Fünf Kriege in einem

Der Ukraine-Krieg und die historische Niederlage des Westens

von Patrik Baab

Der Traum ist aus – oder das böse Erwachen Europas

Das Telefonat von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 12. Februar war ein Paukenschlag. Man redet wieder miteinander auf Augenhöhe, ein Treffen in Saudi-Arabien ist geplant. Der US-Präsident erklärte, er könne sich noch vor Ende des Monats mit Putin treffen.1 Am 18. Februar sagte er auf CNN, dass er die Europäer nicht am Verhandlungstisch haben will. Trump wörtlich:
  «Ich werde mit niemandem verhandeln, der den Konflikt verlängern will. Ich werde mit niemandem verhandeln, der weitere Waffen schickt. Ich werde mit niemandem verhandeln, der versucht, weitere Munitionsinitiativen durchzusetzen. Ich werde mit niemandem verhandeln, der versucht, den Konflikt zu verlängern. Ich werde über den Frieden verhandeln, obwohl dieses Wort in der EU offensichtlich stark zensiert wird.»2
  US-Aussenminister Marco Rubio traf seinen russischen Amtskollegen Lawrow in Riad. Die wichtigsten Punkte: 1. Feuerpause, 2. Neuwahlen in der Ukraine, 3. Friedensabkommen. Daneben planen Russland und die USA gemeinsame Energie-Projekte in der Arktis. Die Sanktionen können mit dem Friedensschluss aufgehoben werden. Die diplomatischen Beziehungen werden normalisiert.3 Beide Seiten versuchen, eine direkte Konfrontation zu vermeiden. Rubio erklärte, dass die Europäer schon irgendwann eingebunden würden, sie hätten ja schliesslich Sanktionen verhängt.4 Zur Aufhebung, so viel ist klar, ist Druck aus Washington erforderlich, da in Brüssel ein einstimmiger Beschluss herbeigeführt werden muss.
  Auf der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar wurden, wie mir ein Teilnehmer süffisant berichtete, über Nacht die Reden umgeschrieben. Der Schweizer «Tages-Anzeiger» spricht von einem «radikalen Kurswechsel».5 Medien und deutsche Politiker sprechen von «Verrat».6
  Vieles bleibt derzeit noch vage. Doch eines ist klar: Der Westen hat den Krieg in der Ukraine verloren. Die Kriegstreiber in der Politik prallen auf den harten Boden der Tatsachen, und die verkommenen Propaganda-Medien werden aus ihrer Kriegshysterie herausgerissen wie ein schlafender Betrunkener, der mit einem Eimer kalten Wassers zur Ernüchterung gebracht wird.
  US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat den Wahn beendet, der den Krieg am Laufen gehalten hat. Die wesentlichen Eckpunkte:

  1. Die Ukraine wird die verlorenen Gebiete nicht zurückbekommen. Dies sei ein «unrealistisches Ziel».7
  2. Die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ist vom Tisch.8 Auch dies sei «kein realistisches Verhandlungsergebnis». Damit ist klar: Die Ukraine bleibt neutral.
  3. Die USA gewähren Kiew keine Sicherheitsgarantien. Es wird keine US-Truppen in der Ukraine geben. Sie sehen die Europäer in der Pflicht, nicht die Nato nach Art. 5 des Nato-Vertrages.9 Washington will den Krieg und seine Folgekosten europäisieren.

Damit wird der Ukraine-Krieg mit der historischen Niederlage des Westens enden. Die Russische Föderation geht als Sieger vom Platz. Im grössten und blutigsten militärischen Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es Hoffnung auf Frieden. Noch wird an einer Frontlinie von mehr als 1300 Kilometern überall heftig gekämpft. Allein auf ukrainischer Seite dürften inzwischen 600 000 Soldaten gefallen sein, auf russischer Seite mehr als 100 000.
  Mindestens genauso viele Menschen wurden schwer verletzt, haben Arme und Beine verloren, wurden geblendet und verstümmelt, der Kiefer wurde ihnen weggeschossen; sie bleiben zurück als Krüppel, schwer gezeichnet für des Lebens kläglichen Rest. Diese Schwerverletzten werden auch in der Berliner Charité behandelt.10 Haben Sie da jemals ein Bild gesehen?
  Auch dies ist kognitive Kriegsführung: Der Öffentlichkeit das wahre Gesicht des Krieges vorzuenthalten. Propaganda und Zensur sind zwei Seiten derselben Medaille.11 Die Glocke der Zensur, die den demokratischen Meinungsbildungsprozess zerstört und damit auch der Demokratie irreversiblen Schaden zugefügt hat, ist Teil des Wahns und der Kriegshysterie, in die uns das herrschende Parteienkartell mit seinen Helfershelfern in den Medien hineingeführt hat.
  Heute werde ich versuchen, die geopolitische Lage einzuschätzen. Dabei werfe ich auch einen Blick zurück. Denn wer die Vergangenheit nicht kennt, kann ihre Folgen für die Zukunft nicht ermessen. Dies ist ein Kernproblem der aktuellen europäischen Politik.
  Ich will nicht verschweigen, dass ich dabei in der Politischen Wissenschaft zumindest im deutschsprachigen Raum eine Minderheiten-Position vertrete. Im weltweiten Massstab sieht es allerdings etwas anders aus.12
  Denn die Perspektive, die Sie in den Leitmedien erhalten, ist in weiten Teilen der Nato-Propaganda geschuldet und auf die Nato-Länder unter Führung der USA, auf die EU, Japan, Australien und Neuseeland beschränkt. Diese Länder repräsentieren heute weniger als 20 % der Weltbevölkerung.
  Ich folge in meinen Überlegungen allerdings namhaften und international anerkannten Wissenschaftlern wie dem Geopolitik-Experten Glenn Diesen aus Oslo13, dem Aussenpolitik-Fachmann der Universität Chicago, Prof. John J. Mearsheimer14, und dem US-Ökonomen Prof. Jeffrey Sachs15 von der Columbia-Universität in New York. Weiter stütze ich mich auf den britischen Historiker Richard Sakwa16 und den Schweizer Militäranalysten Jacques Baud17 sowie den französischen Historiker Emmanuel Todd18.
  Ich beginne mit einer Betrachtung der aktuellen Lage im Krieg in der Ukraine und versuche dann, den Hintergrund und die Auswirkungen des Geschehens zu erläutern. 

Die militärische Lage im Ukraine-Krieg

Die Ukraine wird derzeit in diesem grössten europäischen Krieg seit Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört. Das Land hat etwa 20 % seines Territoriums verloren, seine Wirtschaft liegt in Trümmern, Millionen Menschen haben das Land verlassen: Betrug die Zahl der Einwohner 1991 noch 52 Millionen, so ist die Ukraine inzwischen bei 28 Millionen Einwohnern angekommen. Das Land hat Hunderttausende Opfer zu beklagen, und natürlich gibt es Millionen Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge.19 
  Die territorialen Verluste sind schmerzhaft und machen einen Wiederaufbau schwer, weil die Ressourcen aus dem Donbass fehlen werden. Aber die Alternative ist nicht: die in die Russische Föderation aufgenommenen Gebiete zu verlieren oder sie zurückzuerobern, sondern: diese Territorien verloren zu geben oder noch mehr zu verlieren.
  Die amerikanischen und europäischen Vorstellungen, Russland durch den Stellvertreterkrieg in der Ukraine eine strategische Niederlage beizubringen, wirken nun wie Asche im Munde westlicher Politiker. Dieser Stellvertreterkrieg des Nato-Westens gegen Russland auf dem Boden der Ukraine, von dem der frühere britische Premier Boris Johnson gesprochen hat,20 endet in einem Desaster. Der Kreml betrachtet eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine als existentielle Bedrohung, genauso wie die USA auch russische Militärbasen oder Raketen in Mexiko nicht akzeptieren würden. Die Ukraine wird neutral bleiben. Damit hat sich Moskau durchgesetzt.
  Der Versuch, die grösste Atommacht herauszufordern, offenbart nur den Grössenwahn des Westens, die Unfähigkeit, die Kräfteverhältnisse realistisch einzuschätzen. Wieder einmal hat der Schlaf der Vernunft Ungeheuer hervorgebracht. Wir können nun weiterträumen und die normative Kraft des Faktischen als russische Propaganda abtun, aber dies wird nur zu noch mehr Zerstörung führen. Der Realitätsverlust russophober Fanatiker in der politischen und medialen Elite des Westens ist der Hauptgrund für den hohen Blutzoll.
  Die Zahl der Gefallenen und Schwerverletzten, also das, was Briten und Amerikaner «casualties» nennen, hat mit dem 1. September 2024 auf ukrainischer Seite die Millionengrenze überschritten. Die tatsächlichen Zahlen sind auf beiden Seiten streng geheim. Aber man kann aus der Auswertung der Todesanzeigen und Nachrufe entsprechende Rückschlüsse ziehen. Danach waren bereits Anfang September mehr als 500000 ukrainische Soldaten gefallen.21 Andere Schätzungen gingen bereits Mitte 2024 von 650 000 Gefallenen aus.22 Der ehemalige CIA-Analyst Larry Johnson beziffert die Gefallenen auf insgesamt 1,2 Millionen, zählt man die Schwerverletzten dazu, kommt er auf drei Millionen, eine ganze Generation junger Ukrainer. 22a
  Nicht ganz so hoch sind die Zahlen auf russischer Seite. Das regierungskritische, von dem Oligarchen Chodorkowski finanzierte Portal Mediazona hat ebenfalls Nachrufe und Todesanzeigen ausgewertet. Seine Analysten kamen am 13. September 2024 auf 69 059 Gefallene, wobei noch 19 547 Söldner der privaten Militär-Firma Wagner dazukommen, die allein im Fleischwolf von Bachmut getötet wurden – wie man aus der Statistik der Hinterbliebenenzahlungen weiss.23 Dies ergibt eine Todeszahl von etwa 90 000, rechnet man die Gefallenen der Milizen von DNR und LNR dazu, ergibt sich eine Zahl von etwa 120 000.24 Das starke Gefälle zu Lasten der Ukraine ist begründet in der – je nach Frontabschnitt – fünf- bis zehnfachen Überlegenheit der Russen an Artillerie, Raketen und Drohnen. Militäranalysten schätzen das Verhältnis der Gefallenen auf 8:1 zuungunsten der Ukraine.25 Das UN-Hochkommissariat hat bis Ende Dezember 2024 mindestens 12 456 Todesopfer unter der Zivilbevölkerung erfasst, darunter mindestens 669 Kinder.26
  Die Kursk-Offensive, die begann mit der Planung der Nato, entpuppt sich als Sackgasse für die Amerikaner und ihre Nato-Satrapen. Was noch vor wenigen Jahren für mich unvorstellbar war: Wieder stehen deutsche Panzer an den Stätten eines deutschen Vernichtungskrieges mit mehr als 27 Millionen toten Sowjetbürgern. Die Ukraine hat mit dem Vorstoss bei Kursk versucht, eine neue Front zu eröffnen, um die Russen zu zwingen, Truppen vor Donezk abzuziehen und damit den russischen Vormarsch zu verlangsamen. Zweitens ging es um ein Faustpfand für mögliche Verhandlungen. Drittens wollte sie einen PR-Erfolg erzielen, dem Westen zeigen, dass die Initiative nicht verlorengegangen ist, um neue Unterstützung zu mobilisieren. Viertens ging es um den Versuch, mit einem Vabanque-Spiel den Westen zu einer direkten Beteiligung zu zwingen, damit die Front im Donbass nicht zusammenbricht und für die Russen der Weg nach Dnipro offen ist.27 Fünftens, so schätzt es der frühere höchste Offizier der Nato, General Harald Kujat ein, zielte die ukrainische Offensive darauf ab, das Kernkraftwerk Kursk einzunehmen und damit ein nukleares Erpressungspotential zu gewinnen. Dieser Versuch ist gescheitert.28 Zurück bleiben allein auf ukrainischer Seite – je nach Schätzung – zwischen 35 000 und 55 000 Gefallene.29
  Die Kampfmoral der ukrainischen Truppen ist am Boden. Allein in den ersten vier Monaten des vergangenen Jahres wurden 19 000 Verfahren wegen Fahnenflucht eingeleitet.30 Die Annäherung zwischen Trump und Putin haben Frust und Resignation in den Eliten verstärkt, da Kiew bei Friedensgesprächen genauso wie die Europäer bestenfalls am Katzentisch sitzen wird. Andererseits richtet sich die Hoffnung der Bevölkerung auf ein Ende des Sterbens.31
  Die überdehnte ukrainische Front steht vor dem Zusammenbruch, wenn die russische Armee den Eisenbahnknotenpunkt Pokrowsk westlich Donezk vollständig einnimmt. Denn dahinter ist Steppe – und damit nichts mehr, was die Infanteristen vor den beständigen Drohnenangriffen schützen könnte. 
  Man kann die Lage-Beurteilung so zusammenfassen: Die Ukraine wurde zur Schlachtbank geführt. Deutschland ist der grösste ökonomische Verlierer. Wir alle werden die Zeche zahlen. Aber es geht um viel mehr. Wir sind Augenzeugen der Ur-Katastrophe des 21. Jahrhunderts: einer neuen ukrainischen Teilung; einer selbstverschuldeten Niederlage der Nato; einer tektonischen Verschiebung in der Geopolitik; eines weltweiten Wirtschaftskrieges und eines globalen Angriffs des Raubtier-Kapitalismus auf abhängig Beschäftigte und Mittelstand. Dieser Krieg wird das Leben der Menschen in ganz Europa noch auf viele Jahrzehnte hinaus beeinflussen. Der Frieden kommt uns noch teurer zu stehen als der Krieg.

