalen Sicherheit seit ihrer Gründung ist nicht nur die Schuld einzelner UN-Mitgliedsstaaten, insbesondere der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Die UN-Charta selbst ermutigt die internationale Gesetzlosigkeit. Ihr Artikel 27 erlaubt es den Mitgliedern des Sicherheitsrates, über Zwangsmassnahmen, einschliesslich der Anwendung von Gewalt, abzustimmen, auch wenn sie selbst Partei in einem Streitfall sind. Bei Entscheidungen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta gilt also nicht der fundamentale Rechtsgrundsatz «nemo judex in causa sua». Die ständigen Mitglieder, die ihr Veto einlegen, und ihre Verbündeten geniessen praktisch Straffreiheit für ihre Aggressionshandlungen. Das bedeutet, dass die Charta der Vereinten Nationen die grundlegendste Anforderung der Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllt und die Uno nicht in der Lage ist, ihr Mandat zu erfüllen, nämlich das Verbot der Gewaltanwendung zwischen Staaten durchzusetzen.
  Prof. Köchler, der per Videolink aus der Republik Kap Verde zugeschaltet war, betonte ferner, dass es keinen Sinn mache, über eine Reform der Vereinten Nationen zu sprechen, wenn man sich nicht mit dieser wichtigen Frage der internationalen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit befasse. Er erinnerte an die scharfe Kritik des mexikanischen Delegierten auf der Gründungskonferenz der Vereinten Nationen in San Francisco im Jahr 1945. In der Sitzung über die Ausarbeitung der UN-Charta sagte der mexikanische Vertreter, dass mit der Annahme von Abstimmungsbestimmungen, die die ständigen Mitglieder des Rates begünstigen, ein internationales System geschaffen würde, «in dem eine Maus verurteilt werden kann, in dem aber die Löwen nicht eingeschränkt werden». Die Geschichte seit 1945 hat dem mexikanischen Delegierten Recht gegeben. Noch nie ist ein ständiges Mitglied für Aggressionsakte zur Rechenschaft gezogen worden. Da Artikel 108 jede Änderung der Charta an die Zustimmung der ständigen Mitglieder knüpft, wird eine Reform der Vereinten Nationen schwer zu erreichen sein. Ein Wandel kann nur dann eintreten, wenn sich das globale Machtgleichgewicht weg von den heutigen ständigen Mitgliedern verschiebt, erklärte Prof. Köchler.
  Zu den Rednern des Sonderpanels zum Thema «Die Schutzverantwortung der Vereinten Nationen und die Reform des UN-Sicherheitsrats» gehörten Alex Salmond, ehemaliger Premierminister Schottlands; Hans Corell (Schweden), ehemaliger Beigeordneter Generalsekretär der Vereinten Nationen für Rechtsfragen; Prof. Jennifer Welsh (Kanada), Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs für die Schutzverantwortung; Melissa Parke, Exekutivdirektorin von ICAN – die International Campaign to Abolish Nuclear Weapons, ehemalige australische Ministerin für internationale Entwicklung, und Ivan Šimonović, stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen für Menschenrechte.
  Im September 2024 wird die International Progress Organization in Istanbul, Türkei, ein spezielles Round-Table-Gespräch zum Thema «Souveränität und Zwang: Die Vereinten Nationen im Netz der Machtpolitik» einberufen.

Quelle: https://i-p-o.org/IPO-News_Release-UNITED_NATIONS-Berlin-19Feb2024.pdf

(Übersetzung Zeit-Fragen)

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