Israels Angriff auf die Grundlagen des Völkerrechts muss Konsequenzen haben

Pressemitteilung einer Gruppe von UN-Sonderberichterstattern* des Menschenrechtsrats, Genf, 30. Dezember 2024

Israel muss sich den Konsequenzen seines Feldzugs stellen, mit dem es den Rechtsrahmen für den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten untergraben hat. Dies erklärte eine Gruppe unabhängiger Menschenrechtsexperten, während der umfassende bewaffnete Angriff auf den Gaza-Streifen und die Zwangsvertreibung der Bevölkerung unvermindert andauern.
  «Wie wir Israel wiederholt in Erinnerung gerufen haben, umfasst das Humanitäre Völkerrecht eine Reihe universeller und verbindlicher Regeln zum Schutz von zivilen Objekten und Personen, die nicht oder nicht mehr direkt an den Kriegshandlungen beteiligt sind, und begrenzt damit die zulässigen Mittel und Methoden der Kriegsführung», so die Experten.
  «Anstatt sich an diese Regeln zu halten, hat sich Israel immer wieder offen über das Völkerrecht hinweggesetzt und der Zivilbevölkerung in den Besetzten Palästinensischen Gebieten und darüber hinaus grosses Leid zugefügt.»
  Die Experten führten die schwerwiegendsten Verstösse Israels an und hoben Verbrechen gegen die Menschlichkeit hervor, darunter Mord, Folter, sexuelle Gewalt und wiederholte Vertreibungen, die einer Zwangsumsiedlung gleichkommen, Kriegsverbrechen, die wahllose Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte umfassen, einschliesslich solcher, die für das Überleben der Zivilbevölkerung unverzichtbar sind, und von Bildungseinrichtungen und Kulturerbe, den Einsatz von Hunger als Kriegswaffe, die gezielte Gewalt gegen Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Gesundheitseinrichtungen, Angriffe auf Mitarbeiter humanitärer Organisationen, willkürliche Beschränkungen des Zugangs zu humanitärer Hilfe sowie Angriffe auf Journalisten, Kollektivstrafen und Perfidie. «Politische und juristische Akteure müssen die Vielzahl solcher Handlungen gegen die gesamte Zivilbevölkerung unter israelischer Besatzung berücksichtigen. Bei ihnen handelt es sich um geschützte Personen, die nach internationalem Recht keine militärischen Ziele sind», so die Experten. «Handlungen, die auf ihre vollständige oder teilweise Vernichtung abzielen, sind völkermörderisch.»
  Die Experten zeigten sich besonders alarmiert angesichts der Ereignisse im nördlichen Gaza-Streifen, wo Israel nach ihrer Auffassung seine Verpflichtungen als Besatzungsmacht schwerwiegend verletzt hat.
  «Die wahllosen Angriffe, die auch Unterkünfte für Binnenvertriebene und das Kamal-Adwan-Krankenhaus sowie dessen Umgebung trafen, und die Verschärfung der Belagerung im nördlichen Gaza-Streifen in den vergangenen drei Monaten stehen im Widerspruch zu Israels rechtlicher Verpflichtung, den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten», so die Experten. «Wir sind bestürzt darüber, dass diese Belagerung in Verbindung mit der Ausweitung von Evakuierungsanordnungen offensichtlich darauf abzielt, die lokale Bevölkerung dauerhaft zu vertreiben, als Vorstufe zur Annexion des Gaza-Streifens, was einen weiteren Verstoss gegen das Völkerrecht darstellt.»
  «Der Internationale Gerichtshof hat die Unrechtmässigkeit der fortdauernden israelischen Präsenz in den Besetzten Palästinensischen Gebieten anerkannt und klargestellt, dass Israel diese vorbehaltlos beenden muss. Er verhängte verbindliche vorläufige Massnahmen gegen Israel, um einen Völkermord in Gaza zu verhindern, gleichzeitig wird vom Internationalen Strafgerichtshof nach dem israelischen Premierminister und dem ehemaligen Verteidigungsminister gefahndet», so die Experten. «Dennoch hat Israel weiterhin keine wirklichen Konsequenzen zu befürchten, was grösstenteils auf den Schutz durch seine Verbündeten zurückzuführen ist, die so weit gegangen sind, sich Israel bei der Delegitimierung internationaler Institutionen und der Verunglimpfung von Mandatsträgern der Sonderverfahren anzuschliessen.»
  Die Experten wiesen erneut darauf hin, dass es dringend notwendig sei, unabhängige und gründliche Untersuchungen von schweren Verstössen gegen das Völkerrecht zu ermöglichen.
  «Israels anhaltende Straffreiheit sendet eine gefährliche Botschaft aus, die suggeriert, dass Parteien in anderen Konflikten auf der ganzen Welt ihren Verpflichtungen gemäss dem Humanitären Völkerrecht nicht nachkommen müssen», sagten sie. «Wir können es uns nicht leisten, die Stärke des multilateralen Systems zu verlieren. Israel und seine Führung müssen zur Rechenschaft gezogen werden.» 

Die Unterzeichner

Paula Gaviria Betancur, Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen; Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 Besetzten Palästinensischen Gebieten; Irene Khan, Sonderberichterstatterin für das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäusserung; Alexandra Xanthaki, Sonderberichterstatterin für kulturelle Rechte; Tlaleng Mofokeng, Sonderberichterstatterin für das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmass an körperlicher und geistiger Gesundheit; Farida Shaheed, Sonderberichterstatterin für das Recht auf Bildung; George Katrougalos, Unabhängiger Experte für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung; Morris Tidball-Binz, Sonderberichterstatter für aussergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen; Michael Fakhri, Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung; Ben Saul, Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus; Margaret Satterthwaite, Sonderberichterstatterin für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten



* Die Sonderberichterstatter gehören zu den sogenannten Sonderverfahren des Menschenrechtsrats. Sonderverfahren, das grösste Gremium unabhängiger Experten im UN-Menschenrechtssystem, ist die allgemeine Bezeichnung für die unabhängigen Untersuchungs- und Überwachungsmechanismen des Rates, die sich entweder mit spezifischen Ländersituationen oder mit thematischen Fragen in allen Teilen der Welt befassen. Die Experten der Sonderverfahren arbeiten auf freiwilliger Basis; sie sind keine UN-Mitarbeiter und erhalten kein Gehalt für ihre Arbeit. Sie sind unabhängig von jeder Regierung oder Organisation und arbeiten nach eigenem Ermessen (Anmerkung der Redaktion).

Quelle: https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/12/israels-assault-foundations-international-law-must-have-consequences-un (Im Originaltext sind die Belege vollständig mit den dazugehörigen Links angegeben.)

(Übersetzung Zeit-Fragen)

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