  Susan Watkins von der britischen Leeds Becket University hat in der September-Oktober-Ausgabe 2022 des New Left Review einen Artikel mit dem Titel «Five Wars in One» geschrieben. Darin behandelt sie die Dimensionen des Ukraine-Krieges. Sie gewinnt ihr analytisches Instrumentarium in der Betrachtung des Zweiten Weltkrieges als Krieg imperialistischer Mächte; als Abwehrkampf der Sowjetunion gegen den deutschen Überfall; den antikolonialistischen Befreiungskrieg Chinas gegen Japan und die anschliessende soziale Revolution; den antikolonialistischen Befreiungskampf in Indochina, Burma, Malaysia, Indonesien, Indien und den Philippinen; den Partisanenkrieg gegen die Nazis und die Hitler-Wehrmacht in Jugoslawien, Albanien, Griechenland, Weissrussland, der Ukraine, Frankreich und Italien.32
  Diese Überlegungen haben mich inspiriert, über die fünf Kriege in der Ukraine nachzudenken. Aber ich gliedere sie anders, als es Susan Watkins getan hat:

  1. Der ukrainische Bürgerkrieg nach dem Staatsstreich auf dem Maidan
  2. Der ukrainisch-russische Bruderkrieg zwischen der Putschregierung in Kiew einerseits und den Republiken Lugansk und Donezk ab April 2014 sowie ab 24. Februar 2022 der Russischen Föderation andererseits
  3. Der geostrategische Krieg um die Vormachtstellung der USA
  4. Der globale Wirtschaftskrieg und der Selbstmord Europas
  5. Der Krieg gegen die Bevölkerung der westlichen Industrienationen

Wer nichts weiss, muss viel glauben. Von der Ukraine wissen die Menschen in Deutschland meist wenig. Genau hier setzt die Propaganda an. Lassen Sie dabei zunächst einmal das hinter sich, was Ihnen die Leitmedien tagtäglich vorsetzen. Folgen Sie mir einen Augenblick im Versuch, die Propaganda der Presse von den Tatsachen zu trennen. Denn es gibt, wie sich Franz Josef Strauss einmal ausgedrückt hat, «eine normative Kraft des Faktischen, aber keine faktenersetzende Kraft des Phraseologischen».

Der ukrainische Bürgerkrieg nach
 dem Staatsstreich auf dem Maidan

Westliche Beobachter sehen die Ereignisse auf dem Maidan in Kiew im Winter 2013/2014 als einen Scheideweg zwischen einer Diktatur nach dem Vorbild von Belarus oder dem Sturz des Präsidenten Janukowitsch. Sie betrachten den Maidan als Revolution, als Transformation von unten, die zu einer Demokratie mit mancherlei Mängeln geführt habe, in der aber «volle Meinungsfreiheit herrscht».
  Wenn die Augenzeugen vom Maidan, mit denen ich gesprochen habe, dies hören, können sie nur sarkastisch lachen. Denn die Wahrheit klingt ganz anders. Wer aber die Wahrheit über den Maidan in Deutschland berichtet, wird zensiert, mit Berufsverbot belegt und wird – mit Duldung deutscher Behörden und der deutschen Justiz – vom ukrainischen Geheimdienst bedroht. Mit allen drei Massnahmen werde auch ich überzogen.
  Über die tatsächlichen Ereignisse schreibe ich in meinem Buch «Auf beiden Seiten der Front». Zusammen mit Régis Le Sommier33 gehöre ich zu den wenigen, die auf beiden Seiten dieses Krieges recherchiert haben.34 In der Folge wurde ich von T-Online und von meinem eigenen Sender, dem NDR, als Wahlbeobachter Putins bei den Referenden im Donbass im September 2022 hingestellt, der NDR wollte arbeitsrechtliche Schritte einleiten, und der ukrainische Geheimdienst setzte mich auf die Todesliste «Mirotworez». In Deutschland steht heute die Wahrheit unter Strafe, die Presse ist zur Propaganda-Kompanie der Nato verkommen, und das akademische Prekariat präsentiert sich als Träger der Zensur.
  Wer es vorzieht, eine wissenschaftliche Studie zu Rate zu ziehen, dem empfehle ich die Studie von Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa. Auf Grund gründlicher Auswertung der Obduktionsberichte, der Gerichtsprotokolle, der Augenzeugenberichte und der ballistischen Untersuchungen kommt er zu dem Ergebnis, dass die Morde auf dem Maidan eine Inszenierung ukrainischer Faschisten und westlicher Regierungen waren, um eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen und einen prowestlichen Regimewechsel herbeizuführen.35 Er sieht im Geschehen auf dem Maidan 2014 die Ursache für den Beginn des Bürgerkriegs im Donbass, für die russischen Interventionen auf der Krim und im Donbass, für den Anschluss der Krim an Russland und die Eskalation des Konflikts zwischen Russland und dem Westen mitsamt dem Einmarsch und dem Krieg mit der Ukraine seit 2022.
  Demonstranten wurden in sogenannten Tech Camps von US-Nichtregierungsorganisationen und der US-Botschaft auf die Organisation von Massenprotesten über die Sozialen Medien vorbereitet. Nichtregierungsorganisationen wurden von USAID, US-Stiftungen sowie polnischen und litauischen Diplomaten bezahlt. Die Demonstranten erhielten Thermo-Unterwäsche, Essen, Zelte, Heizkörper, Tischtennisplatten. Sie wurden im 14tägigen Wechsel auf den Maidan gebracht und wieder abgelöst. Für ihre Anwesenheit erhielten sie Geld in Höhe des doppelten Durchschnittslohns. Die Waffen auf dem Maidan stammten aus der Plünderung polizeilicher Waffenlager in der West-Ukraine, namentlich Lwow und Iwano-Frankiwsk, wo die rechtsextreme Swoboda-Partei besonders stark war. Der US-Historiker Nikolai N. Petro hat dargelegt, dass Rechtsextremisten und Faschisten in der Westukraine die Entfesselung eines Bürgerkriegs planten, falls der Putsch auf dem Maidan nicht zum gewünschten Ziel, dem Sturz des Präsidenten Janukowitsch und seiner Regierung führen sollte.
  «Während des Maidan», so Nicolai Petro, «häufte der Rechte Sektor ein grosses Arsenal an Waffen an und versammelte ungefähr 10000 Kämpfer. Die Aufstellung von Freiwilligenbataillonen war keine Antwort auf einen russischen Einmarsch, sondern spiegelte die vorangegangene Überlegung wider, dass Gewalt nötig sein würde, den Umsturz zu konsolidieren und zu verteidigen. Wie es der Sprecher des Rechten Sektors unmittelbar vor Janukowitschs Amtsenthebung ausdrückte, ‹unsere Gruppe ist vollständig dazu in der Lage, einen Bürgerkrieg durchzukämpfen›.»36 Das bedeutet: Auch im Falle eines Scheiterns auf dem Maidan waren galizische Ultranationalisten bereit, mit Waffengewalt einen Umsturz zu erzwingen.
  Wie stark die Unterstützung des Westens für die Putschisten auf dem Maidan war, belegt nicht nur das abgehörte und am 4. Februar 2014 veröffentlichte Telefonat zwischen Victoria J. Nuland, Staatssekretärin für Europa und Eurasien im US-Aussenministerium, und dem Botschafter der USA in der Ukraine Geoffrey R. Pyatt. Abgesehen von der Abwertung der Europäer – «Fuck the EU» – machte das Gespräch deutlich, dass Washington auf einen Umsturz hinarbeitete und den Oppositionsführer Jazenjuk an die Macht bringen wollte. Bereits am 13. Dezember 2013 erklärte Nuland vor der US-Ukraine-Stiftung, die USA hätten mehr als 5 Milliarden Dollar in die Kräfte des Umsturzes investiert. Nähere Informationen gab Nuland bei einer Befragung im US-Kongress am 9. Mai 2014, bei der auch das Auftreten von Faschisten auf dem Maidan zur Sprache kam.37
  Nach russischen Angaben flossen dem Maidan wöchentlich allein an direkten Geldmitteln 20 Millionen Dollar zu. Dabei waren die USA und die EU kontinuierlich in Kontakt mit Rechtsextremisten und Faschisten. Ivan Katchanovski berichtet, dass wie auf dem Basar die Zahl der Morde verhandelt worden sei, die man für erforderlich hielt, damit die westlichen Regierungen den gewählten Präsidenten Janukowitsch zwingen, sein Amt aufzugeben. Man einigte sich auf etwa 100, und so kam es auch.38 Eine solche Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates verletzt das Interventionsverbot und ist damit völkerrechtswidrig.
  Damit begann die erste Phase des Ukraine-Krieges – die Bürgerkriegs-Phase. Bereits Mitte März 2014 waren auf ukrainischer Seite US-Söldner der Sicherheitsfirma Academi, vormals Blackwater, im Donbass aktiv. Damit waren die USA vom ersten Augenblick an beim Konflikt im Donbass dabei. Die Entsendung von Söldnern verletzt das Gewaltverbot nach Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta und ist damit völkerrechtswidrig.
  Die Welle der Gewalt auf dem Maidan, der gewaltsame Umsturz und marodierende ultranationalistische und rechtsextremistische Horden in der gesamten Ukraine führten dazu, dass die russischstämmige Bevölkerung in der Ostukraine zusammen mit der örtlichen Polizei und übergelaufenen ukrainischen Soldaten Selbstverteidigungs-Milizen aufbaute und eigene staatliche Strukturen schuf. Ab Mitte April 2014 wurden sie unterstützt von Freiwilligen um den ehemaligen FSB-Offizier Igor Girkin, genannt «Strelkow» – insgesamt 52 Mann. Als Reaktion auf die Beteiligung von US-Söldnern schickte der russische Generalstab Söldner des «Slavianski Korps», das den Aufständischen beispringen sollte. Wagner wurde nach Angaben des US-Militäranalysten Scott Ritter am 1. Mai 2014 in Donezk gegründet.39
  Bereits im April startete die Zentralregierung in Kiew die sogenannte Antiterror-Operation gegen die Aufständischen im Donbass. Am 6. April 2014 ordnete der ukrainische Übergangspräsident Aleksandr W. Turtschinow die Einrichtung eines «Antikrisenstabes» an, um «gegen alle mit antiterroristischen Massnahmen vorzugehen, die eine Waffe in die Hand nehmen […]»40 Dies stand in Zusammenhang mit der Besetzung von Verwaltungsgebäuden in Charkow, Donezk und Lugansk durch prorussische Aktivisten. Der 6. April markiert also den Beginn des Krieges im Donbass durch die Putschregierung in Kiew. Am 2. Mai und am 8. Mai 2014 kam es in Odessa und Mariupol zu Massakern durch rechtsextremistische Paramilitärs.
  Am 7. und am 27. April 2014 riefen die Separatisten in Donezk und Lugansk eigene Volksrepubliken aus. Im Mai 2014 führten die Aufständischen in den von ihnen beherrschten Gebieten Referenden über eine weitgehende Unabhängigkeit bzw. die Selbständigkeit durch. Putin hatte davon abgeraten. Solche Sezessionen sind völkerrechtlich umstritten, aber durch die Charta der Vereinten Nationen und durch das Völkerrecht grundsätzlich auch gegen den Willen des Mutterlandes rechtlich möglich. So nahm der Internationale Gerichtshof in Den Haag am 22. Juli 2010 zur einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo Stellung: Der Präsident erklärte: «Das internationale Recht kennt kein Verbot von Unabhängigkeitserklärungen.»41
  Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg wurde also nicht ausgelöst durch die Russische Föderation im Februar 2022, sondern durch die Ukraine im April 2014. Bis Ende 2021 waren nach Angaben internationaler Organisationen dabei mehr als 14 000 Menschen getötet worden, darunter 3400 Zivilisten.42 Die OSZE gelangte zu dem Urteil, dass 75 % der zivilen Opfer auf das Konto der ukrainischen Armee gingen.43 Dies stellt einen Völkermord dar und ist nach der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords von 1948 ein Straftatbestand.44
  Putin erkannte die Republiken Donezk und Lugansk bis Februar 2022 nicht an. Offensichtlich wollte er sich nicht tiefer in den Konflikt hineinziehen lassen. Allerdings unterstützte Russland die Separatisten logistisch, wirtschaftlich und mit Waffenlieferungen. Das Ausmass direkter militärischer Beteiligung ist nicht geklärt. Der Militäranalyst Jacques Baud geht davon aus, dass es kein Eingreifen regulärer russischer Verbände gegeben habe.45
  Umgekehrt rüstete die Nato die Ukraine seit dem Putsch auf dem Maidan massiv auf. Durch gemeinsame Militärmanöver und US-Ausbilder sollte möglichst schnell «Inter-Operabilität» erreicht werden. Zum Sinn dieser Massnahmen hier ein paar Stimmen:

  Pierre de Gaulle, Enkel des französischen Präsidenten General Charles de Gaulle: Der Krieg «wurde durch den Willen der Amerikaner und der Nato ausgelöst, und er wird von der Europäischen Kommission weitgehend aufrechterhalten».
  Alain Juillet, Chef des französischen Auslandsgeheimdienstes DGSE unter Präsident Jacques Chirac, sagt, die Amerikaner hätten den Krieg provoziert: «Ganz klar.» Seit 2014 hätten sie alles dafür getan, dass Russland in den Krieg schlittert. Die Nato habe sich mit der Ukraine zusammengetan, «um Krieg gegen Russland zu führen. Ohne die Nato wäre die Ukraine tot».
  Günter Verheugen, langjähriger EU-Kommissar und 2004–2010 Vizepräsident der Europäischen Kommission: Im Ukraine-Krieg «geht es nicht darum, was für die Ukraine das Beste ist. Es geht vielmehr um die strategische Schwächung Russlands».46

