Sicherheitsabkommen als Teil des Verhandlungsmandats: Alles nur ein «Fehler»?

mw. Dass die Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, Viola Amherd, die Schweiz an die Nato andocken will, ist nichts Neues. In den Verhandlungen mit der EU schweigen sich Bern und Brüssel jedoch über die militärische Kooperation möglichst aus. Tatsächlich ist diese seit Jahren etabliert.
  In Erinnerung gebracht hat dies kürzlich die «Neue Zürcher Zeitung»: «Amherd und der geheime Geheimplan. Plötzlich ein Sicherheitsabkommen mit der EU – alles nur ein Schreibfehler?» titelte die Inlandredaktion («Neue Zürcher Zeitung» vom 19.3.2024). Sie entdeckte in der Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. März zum Verhandlungsmandat Schweiz-EU ein «Kooperationsabkommen im Bereich Sicherheit». Das VBS redete sich damit heraus, «beim Verfassen der Mitteilung sei es leider zu einem Fehler gekommen». Gemeint gewesen sei ein Kooperationsabkommen im Bereich Gesundheit. Ein Sicherheitsabkommen sei wirklich nicht vorgesehen.
  Das ist die Höhe! Erstens gibt es ein solches Abkommen längst. Und zweitens wird in derselben Medienmitteilung einige Zeilen weiter unten der «Ausbau der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit» angekündigt.

«Vereinbarung zur
 Rüstungszusammenarbeit» mit der
 Europäischen Verteidigungsagentur (EVA) 

Unter den «Bilateralen Abkommen und Kooperationen ab 2004», also zusätzlich zu den Bilateralen I und II, findet man unter anderem die «Vereinbarung zur Rüstungszusammenarbeit» («Framework for Cooperation») mit der Europäischen Verteidigungsagentur (EVA), welche die Schweiz am 16. März 2012 unterzeichnet hat.1 Zwar wird in jedem zweiten Satz betont, die Zusammenarbeit sei «rechtlich nicht bindend», «keine Verpflichtung», die Schweiz entscheide «ad hoc» oder «eigenständig», wo sie sich beteiligen wolle. Inhaltlich steckt allerdings einiges in EVA: «Die Vereinbarung ermöglicht der Schweiz eine multilaterale Zusammenarbeit in sämtlichen Aktivitätsbereichen der EVA wie Forschung, Entwicklung und Rüstung oder auch Ausbildung und Training.» Beispiel: «Bundesrat erteilt Genehmigung für Teilnahme am Helikopter-Übungsprogramm der EVA» (11.12.2020). Der Trick: Weil EVA «rechtlich nicht bindend» ist, musste der Bundesrat das Parlament nicht fragen!

«Ausbau der sicherheitspolitischen
 Zusammenarbeit Schweiz-EU»

Zurück zum Besuch von Bundespräsidentin Viola Amherd in Brüssel am 18. März 2024. Laut Medienmitteilung äusserte sie sich ausgiebig zum Bereich Sicherheit: «Zur Sprache kamen am Montag auch die Lage in Europa, das Engagement der Schweiz und der EU für den Frieden[!] sowie der Ausbau der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit, wie ihn der Bundesrat im September 2022 beschlossen hat. Die Konsultationen Schweiz-EU zu Sicherheit und Verteidigung wurden im November 2023 zu einem strukturierten Dialog aufgewertet.»
  Auch dazu gibt es eine Medienmitteilung (vom 21.11.2023) mit dem Titel «Aussen- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit: Staatssekretär Alexandre Fasel trifft seinen Amtskollegen bei der EU, Stefano Sannino». Anlässlich dieses Treffens «haben die Schweiz und die EU beschlossen, ihren sicherheits- und verteidigungspolitischen Dialog zu verstärken. Alexandre Fasel und sein Amtskollege bekräftigten diese Übereinkunft heute in Brüssel.» Bei den geplanten Konsultationen sollen «alle Bereiche der Sicherheitszusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU» thematisiert und «eine kohärente Weiterverfolgung der verschiedenen Dossiers» (welcher Dossiers?) sichergestellt werden. Ganz nebenbei erfährt der geneigte Leser: «Die Schweiz ist in diesen beiden Regionen [Gaza-Krieg und Ukraine-Krieg] stark engagiert und arbeitet dort eng mit der EU zusammen.» (Hervorhebungen mw)
  Alles nur ein Schreibfehler?  •



1 https://www.eda.admin.ch/europa/de/home/bilateraler-weg/bilaterale-abkommen-nach-2004/zusammenarbeit-eva.html

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