Bruderkrieg:
 der ukrainisch-russische Konflikt

Am 21. Februar 2022 hat Russland die neu entstandenen Staaten DNR und LNR anerkannt. Dabei sah sich Moskau im Einklang mit dem Völkerrecht. Mit anerkannten Staaten können völkerrechtlich verbindliche Verträge abgeschlossen werden, auch über gegenseitige Beistandsverpflichtungen. Damit gab auch Moskau die Abkommen Minsk I und Minsk II auf, die nach Darstellung der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel und des früheren französischen Präsidenten Hollande lediglich dazu gedient hatten, der Ukraine Zeit zur Aufrüstung zu verschaffen. Sie waren durch UN-Beschluss völkerrechtlich verbindlich. Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr General Harald Kujat spricht deshalb von einem eindeutigen Bruch des Völkerrechts.47
  Der frühere US-Waffeninspektor Oberst a.D. Scott Ritter bewertet: «[…] die Ukraine und ihre westlichen Partner kauften einfach Zeit, bis die Nato ein ukrainisches Militär aufbauen konnte, das den Donbass in seiner Gänze einnehmen und Russland von der Krim vertreiben konnte.»48
  Allerdings gibt es auch direkte Ursachen für den Beginn der zweiten Phase des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022. Die ukrainische Truppenstärke im Donbass betrug 2015 121 500 Mann. Bis Februar 2022 wuchs die Zahl der Soldaten auf 209 000 Mann. Mit den Reservisten hatte die Ukraine 1 198 600 Mann unter Waffen.49 Der frühere US-Aussenminister Antony Blinken machte im Dezember in einem Interview mit dem New York Times Magazine deutlich, dass die USA mit einem Krieg gerechnet und deshalb die Ukraine im September und Dezember 2021 heimlich massiv aufgerüstet haben.50 Damit hat die Biden-Administration den Krieg bewusst herbeigeführt, statt auf das Verhandlungsangebot des Kremls einzugehen. Ukrainische Militärs berichten, dass die Ukraine einen Angriff auf den Donbass geplant hat.51
  Bereits am 20. September 2018 stimmte das ukrainische Parlament Verfassungsänderungen zu, die den Beitritt des Landes zu Nato und EU zum wichtigsten aussenpolitischen Ziel machen sollten. Am 7. Februar 2019 wurde der Nato-Beitritt in der Verfassung verankert – ein klarer Verstoss gegen die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine von 1992 und des Budapester Memorandums von 1994.51a Ab 2014 verabschiedete die Ukraine Sprachengesetze, die das Verbot russischer Filme und der Einfuhr russischer Schriften vorsahen, Sprachquoten für Sender einführten, die Verwendung des Russischen an Schulen schrittweise abschaffen und alle Bereiche des staatlichen und öffentlichen Lebens auf die ukrainische Sprache verpflichten sollten. Alle diese Massnahmen waren völkerrechtswidrig.52 Inzwischen sind Denkmäler und Strassennamen russischer Dichter und Denker durch die Namen von Faschisten wie Stepan Bandera ersetzt, Bücherverbrennungen finden statt.
  Am 24. März 2021 unterschrieb Präsident Selenski eine neue Militärdoktrin, die Russland zum Hauptfeind erklärte und auf die Rückeroberung der Krim und des Donbass hinauslief. Daraufhin zog auch Russland Streitkräfte an den Grenzen zur Ukraine zusammen. Am 31. August 2021 schlossen die USA und die Ukraine ein Strategisches Verteidigungsabkommen. Es folgte am 10. November 2021 ein bilaterales Abkommen über strategische Partnerschaft mit einer scharfen antirussischen Stossrichtung. Am 15. Dezember 2021 startete Moskau einen letzten Versuch zur Verhinderung der Eskalation. Konkret schlug Russland ein Abkommen in einem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag vor, das vom Prinzip der unteilbaren Sicherheit ausgeht, den Verzicht auf die Nutzung fremder Territorien, um einen Überfall auf die USA oder Russland zu beginnen; Verzicht auf die Durchführung militärischer Handlungen der Nato in der Ukraine, Verzicht auf eine weitere Ausdehnung der Nato nach Osten und Verzicht der Nato auf die Stationierung von Waffen und Militär in jenen Ländern, die das Bündnis nach 1997 aufgenommen hat.
  Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am 7. September 2023 vor dem Europäischen Parlament, Putin habe im Herbst 2021 einen Vertragsentwurf geschickt, «den sie von der Nato unterzeichnen lassen wollten, den Verzicht auf weitere Nato-Erweiterungen zu versprechen […]. Und das war eine Voraussetzung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Das haben wir natürlich nicht unterschrieben […]. Also zog er in den Krieg, um die Nato, noch mehr Nato, in der Nähe seiner Grenzen zu verhindern.»53 Stoltenberg benennt hier den wahren Kriegsgrund: Die Ost-Erweiterung der Nato gegen alle anderslautenden Zusagen.
  Entscheidend für den russischen Einmarsch im Februar 2022, so der Politologe John J. Mearsheimer von der Universität Chicago, sind die USA und die Nato. Er schreibt, «dass die USA und ihre Verbündeten den Krieg provoziert haben. Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist und den Krieg begonnen hat. Die Hauptursache des Konflikts ist jedoch die Entscheidung der Nato, die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen, was praktisch von allen russischen politischen Führern als existentielle Bedrohung angesehen wird, die beseitigt werden muss. Die Nato-Erweiterung ist jedoch Teil einer umfassenderen Strategie, die darauf abzielte, die Ukraine zu einem westlichen Bollwerk an der Grenze zu Russland zu machen. Kiew in die Europäische Union (EU) zu bringen und eine Farbrevolution in der Ukraine zu fördern – sie also in eine prowestliche liberale Demokratie zu verwandeln – sind die beiden anderen Säulen dieser Politik. Die russische Führung fürchtet alle drei Säulen, aber sie fürchtet die Nato-Erweiterung am meisten. Um dieser Bedrohung zu begegnen, hat Russland am 24. Februar 2022 einen Präventivkrieg begonnen.»54
  Dafür nennt er sieben Gründe: 1. Es gibt keine Beweise aus der Zeit vor dem 24. Februar 2022, dass Putin die Ukraine erobern wollte; 2. Es gibt keine Beweise, dass er eine Marionettenregierung in Kiew einsetzen wollte; 3. Er hatte nicht annähernd genug Truppen – lediglich 190 000 Mann –, um die Ukraine zu erobern; 4. Putin versuchte in den Monaten vor Kriegsbeginn, eine diplomatische Lösung für die Krise zu finden, was Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigt hat; 5. Unmittelbar nach Kriegsbeginn wandte sich Moskau an Kiew, um Verhandlungen zur Beendigung des Krieges aufzunehmen, die dann in Belarus und Istanbul tatsächlich stattgefunden haben, aber vom Westen gestoppt wurden; 6. Abgesehen von der Ukraine, gibt es nicht den geringsten Beweis, dass Putin weitere osteuropäische Länder angreifen wollte; 7. Kaum jemand im Westen hat vor Kriegsbeginn behauptet, Putin habe seit seinem Machtantritt imperiale Ambitionen gehabt.
  Noch einmal der französische Historiker Emmanuel Todd: Die Ukraine «wurde aufgerüstet, um Russland anzugreifen. Putins Angriff war eine defensive Invasion […]. Wenn die Nato darauf verzichtet hätte, die Ukraine zu einem Teil ihres militärischen Dispositivs zu machen, hätte es diesen Krieg nicht gegeben.»55 Wir haben es also zu tun mit einem Stellvertreter-Krieg, der geostrategische und ökonomische Ursachen hat.

Phönix im Sturzflug: der geostrategische
Krieg um die Vormachtstellung der USA

Von Anfang an waren die USA, die Nato und die EU im Krieg in der Ukraine mit dabei. Das zeigt nicht nur die westliche Beteiligung am Maidan, sondern schon die sogenannte Orangene Revolution 2004. Bereits in der Ära des Präsidenten Juschtschenko war die Kumpanei des Westens mit ukrainischen Faschisten auffällig.56 Es ging darum, die Ukraine mit allen Mitteln in den westlichen Orbit hineinzuziehen, Russland einzukreisen und einen Regimewechsel in Moskau zu bewirken sowie neue Absatzmärkte, verlängerte Werkbänke und Rohstofflager zu erschliessen.57
  Die Vereinigten Staaten haben jahrelang alles versucht, die Ukraine als Rammbock gegen Russland aufzubauen. Dazu gehört auch die Präsenz der CIA im Donbass mit mindestens zwölf geheimen Standorten.58 Die Hochrüstung der Ukraine dauerte auch während der ersten Amtszeit von Donald Trump als Präsident von 2017 bis 2021 an. Damit ist dies auch Trumps Krieg.
  Washington und London haben mit dem Putsch auf dem Maidan einen Bürgerkrieg bewusst in Kauf genommen, den Krieg gegen die separatistischen Republiken begleitet und orchestriert und nach dem russischen Einmarsch einen möglichen Frieden im Frühjahr 2022 verhindert.59 Damit sind sie mitverantwortlich für Hunderttausende Tote. Unterm Strich ist die Strategie des Westens, die Ukraine für einen Regimewechsel in Moskau zu opfern, gescheitert.
  Heute werden wir Zeugen einer tektonischen Verschiebung in der Geopolitik. Vor diesem Hintergrund wirkt die Strategie von Präsident Donald Trump paradoxerweise wie die Fortsetzung der US-Politik mit anderen Mitteln. Die Veränderungen in der Washingtoner Administration verschieben den Fokus imperialer Ausbeutungs- und Beherrschungsstrategien von den Konkurrenten zu den Satrapen: Die Ukraine soll gezwungen werden, Seltene Erden im Wert von 500 Milliarden Dollar abzugeben; die EU soll die Kriegsfolgekosten alleine bezahlen; Dänemark muss akzeptieren, dass Washington auf das rohstoffreiche und strategisch wichtige Grönland zugreift; Trump überlegt öffentlich, Panama wieder zu besetzen; die nationale Selbständigkeit Kanadas wird in Frage gestellt; ein Trump nahestehender Investor kündigt an, die Nordstream-Pipeline aus dem Insolvenzverfahren aufzukaufen, was den USA die Kontrolle der deutschen Energieversorgung ermöglichen würde. Washington festigt seinen Machtbereich, verzichtet auf den Rest der Welt und konzentriert sich auf den Hauptrivalen China.
  Ein Rückblick: Am 9. Februar 2007 warnte Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz, auf Kosten Russlands und der meisten anderen Staaten der Erde eine unipolare Weltordnung des Westens unter Führung der USA zu errichten: «Ich denke, dass für die heutige Welt das monopolare Modell nicht nur ungeeignet, sondern überhaupt unmöglich ist. Nicht nur, weil für eine Einzelführerschaft in der heutigen, gerade in der heutigen, Welt weder die militärpolitischen noch die ökonomischen Ressourcen ausreichen. Aber was noch wichtiger ist – das Modell selbst erweist sich als nicht praktikabel, weil es selbst keine Basis hat und nicht die sittlich-moralische Basis der modernen Zivilisation sein kann.»60 
  Die Rede von Putin vor 18 Jahren markierte die erste klar formulierte Absage an das unipolare System unter US-Vorherrschaft. Dieses Konzept des Unilateralismus wurde nach dem Ende des Kalten Krieges mit dem Zusammenbruch des Sowjetsystems entwickelt und von Paul Wolfowitz als erstem ab 1990 formuliert.61 In München hat Russland 2007 den Beginn einer geopolitischen Revolution ausgelöst. Andere Staaten wie China, Indien, Brasilien und Südafrika schlossen sich an und bilden heute eine Gruppe, die eine multipolare Welt anstrebt. Der Krieg in der Ukraine und die Niederlage des Westens wurden zum Katalysator dieses Prozesses.62
  Die eigentliche Kriegsursache sehen Historiker allerdings im Niedergang des Westens und vor allem der USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sie noch für 45 % der weltweiten Industrieproduktion, heute nur noch für maximal 27 %. Im Jahr 2000 wurden noch 66 % des Welthandels in Dollar abgewickelt, 2022 waren es nur noch 47 %, im ersten Trimester 2023 waren es nur noch 40 %. Gleichzeitig sanken die Devisenreserven in Dollar in 20 Jahren von 71 % auf 60 %. Im Jahr 2022 galten von 340 Millionen US-Amerikanern 140 Millionen als arm oder geringverdienend.
  Ähnliches gilt für den gesamten Westen: 1980 hatte der Westen einen Anteil an der Weltwirtschaft von 80 %, und der Rest der Welt trug 20 % bei. Heute haben die aufstrebenden Länder einen Anteil an der Weltwirtschaft von knapp 70 %, der Westen hat gerade mal noch gut 30 %.63
  Emmanuel Todd: «Falls Russland gewinnt, bricht das imperiale System der Vereinigten Staaten zusammen […]. Wenn Russland überlebt, den Donbass und die Krim behält, wenn seine Wirtschaft weiterhin funktioniert und es seine Handelsbeziehungen neu gestalten kann, mit China und Indien, – dann hat Amerika den Krieg verloren. Und in der Folge wird es seine Alliierten verlieren. Deshalb werden Amerika und die Nato weitermachen […]. Seine hauptsächliche Ursache ist die Krise des Westens […]. Der Westen hat seine Werte verloren und befindet sich in einer Spirale der Selbstzerstörung […]. Russland ist im Begriff, sich als kulturell konservative, in technischer Hinsicht fortschrittliche Grossmacht neu zu bestimmen.»64
  Der norwegische Historiker Glenn Diesen schreibt: «Der Ukraine-Krieg war eine vorhersehbare Konsequenz einer nicht nachhaltigen Weltordnung und wurde ein Schlachtfeld für das Ringen um die künftige Weltordnung zwischen globaler Hegemonie oder einer westfälischen multipolaren Welt [bezogen auf den Westfälischen Frieden 1648]. Das Ziel, Russland militärisch, wirtschaftlich oder politisch niederzukämpfen durch eine globale Isolierung, ist gescheitert. Die Nato reagierte mit kontinuierlicher Eskalation und Theatralik. Da es eine anerkannte Tatsache ist, dass die Ukraine zunehmend zugrunde gerichtet wurde durch unvorstellbares Leid und ihre militärischen Ziele nicht erreicht wurden, ist die einzige mögliche Konfliktlösung für den Westen, Russlands legitime Sicherheitsinteressen anzuerkennen und so das Sicherheitsdilemma zu entschärfen. Die Schwierigkeiten dabei erwachsen daraus, dass dies die Ära der liberalen Hegemonie beenden würde.»65
  Bereits 2016, also lange vor dem Einmarsch der Russen und mitten im Krieg der Ukraine gegen die Separatisten-Republiken, hat der britische Historiker Richard Sakwa in seinem Buch «Frontline Ukraine» davon gesprochen, der Krieg in der Ukraine sei der «Selbstmord Europas».66 Die europäische Integration hat sich als Wunschtraum herausgestellt. Konfrontiert mit der Aufgabe, die Wunden des Kalten Krieges zu heilen und den Grundstock eines geeinten Kontinents zu errichten, ist die EU spektakulär gescheitert. Die Europäische Union degenerierte zur Geldbeschaffungsmaschine der Nato. Nun darf sie weitermachen als Bankrotteur.
  Inzwischen wird in den Vereinigten Staaten schon offen darüber gesprochen, dass die Europäer für die Kriegsfolgen aufkommen müssen. Die Weltbank schätzt die Kosten des Wiederaufbaus auf 411 Milliarden Dollar.67Bloomberg spricht gar von einer Billion Dollar.68 Dies würde die Etats der Europäischen Union dem Institut der Deutschen Wirtschaft zufolge mit einer dreistelligen Milliardensumme belasten: Bezogen auf das derzeitige mehrjährige Budget von 2021–2027 schätzen die Experten die entstehenden Kosten auf rund 130 bis 190 Milliarden Euro; und der Krieg ist noch nicht zu Ende.69 Deutschland ist der grösste Netto-Zahler der EU. Damit werden die Kosten des Krieges und die Lasten des Wiederaufbaus beim deutschen Steuerzahler ankommen. 
  Bereits jetzt hat Deutschland knapp 150 Milliarden Euro für den Krieg in der Ukraine ausgegeben, Geld, das bei Bildung, Renten, Gesundheit, Infrastruktur, Wohnungsbau und im Sozialbereich fehlt.70 Massive Einschnitte im sozialen Bereich werden die Folge sein. Die erforderlichen Milliarden zur Durchfinanzierung von Schulen und Universitäten werden fehlen. Die Qualifikationslücke insbesondere beim akademischen Nachwuchs wird zunehmen, wir bewegen uns hin in ein «Zeitalter der Idiotie», wie mein Freund Ramon Schack ein Buch genannt hat. Die Infrastruktur wird schleichend zerfallen. Schon heute sind tausende Brücken in Deutschland marode, es fehlt an Investitionen in Strassen und Schienen. Dies erhöht die Logistikkosten der Unternehmen und erschwert die Suche nach gutem Nachwuchs.
  An anderer Stelle bekräftigt Emmanuel Todd seine Auffassung, dass Russland einen «defensiven und präventiven Krieg» führt: «Dieser Krieg ist […] für die Vereinigten Staaten existentiell geworden. Genauso wenig wie Russland können sie sich aus diesem Konflikt zurückziehen, sie können nicht loslassen. Deshalb befinden wir uns jetzt in einem endlosen Krieg, in einer Konfrontation, deren Ergebnis der Zusammenbruch des einen oder des anderen sein muss.»71
  Der Chef des US-Aussenamtes Marco Rubio hat nun klar einen Kurswechsel Washingtons formuliert, in einem Interview, das sich auch auf der Seite des Foreign Office in voller Länge findet und dem deshalb programmatischer Charakter attestiert werden kann:
  «Ich denke, das westfälische System souveräner Staaten ging am Ende des Kalten Krieges verloren, weil wir die einzige Macht in der Welt waren. Also übernahmen wir diese Verantwortung, in vielen Fällen so etwas wie die globale Regierung zu werden, indem wir versuchten, jedes Problem zu lösen. So ist es normal für die gesamte Welt, eine einzige unipolare Führungsmacht zu haben. Aber das war eine Abnormalität. Es war ein Ergebnis des Kalten Krieges, aber möglicherweise werden wir zurückgehen zu einer multipolaren Welt, zu mehreren Grossmächten in verschiedenen Teilen der Welt. Das sehen wir heute bei China und zu einem gewissen Grad auch bei Russland […]. Mehr denn je müssen wir heute daran denken, dass Aussenpolitik im nationalen Interesse der USA gemacht wird und wenn möglich Kriege vermeiden sollte.»
  Damit hat Marco Rubio das Scheitern des Unilateralismus eingestanden. Er bestätigt die Diagnose meines verstorbenen Bekannten Jonathan Schell, der bereits 2003 das Konzept der unipolaren Welt als einen Weg von Kooperation und Partnerschaft hin zu militärischer Intervention und völkerrechtswidrigen Angriffskriegen bezeichnet hatte, als eine imperialistische Politik, mit der Washington den Weg der Überheblichkeit und Ignoranz geht und so «die Bühne für eine Katastrophe bereitet».72

Der globale Wirtschaftskrieg

Die USA und ihre europäischen Satrapen glaubten, sie könnten Russland mit Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen. Ich erinnere mich noch an den Satz von Annalena Baerbock: «Diese Sanktionen werden Russland ruinieren!» Der Westen hat Auslandsanlagen der Russischen Föderation im Wert von fast 300 Milliarden Euro eingefroren, grössere russische Banken wurden vom Zahlungssystem SWIFT ausgesperrt, russische Unternehmen können keine High-Tech- oder Dual-Use-Produkte im Westen kaufen, Energieunternehmen wie Shell, BP oder Logistikunternehmen wie Maersk haben Russland verlassen. Diese Sanktionen wurden nicht von der Uno beschlossen und sind damit allesamt völkerrechtswidrig.
  Inzwischen sind diese Leute recht kleinlaut geworden, nachdem auch deutsche Forschungsinstitute festgestellt haben, dass die Sanktionen zum Bumerang geworden sind.73 Die Wirtschaftskampagne gegen Russland hat versagt. Sie führte zu steigenden Energie- und Rohstoff- sowie Nahrungsmittelpreisen im Westen. Die US-Unternehmen haben durch die Sanktionen mehr als 300 Milliarden Dollar verloren. – Für Trump ist das zu viel.74
  Mit der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline, die der Rechercheur Seymour Hersh Washington zuordnet, ist für Deutschland die Energiefalle zugeschnappt. Die Wirtschaftskraft Russlands wurde sträflich unterschätzt. Bei der Produktion von Stahl oder Aluminium – beides kriegswichtige Materialien – hat die Russische Föderation Deutschland überholt und ist mit den Vereinigten Staaten gleichgezogen.75 Auch bei den militärischen Fähigkeiten hat Moskau, glaubt man US-Militäranalysten, einen deutlichen Vorsprung.76
  In Deutschland besitzen fast 40 Prozent der Bevölkerung überhaupt kein (nennenswertes) Vermögen, wodurch sie spätestens in einer Krisensituation wie der Covid-19-Pandemie, der Energiepreisexplosion im Gefolge des Ukraine-Krieges und der Inflation unter massiven finanziellen Druck geraten. Andererseits konzentriert sich das Privatvermögen so stark in wenigen Händen, dass die fünf reichsten deutschen Unternehmerfamilien (Albrecht/Heister, Boehringer/von Baumbach, Kühne, Quandt/Klatten und Schwarz) zusammen etwa 250 Milliarden Euro und damit mehr besitzen als die ärmere Hälfte der Bevölkerung, das heisst weit mehr als 40 Millionen Menschen. Von den etwa 250 Milliardären kommt nur einer aus Ostdeutschland. Dort ist jedoch die Armut immer noch stärker verbreitet und mit rund 30 Prozent ein viel grösserer Teil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor tätig als in Westdeutschland.77
  Russlands Wirtschaft ist auf den neuen Märkten Eurasiens und des globalen Südens auf Wachstumskurs. Nur die USA, Kanada, die 27 Mitgliedsstaaten der EU, Japan, Australien, Neuseeland, Norwegen, die Schweiz, die Ukraine, das Vereinigte Königreich, die Bahamas, Südkorea und Taiwan sanktionieren Russland, bei einzelnen Punkten auch die Türkei.78 Das sind nach meiner Rechnung derzeit 40 Staaten. Den Vereinten Nationen gehören 193 Mitgliedsstaaten an. Die restlichen 153 treiben weiter Handel mit Russland.
  Der amerikanische Historiker Nikolai Petro von der Long Island University hat darauf hingewiesen, dass die Sanktionen aus zwei Gründen ihre Wirkung verfehlen: Erstens hat Russland seit 2014 Erfahrung im Umgang mit Sanktionen und hat die binnenwirtschaftliche Resilienz gestärkt. Zweitens bleiben 153 Länder Partnerstaaten Russlands. So gelingt es, die Sanktionen breit zu umgehen.79 Das müssen sie auch, denn viele Länder Afrikas sind auf russische Getreide-Importe angewiesen. Die Sanktionen des Westens gegen Russland haben die Getreidepreise um 30 % verteuert und produzieren so einen Berg afrikanischer Leichen. Nicht Russland ist isoliert, sondern der Westen. Der European Council On Foreign Relations fand dafür die Formulierung: «United West, divided from the rest.»80
  Ende 2022 war Russland Chinas zweitgrösster Lieferant von Rohöl geworden. Indien ist ebenfalls ein wichtiger Öl-Kunde. Das Land produziert lediglich 10 % des heimischen Bedarfs. Aber 34 % des verbleibenden Restes des indischen Ölverbrauchs kam 2023 aus Russland. Gleichzeitig werden die östlichen Handelsrouten ausgebaut. In den Werften von St. Petersburg werden neue atomgetriebene Eisbrecher gebaut, die den Transport von Öl und Gas nach China und Indien über die Nordroute das ganze Jahr über möglich machen. Ein Vertrag zwischen der russischen Atomenergiebehörde Rosatom und Chinas Hainan Yangpu Newnew Shipping Co. Ltd. regelt den Bau neuer eisgängiger Containerschiffe. Dort, so Rosatom, werden im Jahr 2024 mehr als 3 Millionen Tonnen Transitgüter verschifft.
  Fortschritte macht auch der Ausbau des 7200 Kilometer langen North-South Transport Corridor (INSTC), der von St. Petersburg zu Häfen im Süd-Iran und weiter nach Mumbai verlaufen wird. Diese Transportrouten umgehen Europa und verkürzen die Standardrouten durch das Mittelmeer und den Suezkanal auf weniger als die Hälfte. Die Transportzeit von Moskau nach Mumbai verkürzt sich damit von 40 bis 60 Tagen auf 25 bis 30 Tage. Die Transportkosten sinken damit um 30 %. Fortschritte auch auf der Westroute durch Aserbaidschan. Dort stiegen die Bahnfrachtraten im Jahr 2023 um 30 %. Im Juni 2024 wurde die Zugverbindung zwischen Kaspischem Meer und dem Persischen Golf eröffnet.81 Zur gleichen Zeit werden die Routen von Europa nach Asien durch den Suezkanal gefährlicher. Die Huthi-Rebellen im Jemen bedrohen die Frachtschiffe im Roten Meer, als Antwort auf den Völkermord Israels in Gaza. Im Handelskrieg mit dem Westen hat sich Moskau durchgesetzt.
  Allerdings wirken sich die Folgen des Wirtschaftskrieges auf die USA und Europa unterschiedlich aus. Die Ukraine ist der grösste Verlierer dieses Krieges, ein ganzes Land, Hunderttausende Menschen werden geopfert auf dem Altar geopolitischer und wirtschaftlicher Interessen. Der zweite Verlierer ist Deutschland.
  Das Münchner Ifo-Institut registriert einen Rückgang des Geschäftsklimas in der Autoindustrie im August 2024: Der Index fiel um 6,2 % auf minus 24,7 %, ein regelrechter «Sturzflug» der Stimmung, wie Ifo-Expertin Anita Wölfl mitteilte. Es mangele an Aufträgen, insbesondere aus dem Ausland.82 Auf Grund der hohen Energiepreise beabsichtigen 37 % der Industrieunternehmen, ihre Produktion in andere Länder zu verlagern. Führende Wirtschaftsinstitute warnen, dass Deutschlands Wachstumskräfte schwinden.83 In einer Studie der Schweizer Hochschule IMD verliert die deutsche Wirtschaft bei fast allen Standortfaktoren.84 Die Auskunftei Creditreform registriert so viele Firmenpleiten wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.85 Das Institut der Deutschen Wirtschaft sieht hohe Netto-Abflüsse von Direktinvestitionen aus Deutschland und spricht von Deindustrialisierung.86 China und die USA emanzipieren sich vom deutschen Exportismus. Die Abkoppelung von der preisgünstigen russischen Energie beeinträchtigt Deutschlands Industrie. Das Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Creditreform rechnet im Schliessungsreport vor, dass im vergangenen Jahr 176 000 Unternehmen geschlossen wurden. Als Hauptursache sehen sie hohe Energie- und Investitionskosten, unterbrochene Lieferketten, Personalmangel und politische Unsicherheit. Das alles sei für die Wirtschaft ein «toxischer Cocktail».87

  Michael Schumann, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes für Wirtschaftsförderung und Aussenwirtschaft BWA in Berlin, am 28. August 2024 beim Treffen der Eurasien-Gesellschaft in der Russisch-Orthodoxen Kirche, Wintersteinstr. 24, Charlottenburg: «Wir arbeiten nach dem Arche-Noah-Prinzip: Wenn die Sintflut des Anti-Russismus und der Sanktionen gegen Russland kommt, packen wir die wichtigsten Unternehmen auf ein Schiff, machen die Schotten hoch und warten auf der Arche Noah, bis der Tsunami vorbei ist.» Ob sich die deutsche Wirtschaft aber so schnell wieder erholt, das darf angesichts der volkswirtschaftlichen Eckdaten bezweifelt werden.
  Die Eliten des Westens haben sich in eine Sackgasse manövriert, und statt sich zu besinnen, trieben sie die Bevölkerung immer tiefer in den Ukraine-Krieg hinein. Auch dies hat wirtschaftliche Gründe. Beim Besuch in Kiew hat US-Senator Lindsey Graham am 6. September 2024 deutlich gemacht: Die Ukraine sitze auf Rohstoffen im Wert von Billionen US-Dollar, die «für die US-Wirtschaft gut» seien, und dass die Ukraine kämpfe, damit die USA nicht kämpfen müssen.88 Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter: «Wenn Europa die Energiewende vollziehen will, braucht es eigene Lithium-Vorkommen. Die grössten Lithium-Vorkommen in Europa liegen im Donezk-Lugansk-Gebiet. […] Also haben wir hier auch ganz andere Ziele noch im Hintergrund.»89
  Der stellvertretende Leiter des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dimitri Medwedew, postete am 30. August 2024: «Nach frei zugänglichen Daten wird der Gesamtwert der ehemaligen ukrainischen Bodenschätze auf fast 14,8 Billionen Dollar geschätzt, aber 7,3 Billionen Dollar davon befinden sich jetzt in den Volksrepubliken Lugansk und Donezk. Das bedeutet, dass sich fast die Hälfte des nationalen Reichtums der ehemaligen Ukraine im Donbass befindet! Die Ressourcen der Regionen Krim, Saporoshje und Cherson, die ebenfalls an Russland zurückgefallen sind, werden auf weitere 821 Milliarden Dollar geschätzt. All dies entspricht fast 63 % der Kohlevorkommen der ehemaligen Ukraine, 42 % der Metallvorkommen und 33 % der Seltenen Erden und anderer wichtiger Materialien, einschliesslich Lithium. Um an die begehrten Bodenschätze zu gelangen, verlangen die westlichen Parasiten schamlos, dass ihre Schützlinge bis zum letzten Ukrainer Krieg führen.»
  Aber es geht nicht nur um jene Ressourcen, die den tendenziellen Fall der Profitrate in den westlichen Industrienationen aufhalten und die Strategie der Dekarbonisierung stützen können.90 Es geht um den Fortbestand der DollarWirtschaft. Genau deshalb werden die USA weiter versuchen, Russland einzudämmen. Der Dollar gilt als Weltreservewährung. Deshalb kann die US-Notenbank unbegrenzt Dollars emittieren. Denn jede Nation benötigt Dollar und muss Dollar-Reserven vorhalten, um zu handeln und vor allem Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas zu erwerben. Deshalb können die USA ihre Inflation exportieren: Die gesamte Welt funktioniert wie ein Schwamm, der diese Inflation aufsaugt und der US-Regierung ermöglicht, riesige Defizite aufzubauen, einen astronomischen Militäretat zu finanzieren, und der einem winzigen Teil der Bevölkerung erlaubt, sich masslos zu bereichern. Wer aus der Dollar-Wirtschaft ausscheren will, erleidet das Schicksal von Libyen, Irak, Iran oder Venezuela. Hier kommt Russland ins Spiel. Denn Russland ist eine Bedrohung für die Proliferation des US-Dollars. Russland ist in den vergangenen 20 Jahren erstaunlich resilient geworden und kann nicht einfach durch eine militärische Intervention in die Knie gezwungen werden. Russland reduziert die Grösse des Dollar-Schwamms. Je kleiner aber der Schwamm, desto schwieriger wird es für die USA, ihr Defizit zu finanzieren und ihre wirtschaftliche Hegemonie aufrechtzuerhalten.91 
  Hier sehen Sie – aus unterschiedlichen Perspektiven – die eigentlichen Kriegsgründe. Emmanuel Todd geht davon aus, dass in dieser Hinsicht der dritte Weltkrieg bereits begonnen habe. Diese weltweite Auseinandersetzung verlaufe aber anders, als der Westen sich das wünscht. Er nennt zehn grosse Überraschungen dieses Krieges in der Ukraine: «Die zehnte und letzte Überraschung materialisiert sich gerade. Es ist die Niederlage des Westens. Man mag sich über eine solche Aussage wundern, wenn der Krieg noch nicht vorbei ist. Aber diese Niederlage ist sicher, denn der Westen zerstört sich eher selbst, als dass er von Russland angegriffen wird.»92
  Dem weiteren wirtschaftlichen Sturzflug werden sich die Vereinigten Staaten entgegenstemmen – auch auf Kosten ihrer Vasallen. Im Ukraine-Krieg sind sie gegen Russland militärisch nicht durchgekommen. Deshalb hat Trump mit Putin auch über die Dollar-Wirtschaft gesprochen – und deshalb zielt er verstärkt ab auf Kooperation statt auf Konfrontation. Dass dabei die Europäer dumm dastehen, ist ein durchaus erwünschter Kollateralschaden.

Der Krieg gegen die Bevölkerung

Wenn ich nun von einem Krieg gegen die eigene Bevölkerung spreche, so lasse ich mich von einem Gedanken des Schriftstellers George Orwell leiten. Er legte in seinem dystopischen Roman «1984» dar: «Der Krieg wird von jeder herrschenden Gruppe gegen ihre eigenen Untertanen geführt, und das Ziel des Krieges ist nicht die Eroberung von Territorien oder deren Verhinderung, sondern die Aufrechterhaltung der Gesellschafsstruktur. Das Wort ‹Krieg› selbst ist daher irreführend geworden. Wahrscheinlich wäre es zutreffend zu sagen, dass der Krieg aufgehört hat zu existieren, weil er zu einem Dauerzustand geworden ist.»93
  Wie George Orwell in seinem prophetischen Roman «1984» schreibt, «dienen alle modernen Kriege in erster Linie diesem Zweck».94 Das bedeutet, der Krieg richtet sich nicht in erster Linie gegen den äusseren Feind. Es geht um die Überwachung der eigenen Bevölkerung und um die Enteignung des Mittelstandes und der abhängig Beschäftigten.
  Wir haben es nicht zu tun mit einem Kampf um westliche Werte oder die regelbasierte Ordnung. Wie der US-Wirtschaftsanalyst Martin Armstrong ausgeführt hat, handelt es sich um einen politischen Notfall. Die Machteliten des Westens brauchen den Krieg, denn sie haben sich in eine Sackgasse hineinmanövriert.
  Wenn wir einmal die Corona-Krise mit in den Blick nehmen, kann man mit dem niederländischen Historiker Kees van der Pijl sagen: «Was sich vor unseren Augen abspielt, ist der schrittweise Austausch des westlichen Liberalismus gegen eine autoritäre Staats- und Gesellschaftsstruktur.» Alles im Namen des Virus oder des Kampfes um westliche Werte gegen den Diktator Putin. «Der im Frühjahr 2020 ausgerufene Kriegszustand dient in Wirklichkeit der Sicherung der bestehenden Ordnung.»
  Bereits mit dem Kampf gegen den Terror nach 9/11 «verflüchtigte sich das Versprechen des amerikanischen Traumes bald und wurde durch die Politik der Angst ersetzt, eine Regierungsform, die auf der Verängstigung der Öffentlichkeit beruht. Mit dem Patriot Act wurde die Demokratie um mehrere Stufen zurückgeschraubt. Orwells Einschätzung des permanenten Krieges als Mittel zur Sicherung der bestehenden Gesellschaftsordnung hatte sich bewahrheitet.»95
  Mit der Corona-Krise hat die Enteignung des Mittelstandes massiv zugenommen. Wie die inzwischen veröffentlichten RKI-Files zeigen, waren die Massnahmen nicht medizinisch oder virologisch, sondern politisch indiziert und wurden von der Politik durchgesetzt. Die massiven Einschränkungen führten dazu, dass viele kleinere Unternehmen aufgeben mussten. Die Dienstleistungen wurden übernommen von grossen Ketten oder Digitalkonzernen. So können die Gewinnmargen der Grossen auf Kosten der Kleinen gesichert werden. Dieser Prozess wird sich infolge des Ukraine-Krieges und der Sanktionen des Westens beschleunigen. Die Bevölkerung verarmt und zeigt Konsumzurückhaltung. Die Menschen spüren, dass sie die Zeche für den Krieg werden bezahlen müssen. 
  Dies bekommen die mittelständischen Unternehmen in besonderer Weise zu spüren. Anders verhält es sich bei den DAX-Konzernen: Die steuerliche Freistellung von Veräusserungsgewinnen 2002 unter Bundeskanzler Schröder hat in Deutschland dazu geführt, dass die deutschen Banken ihre Industriebeteiligungen abgegeben und in strukturierte Wertpapiere investiert haben. Dies hat den Weg in die Finanzkrise unterstützt. Die Industriebeteiligungen wurden von ausländischen, insbesondere US-amerikanischen Finanzinvestoren übernommen. US-Finanzinvestoren sind heute bei fast allen deutschen DAX-Konzernen beteiligt. Sie entscheiden mit über Management und Boni. Eine Konzernstrategie gegen ihre Interessen ist damit kaum noch möglich.
  Eine Verlagerung von Fertigungskapazitäten in die USA oder nach China ist für solche Grosskonzerne lediglich ein Rechenexempel. Sie müssen langfristig die Dividende der Aktionäre sicherstellen. Demgegenüber sind mittelständische Unternehmen stärker ortsgebunden. Sie werden die Folgen einer verfehlten Politik härter zu spüren bekommen.
  Der Krieg in der Ukraine ist ein einziges Förderprogramm der Rüstungsindustrie zu Lasten der Bevölkerung. In Deutschland fordern SPD und FDP eine Steigerung der Rüstungsausgaben auf 3 % des Brutto-Inlandsprodukts, das sind 135 Milliarden Euro. Die Grünen fordern eine Erhöhung auf 3,5 %, das wären 160 Milliarden Euro und ein Drittel des Bundesetats. Die AfD verlangt 5 % des BIP und damit die Hälfte des Bundesetats von 470 Milliarden Euro jährlich für Rüstung. Dies lässt sich nur finanzieren durch Kürzungen bei Rente, Gesundheit, Bildung und Infrastruktur. Gleichzeitig beobachten wir, wie Deutschland und die EU zerfallen.
  Während die EU viele Milliarden in die Ukraine pumpt, ist mehr als jeder fünfte EU-Bürger obdachlos, beantragt eine Notunterkunft oder steht bei Wohlfahrtsverbänden an um einen Teller Suppe. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung sind von Armut und Obdachlosigkeit betroffen, rechnet ausgerechnet die libanesische Zeitung «Al Mayadeen» vor – von 450 Millionen Einwohnern fast 100 Millionen Menschen.96 Die europäische Presse hat über diese Zahlen der EU-Kommission so gut wie nicht berichtet.
  Das Gefährlichste ist aber, dass Bundeskanzler Olaf Scholz im Juli 2024 einen Vertrag über die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen ab 2026 in Deutschland als einzigem Nato-Land unterschrieb. Damit rückt Deutschland verstärkt in den Fokus russischer Hyperschall-Raketen wie Oreschnik, die mit nuklearen Gefechtsköpfen bestückt werden können. Dies erhöht für die deutsche Bevölkerung das nukleare Vernichtungsrisiko, da dadurch auch die Verantwortlichen in Moskau Deutschland als Primärziel eines Präventiv-Schlages definieren werden.
  Der Krieg in der Ukraine ist also ein transatlantischer Raubzug der Konzerne gegen die eigene Bevölkerung. Vermögen werden den abhängig Beschäftigten und dem Mittelstand aus der Tasche gezogen und an US-Rüstungskonzerne, Finanzinvestoren und Agrarkonzerne verteilt. So beschleunigt sich der Prozess der Verarmung. Mehr noch: Er nimmt die Bevölkerung insbesondere Deutschlands in Geiselhaft für die verfehlte Politik der Kriegstreiber.

Ausblick:
 Waffenstillstand, aber kein Frieden

Die Vereinigten Staaten kämpfen weiter um ihre weltweite Vormachtstellung. Allerdings hat sich der Fokus verändert. Nicht mehr die Konfrontation mit Russland steht im Vordergrund, sondern begrenzte Kooperation zum gegenseitigen Nutzen. Die Vasallen werden nicht gefragt. Dem ukrainischen Präsident Selenski teilt Trump mit, dass er Gebietsverluste zu akzeptieren und alsbald Neuwahlen einzuleiten hat, was sein politisches, möglicherweise auch sein physisches Ende bedeuten dürfte. Die USA lassen die Ukraine fallen – der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Das Projekt Ukraine ist vorbei. Für die USA hat Europa keine Priorität mehr.97 Sie wenden sich nun mit aller Kraft dem Hauptrivalen China zu. Entwicklung und Märkte für Künstliche Intelligenz sollen entfesselt werden.98
  Russland wird jede Feuerpause ablehnen, die der Ukraine und dem Westen nach einer Atempause eine Neuaufnahme der Kämpfe ermöglicht. Es ist die Konsequenz eines verlorenen Krieges, dass der Sieger die Bedingungen diktiert. Wer am Verhandlungstisch erfolgreich sein will, muss vorher auf dem Schlachtfeld siegen. Was der Kreml erreichen will, ist eine gesamteuropäische Friedensordnung, die vom Prinzip unteilbarer Sicherheit ausgeht. Dies geht nicht in einer unipolaren Welt, in der die Führungsmacht die Bedingungen diktiert. Gegenseitige Sicherheit ist nur möglich in einer multipolaren Welt.
  Die EU-Regierungen dürfen jetzt den Schlamassel selbst aufräumen, in den sie sich hineinmanövriert haben. Sie haben nach der Münchner Sicherheitskonferenz angekündigt, Friedenstruppen für die Ukraine stellen zu wollen. Dies dürfte Moskau kaum akzeptieren, da der Kreml Grossbritannien und die EU de facto als Kriegspartei betrachtet.99 Das bedeutet: Die Ukraine wird keine nennenswerten Sicherheitsgarantien erhalten.100 Wie die Ukraine sitzen sie bei den Verhandlungen bestenfalls am Katzentisch.
  Wenn sich aber europäische Politiker entschliessen, die Ukraine im Alleingang zu unterstützen, wie dies Bundeskanzler Olaf Scholz angedeutet hat, so werden sie das ohne Washington tun müssen.101 Die dafür benötigten Waffen dürfen sie gerne in den USA kaufen. Aber dies würde nur die Fortsetzung einer Politik bedeuten, deren Grundlage eine Scheinmoral darstellt. Die Formulierung vom «unprovozierten Angriffskrieg» ist ein Propaganda-Märchen. Vielmehr hat Russland den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Putsch-Regierung in Kiew und ihrer westlichen Hintermänner abgewehrt.
  Der Kurswechsel bedeutet nicht, dass eine Rückkehr zum Völkerrecht stattfinden wird. Das Beispiel Gaza zeigt, dass machtpolitische Massnahmen auch nicht mehr mit der Phraseologie von der «regelbasierten Ordnung» verbrämt werden. Es gilt das Faustrecht, man spart sich die Doppelzüngigkeit. Imperiale Strategien als höchste Form des Finanzkapitalismus werden schlicht exekutiert. Verbündete werden degradiert zu Hintersassen, zu Vasallen, die nach Belieben für die Interessen der USA benutzt werden können. Damit ist auch das Konzept des deutschen Trittbrettfahrer-Imperialismus gescheitert: den USA den Vortritt zu lassen, um dann selbst noch einen Teil der Beute abzubekommen.
  Jetzt rächt sich die Servilität transatlantisch korrumpierter Eliten in Europa. Der Verzicht auf jegliche aussenpolitische Selbständigkeit, oder, wie Robert Habeck dies erklärt hat, «dienende Führung», erweist sich als Sackgasse. Nun müssen die verantwortlichen Politiker die Kosten des «vermeidbarsten Krieges der Welt» (Richard Sakwa) auf die eigene Bevölkerung abwälzen. Europaweit, aber vor allem in Deutschland, wird ein Verarmungsprozess einsetzen, der erhebliche soziale Brüche und Verteilungskämpfe bis hin zu inneren Unruhen nach sich ziehen wird.
  Es dürfte dann auch dem letzten Desinteressierten auffallen, dass das herrschende Parteien-Kartell abgewirtschaftet hat. In der Folge wird – von Trump-Gefolgsleuten angeheizt – die Entwicklung ganz zu Gunsten von Parteien wie der AfD in Deutschland verlaufen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat Vizepräsident J. D. Vance für einen Fall der Brandmauer plädiert und europäische Politiker ermahnt, der Stimme des Volkes zu folgen.102 Er erinnerte daran, dass nicht Russland die grösste Bedrohung darstellt, sondern der Abbau der Bürgerrechte und die Zerstörung der Demokratie.103 Ein Treffen von US-Vizepräsident J. D. Vance und Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz war nicht vorgesehen, aber eines mit dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.104 Merz war von 2016 bis 2020 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Tochterfirma BlackRock Asset Management Deutschland AG.105 Damit ist klar, wohin die Reise geht: Mit einer auf transatlantische Linie gebrachten AfD an der Seite der CDU soll der Finanzkapitalismus entfesselt und umfassender Sozialabbau durchgedrückt werden. Deutschland würde mit einem Kanzler Merz als zweites Land in Europa nach der Ukraine – wo bereits ein Konsortium von BlackRock und JP Morgan die Staatsschulden managt – in die Hände von Finanz-Heuschrecken fallen.
  Der Rückbau der Bürgerrechte und der Demokratie allerdings ist irreversibel. Der Krieg hat den Weg in den Überwachungs-Kapitalismus beschleunigt. Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind hier unangebracht. Zum einen ist die Diktatur des Finanzkapitals keine nationale Strategie der Eroberung, sondern sie wird global ausgerollt. Zum zweiten handelt es sich um einen «blockierten Konflikt»106: Die scheinbar kostenfreie Verfügbarkeit von Online-Angeboten sediert die Bevölkerung im Überwachungs-Kapitalismus, und eine starke Arbeiter- oder Bürgerrechtsbewegung wie in der Weimarer Republik existiert als organisierte politische Kraft nicht mehr. Die Transformation zur Fassadendemokratie, zu einem «umgekehrten Totalitarismus», ist ebenfalls ein Zerfallsprodukt des Westens.107
  Europa und insbesondere Deutschland gerät in den Windschatten der ökonomischen Entwicklung. Wir werden nicht nur zum Hinterhof der USA, sondern auch zum Hinterhof Russlands, das seine Hinwendung nach Asien nicht mehr rückgängig machen wird; denn es geht um Milliarden-Investitionen, die sich rentieren müssen. Die Menschen in Europa, vor allem in Deutschland, werden die Kosten eines Krieges bezahlen, den sie nicht verhindern wollten. Auch der Mangel an Zivilcourage insbesondere in Deutschland, die propagandistische Verblendung und die schwerfällige Agonie grosser Teile der Bevölkerung trägt ihren Teil zum Niedergang bei. Denn verantwortlich für das Unheil sind nicht nur jene, die es anrichten, sondern auch jene, die es nicht verhindern wollten. 
  Versucht man eine Gesamtschau, so stimmt die Welt nicht mehr mit den globalen Illusionen des Westens überein. Die Hegemonie Washingtons ist nicht mehr realisierbar. Die Niederlage des Westens in der Ukraine ist besiegelt, der Konflikt verlagert sich allmählich auf andere Schauplätze. Wie beim Untergang des Römischen Reiches brechen deshalb an den Peripherien des Imperiums asymmetrische Kriege aus. In einem jahrzehntelangen Abnutzungskampf werden die USA darin die Kräfte ihrer Satrapen überdehnen und allmählich ihre eigenen verschleissen.108
  Der geostrategische Analyst der «Asia Times», Pepe Escobar, schreibt: «In dieser Situation verhält sich die Hegemonialmacht wie ein Betrunkener in einer Bar, dem ein weiterer Drink verwehrt wird. Chaos und Gewalt sind unvermeidlich […]. Die USA sind ein Imperium mit Militärstützpunkten auf der ganzen Welt, um ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen mit der Waffe in der Hand durchzusetzen. Keine Nation hat in ihrer 248jährigen Geschichte so viele Kriege geführt wie die Vereinigten Staaten. Die Ausbeutung ihrer Verbündeten und des Rests der Welt durch finanzielle Erpressung, die sich auf die willkürliche Definition des Dollars als primäre globale Reservewährung als finanzielles Druckmittel stützt, ist ein weiterer Mechanismus der Nötigung und neokolonialen Ausbeutung von Ressourcen. Doch die amerikanische Hybris und der Wahn der absoluten Macht werden ein böses Ende nehmen. Das Imperium zersplittert und scheitert. Dies führt in eine existentielle Krise. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten sind nicht mehr die Wirtschaftsmacht, die sie einst waren. Es entfaltet sich eine tektonische Verschiebung weg von der Kontrolle der Weltwirtschaft durch die westliche Minderheit hin zu einer gerechteren und friedlicheren internationalen Ordnung.»109
  Zunächst bleibt dies aber ein frommer Wunsch. Donald Trump will den Krieg in der Ukraine loswerden und europäisieren, aber er hält am Konzept «Make America great again» fest. Es handelt sich deshalb um die Fortsetzung der imperialen US-Politik mit anderen Mitteln. Er respektiert den Übergang zur multipolaren Welt und arrondiert den eigenen Machtbereich auf Kosten der Vasallen. Doch die Konflikte, die wir erleben, stehen erst am Anfang. Sie überragen die Möglichkeiten des amtierenden US-Präsidenten. Denn es handelt sich um einen Kampf von historischer und globaler Dimension. Dass Trump in Zeiten solcher Umbrüche vorgeschlagen hat, gemeinsam mit Russland und China nuklear abzurüsten, könnte zur wichtigsten Initiative eines US-Präsidenten in den vergangenen Jahrzehnten werden, wenn er sich gegen den militärisch-industriellen Komplex durchsetzen kann. Vielleicht kann es so gelingen, die Welt vor einer atomaren Katastrophe zu retten.110
  Ich fasse zusammen:

  1. Der Westen hat den Krieg in der Ukraine verloren. Washington verabschiedet sich von Europa und fügt sich in die multipolare Realität. Die USA konzentrieren sich ganz auf den Kampf gegen China. Washington europäisiert den Krieg.
  2. Die Ukraine wird geteilt. Die Gebiete, die der Russischen Föderation eingegliedert wurden, bleiben russisch. Moskau fordert 30 % des ukrainischen Gebiets, wird aber auf Odessa und Charkiw verzichten müssen.111
  3. Die Hinwendung Russlands nach Asien ist irreversibel. Dem Westen wird es nicht gelingen, Peking und Moskau zu spalten.
  4. Trump wird die EU dazu zwingen, die Ukraine aufzunehmen und den Wiederaufbau zu bezahlen. Dadurch blutet die EU finanziell aus und wird auseinanderfallen. Europa wird wirtschaftlich und politisch zum Hinterhof der Weltökonomie und der Geopolitik. 
  5. Der wirtschaftliche Niedergang des Westens ist langfristig unaufhaltsam. Aussenministerin Baerbock verplappert sich und erwähnt ein neues Rüstungspaket der EU für die Ukraine in Höhe von 700 Milliarden Euro, das nach der Wahl beschlossen werden soll.112 Damit hat die EU entschieden, mit dem sinkenden Schiff unterzugehen.113
  6. Der Westen ist gespalten. Die USA werden sich teilweise aus Europa zurückziehen, aber die Nato als Disziplinierungs- und Kontrollinstrument gegenüber den Europäern erhalten. Die EU soll künftig allein die Russische Föderation eindämmen.
  7. Die Realitätsverweigerung europäischer Eliten dauert an. Provokationen wie die von Annalena Baerbock,114 den Taurus zu liefern und Russlands Hinterland anzugreifen, könnten Moskau zu einem Präventivschlag bewegen und eine nukleare Katastrophe herbeiführen.
  8. Von einer gesamteuropäischen Friedensordnung auf der Grundlage gemeinsamer, unteilbarer Sicherheit sind wir weiter entfernt denn je.
  9. Zu verdanken haben wir dies korrupten, unfähigen und ungebildeten Politikern und einer verkommenen akademischen Schicht, die nicht wissen, was Krieg heisst.
  10. Das deutsche Volk döst in den Untergang.

In den fünf Kriegen, die auf dem Boden der Ukraine geführt werden, kulminiert in einer historischen Kollision der Abstiegskampf des Westens. Die Nato entpuppt sich als Papiertiger, und die EU wird auseinanderbrechen. Der Kampf um Kiew wird zum Katalysator für den Untergang der einzigen Weltmacht USA und für den Zerfall Europas – wenn es angesichts des nuklearen Vernichtungspotentials und der «Apokalypse-Blindheit»115 unserer Politiker noch eine Zukunft gibt. Der Hinweis von Paul Valéry vor 100 Jahren, Europa sei nur das «Kap Asiens»,116 gewinnt bestechende Aktualität. Beigetragen zu diesem Niedergang haben die Fehlentscheidungen transatlantisch korrumpierter Eliten, die für ein Schulterklopfen aus Washington bereit sind, ihre eigenen Länder zu ruinieren. Es wird Zeit, dass diese Leute abgelöst und zur Verantwortung gezogen werden. Da will ich Handschellen klicken hören.  •



1  Trump May Meet Putin in February in Stunning Setback for Ukraine, Europa. Newsweek, 16.2.2025, https://www.newsweek.com/trump-meet-putin-february-setback-ukraine-europe-2031967
2  Collinson, Stephen. Trump’s rush for a deal with Putin leaves Ukraine and Europe scrambling. CNN, 18.2.2025, https://edition.cnn.com/2025/02/18/politics/trump-putin-deal-ukraine-analysis/index.html
3  Lancaster, Patrick. Russia and the U.S. Hold Peace Negotiations on Ukraine in Saudi Arabia: What You Need to Know. Substack, 19.2.2025, https://substack.com/@patricklancasternewstoday/note/c-94555937; Russia and US eye joint Arctic energy projects after Saudi talks. Politico, 18.2.2025, https://www.politico.eu/article/russia-us-saudi-arctic-energy-rdif-ukraine-russia-capital/ 
4  Rubio Says Sanctions to Stay for Now as Trump Eyes Putin Summit. Bloomberg, 18.2.2025, https://www.bloomberg.com/news/articles/2025-02-18/rubio-says-us-won-t-lift-russia-sanctions-before-ukraine-deal
5  Burghardt, Peter; Hassel, Florian. Radikaler Kurswechsel: Ukraine soll Gebiete aufgeben, Trump kündigt Verhandlungen mit Putin an. Tages-Anzeiger, 12.2.2025, https://www.tagesanzeiger.ch/ukraine-usa-vollziehen-kurswechsel-380205795846
6  Maier, Michael. Trump und Putin – deutsche Politiker sprechen von «Verrat» und Diktat. Berliner Zeitung, 13.2.2025, https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ukraine-trump-und-putin-deutsche-politiker-sprechen-von-verrat-li.2295054; Rüesch, Andreas. Trump und Putin wollen sich einigen, Europa wird übergangen: Der Verrat an der Ukraine nimmt seinen Lauf. Neue Zürcher Zeitung, 13.2.2025, https://www.nzz.ch/meinung/trump-strebt-deal-mit-putin-an-die-ukraine-kommt-unter-die-raeder-ld.1870912
7  «We want, like you, a sovereign and prosperous Ukraine, but we must start by recognizing that returning to Ukraine’s pre-2014 borders is an unrealistic objective. Chasing this illusionary goal will only prolong the war and cause more suffering». Zit. n. Diesen, Glenn: Hegseth replaces Deception with Reality. Substack, 13.2.2025, https://glenndiesen.substack.com/p/hegseth-replaces-deception-with-reality?publication_id=2670149&post_id=157055942&isFreemail=true&r=9vuj8&triedRedirect=true
8  «The United States does not believe that Nato membership for Ukraine is a realistic outcome of a negotiated settlement.» Ebd.
9  «Security guarantees must be backed by capable European and non-European troops. If these troops are deployed as peacekeepers at any point, they should be deployed as part of a non-Nato mission and should not be covered under Article 5 […] To be clear: As part of any security guarantee, there will not be U.S. troops deployed to Ukraine.» Ebd.
10  Kriegsverletzte ukrainische Soldaten ziehen in Flüchtlingsunterkunft in Charlottenburg. RBB, 7.4.2024, https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/04/berlin-charlottenburg-soldaten-ukraine-fluechtlingsunterkunft-prothesen.html 
11  Meyen, Michael. Cancel Culture. Wie Propaganda und Zensur Demokratie und Gesellschaft zerstören. Berlin 2024, S. 9f.
12  Baab, Patrik: Crime and Punishment. The Postil Magazine vom 1.8.2024, https://www.thepostil.com/crime-and-punishment-what-dostoyevsky-can-teach-the-global-south-about-the-ukraine-war/ 
13  Diesen, Glenn. The Ukraine War and the Eurasian World Order. Atlanta 2024
14  Mearsheimer, John J.. Wer hat den Ukraine-Krieg verursacht? Nachdenkseiten vom 31.8.2024, https://www.nachdenkseiten.de/?p=120486; Mearsheimer, John J. Who Caused the Ukraine War? Substack, 5.8.2024, https://mearsheimer.substack.com/p/who-caused-the-ukraine-war; Mearsheimer, John J.: Die Ukraine hat schon verloren – und je länger der Krieg dauert, desto schlimmer wird es werden. Weltwoche vom 1.3.2024, https://weltwoche.ch/daily/geostratege-john-j-mearsheimer-die-ukraine-hat-schon-verloren-und-je-laenger-der-krieg-dauert-desto-schlimmer-wird-es-werden/ 
15  Sachs, Jeffrey. Ukraine-Krieg: Warum wollen die USA keinen Verhandlungsfrieden? Telepolis, 25.6.2024, https://www.telepolis.de/features/Ukraine-Krieg-Warum-wollen-die-USA-keinen-Verhandlungsfrieden-9776574.html; Sachs, Jeffrey: Der Ukraine-Krieg wurde provoziert: Warum das für den Frieden zentral ist. Telepolis, 29.5.2023, https://www.telepolis.de/features/Der-Ukraine-Krieg-wurde-provoziert-Warum-das-fuer-Frieden-zentral-ist-9066817.html
16  Sakwa, Richard. The Lost Peace. How the West Failed to Prevent a Second Cold War. New Haven u. London 2023; Sakwa, Richard. Frontline Ukraine. Crisis in the Borderlands. London 2016
17  Baud, Jacques. The Russian Art of War. How the West Led Ukraine to Defeat. Paris 2024; Baud, Jacques. Ukraine entre Guerre et Paix. Paris 2023; Baud, Jacques. Opération Z. Paris 2022
18  Todd, Emmanuel. La Défaite de l’Occident. Paris 2023. Todd, Emmanuel: Deutschland entscheidet, ob in der Ukraine Frieden einkehrt. Berliner Zeitung vom 21.7.2024, https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/geopolitik/emmanuel-todd-deutschland-wird-entscheiden-ob-in-der-ukraine-frieden-einkehrt-li.2236539; Todd, Emmanuel. La Défaite de l’OTAN sera une Victoire pour l’Europe. Le Journal du Dimanche, 14.1.2024, https://www.lejdd.fr/international/emmanuel-todd-au-jdd-la-defaite-de-lotan-sera-une-victoire-pour-leurope-141189; Todd, Emmanuel. La Troisième Guerre Mondiale a commencé. Le Figaro.13.1.2023, https://www.lefigaro.fr/vox/monde/emmanuel-todd-la-troisieme-guerre-mondiale-a-commence-20230112
19  Mearsheimer, John J.. Wer hat den Ukraine-Krieg verursacht? Globalbridge, 7.9.2024, https://globalbridge.ch/wer-hat-den-ukraine-krieg-verursacht/?utm_source_platform=mailpoet 
20  https://x.com/Glenn_Diesen/status/1862442226896232805 
21  Atkinson, Rodney. The Ukraine Sacrifice – Kursk Invasions Hastens Ukraine Defeat, Boris Johnson’s Disastrous Legacy, War Crimes in Kursk. Freenations vom 9.9.2024, https://freenations.net/the-ukraine-sacrifice-kursk-invasion-hastens-ukraine-defeat-johnsons-disastrous-legacy-war-crimes-in-kursk/; vgl. dagegen die niedrigeren Zahlen bei: ualosses.org/en/soldiers/; «It will be a shock»: Ukraine lost 500,000 Soldiers in War so far, nearly 30,000 per Month: Lutsenko Claims. The Eurasian Times, 7.1.2024, https://www.eurasiantimes.com/it-will-be-a-shock-ukraine-lost-500000-soldiers-in-war/ Kiews Ex-Generalstaatsanwalt: Schon eine halbe Million Ukrainer im Krieg gefallen. Die Weltwoche, 13.1.2024, https://weltwoche.ch/daily/kiews-ex-generalstaatsanwalt-schon-eine-halbe-million-ukrainer-im-krieg-gefallen-von-selenskyjs-regierung-fordert-er-sie-sollten-sagen-wie-viele-ukrainer-gestorben-sind/ 
22  Rötzer, Florian. Hat Putin unbeabsichtigt die Zahl der russischen Verluste im Krieg genannt? Overton-Magazin, 8.6.2024, overton-magazin.de/top-story/hat-putin-unbeabsichtigt-die-zahl-der-russischen-verluste-im-krieg-genannt/ 
22a  https://rutube.ru/video/404f1e95d0fdb318d174cd1d48abb0d5/
23  The Prize of Bakhmut. We reveal the staggering toll of Russias’s bloodiest battle since WW2 and Wagner’s inmates recruited to fight it. Mediazona. 10.6.2024, https://en.zona.media/article/2024/06/10/wagner; Russian losses in the war with Ukraine. Mediazona count, updated. Mediazona. 13.9.2024, https://en.zona.media/article/2022/05/20/casualties_eng; The art of war. The Kremlin is hiding Russia’s death toll in Ukraine – a small regional museum collection helps expose it. Mediazona. 13.8.2024, https://en.zona.media/article/2024/08/13/artsalsk 
24  Röper, Thomas. Warum die Meldung der Nato, über 600 000 Russen seien gefallen oder verwundet, falsch ist, Anti-Spiegel. 30.10.2024, https://anti-spiegel.ru/2024/warum-die-meldung-der-Nato-ueber-600-000-russen-seien-gefallen-oder-verwundet-falsch-ist/ 
25  Simplicius: SITREP 12/21/24: Things Heat Up in Kherson, Ukriane Losses Update, and More. 22.12.2024, https://simplicius76.substack.com/p/sitrep-122124-things-heat-up-in-kherson 
26  Ukraine-Krieg: Tote und Verletzte in der ukrainischen Zivilbevölkerung laut Zählungen der UN. Stand: 31. Dezember 2024, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1297855/umfrage/anzahl-der-zivilen-opfer-durch-ukraine-krieg/ 
27  Batcho, Kevin. Desperately Seeking Nato Intervention. Ukraine is marooned in Russia’s Kursk region’s archipelago of attrition while Russia breaks through the Donbass impasse and into open operational space towards the Dnieper River. Beyond the Waste Land, 29.8.2024, www.beyondwasteland.net/p/desperately-seeking-Nato-intervention 
28  Kujat, Harald. Die Lage der Ukraine ist kritisch. Nato-General a.D. Harald Kujat über weitreichende Waffen, die Eskalation des Westens und Russlands Toleranzschwelle. Interview mit Roman Zeller. Die Weltwoche, 13.9.2024, https://weltwoche.de/daily/video/die-lage-der-ukraine-ist-kritisch-Nato-general-a-d-harald-kujat-ueber-weitreichende-waffen-die-eskalation-des-westens-und-russlands-toleranzschwelle/ 
29  Zahlen verschiedener Telegram-Kanäle.
30  Kujat, Harald. Die Lage der Ukraine ist kritisch. Nato-General a.D. Harald Kujat über weitreichende Waffen, die Eskalation des Westens und Russlands Toleranzschwelle. Interview mit Roman Zeller. Die Weltwoche, 13.9.2024, https://weltwoche.de/daily/video/die-lage-der-ukraine-ist-kritisch-Nato-general-a-d-harald-kujat-ueber-weitreichende-waffen-die-eskalation-des-westens-und-russlands-toleranzschwelle/
31  Hett, Felix. Der Ukraine läuft die Zeit davon. Interview IPG-Journal, 13.2.2025, https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/der-ukraine-laeuft-die-zeit-davon-8090/?utm_campaign=de_40_20250213&utm_medium=email&utm_source=newsletter
32  Watkins, Susan. Five Wars in One. The Battle for Ukraine. New Left Review, September/Oktober 2022, https://newleftreview.org/issues/ii137/articles/susan-watkins-five-wars-in-one
33  Le Sommier, Régis. To the Last Ukrainian: An American War. The Story of a War Reporter. Paris 2023
34  Baab, Patrik. Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine. Frankfurt: Fifty-Fifty 2023 (5)
35  Katchanovski, Ivan. The Maidan Massacre in Ukraine. The Mass Killing that Changed the World. Ottawa 2024, https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-67121-0 
36  Petro, Nikolai N. The Tragedy of Ukraine. What Classical Greek Tragedy Can Teach Us About Conflict Resolution. Berlin u. Boston 2023, S. 102
37  Schröter, Lothar. Der Ukraine-Krieg. Die Wurzeln, die Akteure und die Rolle der Nato. Berlin 2024, S. 117f.
38  Katchanovski, Ivan. Maidan-Massaker in der Ukraine: Ein Insider-Job? Neutrality Studies, 13.9.2024, https://www.youtube.com/watch?v=rZFgBs2cExs
39  Schröter, a.a.O., S. 173. Zur Gründung von Wagner siehe Ritter, Scott: Wagner, I hardly knew ye. Scott Ritter Extra, June 28, 2023, https://www.scottritterextra.com/p/wagner-i-hardly-knew-ye?publicat 
40  zit. n. Schröter, a.a.O., S. 172f.
41  zit. n. Schröter, a.a.O., S. 169f.
42  Baab, a.a.O., S. 183
43  Schröter a.a.O., S. 175
44  Die Konvention definiert Völkermord in Artikel II als  «eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Massnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.»
45  Baud, Jacques. Putin – Herr des Geschehens? Frankfurt a.M. 2023
46  Schröter, a.a.O., S. 141f.
47  Schröter, a.a.O., S. 185
48  Ritter, Scott. Merkel Reveals West’s Duplicity. Consortium News, 9.12.2022, https://consortiumnews.com/2022/12/05/scott-ritter-merkel-reveals-wests-duplicity/ 
49  Schröter, a.a.O., S. 173
50  «So first, if you look at the trajectory of the conflict, because we saw it coming, we were able to make sure that not only were we prepared and allies and partners were prepared, but that Ukraine was prepared. We made sure that well before the Russian aggression happened, starting in September and then again December, we quietly got a lot of weapons to Ukraine to make sure that they had in hand what they needed to defend themselves, things like Stingers, Javelins that were instrumental in preventing Russia from taking Kyiv, from rolling over the country, erasing it from the map, and indeed pushing the Russians back.» Garcia-Navarro, Lulu. Antony Blinken insists he and Biden made the right calls. New York Times Magazine, 4.1.2025, https://www.nytimes.com/2025/01/04/magazine/antony-blinken-interview.html
51  Staudt, Dieter. Die Ukraine wollte den Krieg mit Russland. Apolut, 11.2.2025, https://apolut.net/die-ukraine-wollte-den-krieg-mit-russland/
51a  Varga, György. 30 Jahre Budapester Memorandum: Die nukleare Abrüstung der Ukraine im Rückblick. Nachdenkseiten, 5.12.2024, https://www.nachdenkseiten.de/?p=125695 
52  Schröter, a.a.O., S. 188f.
53  Stoltenberg, Jens: North Atlantic Treaty Organization, Opening Remarks, 7. September 2023, www.Nato.int/cps/en/Natohq/opinions_218172.htm 
54  Mearsheimer, John J. Wer hat den Ukraine-Krieg verursacht? Globalbridge, 7.9.2024, https://globalbridge.ch/wer-hat-den-ukraine-krieg-verursacht/?utm_source_platform=mailpoet
55  zit. n. Schröter, a.a.O., S. 134f.
56  Diesen, Glenn. Hegseth replaces Deception with Reality. Substack, 13.2.2025, https://glenndiesen.substack.com/p/hegseth-replaces-deception-with-reality?publication_id=2670149&post_id=157055942&isFreemail=true&r=9vuj8&triedRedirect=true; Panchenko, Diana. The Inevitable: The Shocking Truth behind the War in Ukraine. London 2024
57  Rötzer, Florian. Im Ukraine-Krieg geht es weniger um Freiheit als um die Ausbeutung kritischer Bodenschätze. Overton-Magazin, 12.2.2025; https://overton-magazin.de/top-story/im-ukraine-krieg-geht-es-weniger-um-freiheit-als-um-die-ausbeutung-kritischer-bodenschaetze/
58  Entous, Adam; Schwirtz, Michael. The Spy War: How the C.I.A. secretly helps Ukraine fight Putin. The New York Times, 25.2.2024, https://archive.ph/p8GVp
59  Nach Angaben der britischen Zeitung Guardian vom 28. April hatte Johnson Selenski dazu gedrängt, keine Zugeständnisse an Putin zu machen. Die Ukrajinska Prawda berichtete am 5. Mai 2022, dass Johnson zwei klare Botschaften überbracht habe: Putin sei ein Kriegsverbrecher, und es solle Druck auf ihn ausgeübt, nicht aber mit ihm verhandelt werden. Zudem signalisierte Johnson, dass der Westen, selbst wenn die Ukraine zu Vereinbarungen bereit sei, nicht mit Putin verhandeln wolle. Das Primat des militärischen Sieges vor der Diplomatie: Die Neue Zürcher Zeitung meldete am 12. April, dass die britische Regierung unter Johnson auf einen militärischen Sieg der Ukraine setze. Die damalige britische Aussenministerin Liz Truss und andere konservative Unterhausabgeordnete sprachen sich für eine massive Ausweitung der militärischen Unterstützung aus. Kritische Stimmen wie die des Guardian-Kolumnisten Simon Jenkins, warnen jedoch vor den Risiken einer solchen Politik und werfen der britischen Regierung vor, den Krieg für eigene politische Ambitionen zu nutzen. Die USA und ihre strategischen Interessen im Ukraine-Krieg: Die geopolitische Dimension des Konflikts wurde noch deutlicher, als US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nach seinem Besuch in Kiew am 25. April 2022 erklärte, die USA sähen in dem Krieg eine Gelegenheit, Russland langfristig militärisch und wirtschaftlich zu schwächen.
60  zit. n. Schröter, a.a.O., S. 161
61  Wolfowitz, Paul. Planning in a Period of Strategic Change. https://nsarchive2.gwu.edu/nukevault/ebb245/doc01.pdf; Tyler, Patrick. U.S. Strategy Plan Calls for Insuring No Rivals Develop: A One-Superpower World. New York Times, 8.3.1992; Gellman, Barton. Die USA an erster Stelle halten: Das Pentagon würde eine rivalisierende Supermacht ausschliessen. The Washington Post, 11.3.1992
62  Dugin, Alexander. Putin’s Geopolitical Revolution. Substack, 11.2.2024,https://alexanderdugin.substack.com/p/putins-geopolitical-revolution
63  Schröter, a.a.O., S. 142f.
64  zit. n. Schröter, a.a.O., S. 143f.
65  Diesen, Glenn. The Ukraine War and the Eurasian World Order. Atlanta 2023, S. 349
66  Sakwa, Richard. Frontline Ukraine. Crisis in the Borderlands, London 2016, S. 227
67  Berglöf, Erik; Rashkovan, Vladyslav. Reconstructing and Reforming Ukraine. LSE Public Policy Review, 2023, S. 2, https://ppr.lse.ac.uk/articles/10.31389/lseppr.95; Ukraine Rapid Damage and Needs Assessment. February 2022 – February 2023. World Bank Group, März 2023, https://documents1.worldbank.org/curated/en/099184503212328877/pdf/P1801740d1177f03c0ab180057556615497.pdf
68  Dudik, Andrea; Safronova, Olesia; Sykes, Patrick; Wass, Sanne. The $1 Trillion Race to Rebuild Ukraine is Slowly Getting Going. Bloomberg, 9.3.2024
69  Warum ein EU-Beitritt der Ukraine teuer werden kann. Upday, 11.12.2023, https://www.upday.com/de/warum-ein-eu-beitritt-der-ukraine-teuer-werden-kann; Busch, Berthold; Sultan, Samina. Fiskalische Aspekte einer EU-Erweiterung. Folgen eines EU-Beitritts der Ukraine für den Haushalt und die Kohäsionspolitik. IW-Report 63/2023, 11.12.2023, S. 4; https://www.iwkoeln.de/studien/berthold-busch-samina-sultan-folgen-eines-eu-beitritts-der-ukraine-fuer-den-haushalt-und-die-kohaesionspolitik.html
70  Röper, Thomas. Was wäre, wenn die EU nicht Krieg, sondern die Menschen als Priorität gehabt hätte […]? Anti-Spiegel, 9.2.2025, https://anti-spiegel.ru/2025/was-waere-wenn-die-eu-nicht-krieg-sondern-die-menschen-als-prioritaet-gehabt-haette/
71  Todd, Emmanuel. La Troisième Guerre Mondiale a commencé. Le Figaro, 13.1.2023, https://www.lefigaro.fr/vox/monde/emmanuel-todd-la-troisieme-guerre-mondiale-a-commence-20230112
72  «A policy of unchallengeable military domination over the earth, accompanied by a unilateral right to overthrow other governments by military force, is an imperial policy […]. It marks a decisive choice of force and coercion over cooperation and consent as the mainstay of the American response to the disorders of the time. And if the United States continues to pursue an Augustan policy, then the stage will be set for catastrophe […]. The imperial temptation for the United States is the path of arrogance and ignorance.» Schell, Jonathan. The Unconquerable World. Power, Nonviolence, and the Will of the People. New York: Metropolitan 2003, S. 329
73  https://www.ifo.de/pressemitteilung/2024-07-08/sanktionen-beeintraechtigen-russlands-kapazitaeten-zur-kriegsfuehrung-kaum
74  Russia and US eye joint Arctic energy projects after Saudi talks. Politico, 18.2.2025, https://www.politico.eu/article/russia-us-saudi-arctic-energy-rdif-ukraine-russia-capital/
75  Martyanov, Andrei. America’s Final War. Atlanta 2024, S. 50, 74
76  «Never in the history of warfare has the gap between the capacity of the tools of destruction of opposing forces been as massive as it is today between Nato and Russia. Moreover, this gap concerns not just technology of Russia and Nato, but the operational concepts that give birth to those weapon systems. It is the latter which features so heavily in any assessment of whether Western forces will ever be able to catch up. The carrier-centric navies are in their final days of existence as a viable force on the 21st century global battlefield.» Martyanov, Andrei, America’s Final War. Atlanta 2024, S. 166; «Our probability models for defense against missile attacks show that U.S. THAAD and Aegis systems cannot be relied on to counter Oreshnik and are unlikely to achieve reliability within the next 15 years.» General Herbert McMaster, Former US National Security Advisor. Assessment of Russian Oreshnik missile system, January 9, 2025. Centre for War Studies, 12.1.2025
77  Butterwegge, Christoph. Der Traum vom Fahrstuhl nach oben. Süddeutsche Zeitung, 5.9.2024, https://www.sueddeutsche.de/kultur/ungleichheit-und-afd-christoph-butterwegge-lux.CPCvVkKUHBPVEiGgXQytFk?reduced=true
78  https://www.wiwo.de/politik/ausland/ukraine-krieg-infografik-welche-laender-russland-sanktionieren-und-wer-sich-enthaelt/28312140.html; https://de.wikipedia.org/wiki/Sanktionen_gegen_Russland_seit_dem_%C3%9Cberfall_auf_die_Ukraine#T%C3%BCrkei
79  Petro, Nikolai. The Proxy-War is Collapsing. Neutrality Studies, 2.3.2024, https://www.youtube.com/watch?v=4bt9sAo8cME
80  https://ecfr.eu/publication/united-west-divided-from-the-rest-global-public-opinion-one-year-into-russias-war-on-ukraine/
81  Kampmark, Ninoy. Bypassing Sanctions: Russia, Trade Routes and Outfoxing the West. CounterPunch, 12.9.2024, https://www.counterpunch.org/2024/09/12/bypassing-sanctions-russia-trade-routes-and-outfoxing-the-west/
82  https://www.ifo.de/pressemitteilung/2024-09-04/stimmung-der-autoindustrie-verschlechtert-sich-erneut
83  https://www.businessinsider.de/wirtschaft/wirtschaft-deutschland-niedergang-wachstumskraft-halbiert-arbeitskraeftemangel-klima-umbau-institute/
84  https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/imd-studie-wirtschaftsstandort-deutschland-faellt-weiter-zurueck/100046096.html
85  https://www.welt.de/wirtschaft/article252177038/11-000-Insolvenzen-im-1-Halbjahr-Das-bricht-vielen-Betrieben-das-Genick-Pleitewelle-trifft-das-Land-schwer.html
86  Rusche, Christian. Deindustrialisierung – Aktuelle Entwicklungen von Direktinvestitionen. IW-Kurzbericht 15/2024
87  Giese, Gudrun. «Toxischer Cocktail» für die Wirtschaft. Junge Welt, 29.5.2024, https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/476204.schlie%C3%9Fungsreport-2023-toxischer-cocktail-f%C3%BCr-die-wirtschaft.html
88  https://x.com/LindseyGrahamSC/status/1832160396846776710
89  Schröter, a.a.O., S. 147
90  Zum tendenziellen Fall der Profitrate s. Nachtwey, Oliver. Die Abstiegsgesellschaft. Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne. Frankfurt a. M. 2016 (3), S. 53–63
91  Penn, Thomas J. Dritter Weltkrieg? Was Washington von Russland wirklich will. rt, 16.2.2025,https://dert.site/international/131335-was-washington-von-russland-wi
92  «La dixième et dernière surprise est en train de se matérialiser. C’est la défaite de l’Occident. On s’étonnera d’une telle affirmation alors que la guerre n’est pas terminée. Mais cette défaite est une certidude parce que l’Occident s’autodétruit plutot qu’il n’est attaqué par la Russie.» Todd, Emmanuel: La Défaite de L’Occident. Paris 2023, S. 19
93  Orwell, George. Nineteen Eighty-Four. A Novel. Harmondsworth: Penguin 1954, S. 160f.
94  Van der Pijl, Kees. Die belagerte Welt. Corona: Die Mobilisierung der Angst – und wie wir uns daraus befreien können, Ratzert 2021, S. 10
95  Van der Pijl, Kees. Die belagerte Welt. Corona: Die Mobilisierung der Angst – und wie wir uns daraus befreien können, Ratzert 2021, S. 55
96  EU drowing in poverty while funding Ukraine, «Israel» wars. Al Mayadeen, 26.10.2024, https://english.almayadeen.net/news/Economy/eu-drowning-in-poverty-while-funding-ukraine---israel--wars
97  Ritter, Scott. Trump’s Call with Putin. Project Ukraine is over. Interview for Jamarl Thomas, 14.2.2025, @ScottRitter
98  Kronauer, Jörg. Auf Abstand. Konzentration auf den finalen Kampf gegen China: Die USA drehen Europa den Rücken zu. Dort will man die Reihen schliessen. Junge Welt, 15.2.2025, https://www.jungewelt.de/artikel/494035.weltpolitik-auf-abstand.html
99  Ukraine-Friedenstruppe: Starmer prescht vor, Scholz bremst. Wirtschaftswoche, 17.2.2025, https://www.wiwo.de/politik/ausland/ukraine-krieg-ukraine-friedenstruppe-starmer-prescht-vor-scholz-bremst/30215904.html. Der russische Aussenminister Lawrow: «Any appearance by armed forces under some other flag does not change anything. It is of course completely unacceptable.» Debusmann, Bernd; Wright, George; Pomeroy, Gabriela. Trump says Ukraine could have made a deal earlier. BBC Newsm 19.2.2025, https://www.bbc.com/news/articles/cd0n5e1pdz9o
100  Diesen, Glenn. Hegseth replaces Deception with Reality. Substack, 13.2.2025, https://glenndiesen.substack.com/p/hegseth-replaces-deception-with-reality?publication_id=2670149&post_id=157055942&isFreemail=true&r=9vuj8&triedRedirect=true
101  Scholz, Olaf. Bundestag soll für Aufrüstung Notlage erklären. NTV, 14.2.2025, https://www.n-tv.de/politik/Olaf-Scholz-will-fuer-Aufruestung-Notlage-im-Bundestag-erklaeren-article25563349.html
102  Pancevski, Bojan; Ward, Alexander. Vance Wields Threat of Sanctions, Military Action to Push Putin into Ukraine Deal. The Wall Street Journal, 14.2.2025, https://www.wsj.com/world/europe/vance-wields-threat-of-sanctions-military-action-to-push-putin-into-ukraine-deal-da9c18ac?mod=hp_lead_pos1
103  «The threat that I worry the most about vis-à-vis Europe is not Russia. It’s not China, it’s not any other external actor. And what I worry about is the threat from within. The retreat of Europe from some of its most fundamental values, values shared with the United States of America. Dismissing people, dismissing their concerns […], shutting down media, shutting down elections […] protects nothing. It is the most surefire way to destroy democracy […]. If you’re running in fear of your own voters, there is nothing America can do for you.» McLeary, Paul; Cienski, Jan; Lynch, Suzanne; Gramer, Robbie. JD Vance attacks Europe over migration, free speech. Politico, 14.2.2025, https://www.politico.eu/article/us-vice-president-jd-vance-attack-europe-migration-free-speech/?utm_source=email&utm_medium=alert&utm_campaign=JD%20Vance%20attacks%20Europe%20over%20migration%2C%20free%20speech
104  Affront auf der Münchner Sicherheitskonferenz. JD Vance trifft Merz – nicht aber Scholz. Tagespiegel, 14.2.2025, https://www.tagesspiegel.de/internationales/affront-auf-der-munchner-sicherheitskonferenz-jd-vance-trifft-merz--nicht-aber-scholz-13201645.html; JD Vance attacks Europe over migration, free speech. Politico, 14.2.2025, https://www.politico.eu/article/us-vice-president-jd-vance-attack-europe-migration-free-speech/?utm_source=email&utm_medium=alert&utm_campaign=JD%20Vance%20attacks%20Europe%20over%20migration%2C%20free%20speech
105  Rügemer, Werner. Nato im Kanzleramt? Nachdenkseiten, 13.2.2025, https://www.nachdenkseiten.de/?p=128643
106  Staab, Philipp. Digitaler Kapitalismus. Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2020(2), S. 282–286
107  Wolin, Sheldon S. Umgekehrter Totalitarismus. Faktische Machtverhältnisse und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf unsere Demokratie. Frankfurt a. M. 2023
108  Engels, David. Auf dem Weg ins Imperium. Die Krise der Europäischen Union und der Untergang der römischen Republik. Historische Parallelen. Berlin u. München 2023
109  Escobar, Pepe. The crisis-ridden U.S. empire wants to take the world down with it in nuclear flames. Strategic Culture Foundation, 6.9.2024, https://strategic-culture.su/news/2024/09/06/crisis-ridden-us-empire-wants-to-take-world-down-with-nuclear-flames/
110  President Trump says he wants to work with China and Russia on the issue of «slowing down, stopping and reducing nuclear weapons». Trump went on to declare that «there’s no reason for us to be building brand-new nuclear weapons […]. We already have so many you can destroy the world 50 times over, 100 times over». He also said he would urge Russia and China to join him in cutting their respective military budgets by half. Ritter, Scott. Disarmament in a time of Chaos. Substack, 14.2.2025
111  Lancaster, Patrick. Russia and the U.S. Hold Peace Negotiations on Ukraine in Saudi Arabia: What You Need to Know. Substack, 19.2.2025, https://substack.com/@patricklancasternewstoday/note/c-94555937
112  Berger, Jens. Billionenschulden für Waffen – und der Wähler darf es noch nicht wissen. Nachdenkseiten, 18.2.2025, https://www.nachdenkseiten.de/?p=128869 
113  «Nato has lost the proxy war in Ukraine, and the US aims to hand over the pending disaster to the Europeans. Trapped by their own rhetoric and ideology, the Europeans have accepted to go down with the ship.» Diesen, Glenn, X, 19.2.2025, https://x.com/Glenn_Diesen/status/1892101375921623410
114  Baerbock und Merz: Deutschland soll «Taurus» an Kiew liefern. Transition News, 16.2.2025, https://transition-news.org/baerbock-und-merz-deutschland-soll-taurus-an-kiew-liefern
115  Anders, Günter. Die Antiquiertheit des Menschen. Erster Band: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution. München: Beck 1983(6), S. 264f., 276, 279
116  «Qu’est-ce donc que cette Europe? C’est une sorte de cap du vieux continent, un appendice occidental de l’Asie.» Valéry, Paul. Note (ou L‘Européen), 1924, https://api.canalacademies.com/sites/default/files/documents/2012-05/L_Europe_vue_par_Paul_Valery.pdf

Patrik Baab ist Politikwissenschaftler und Publizist. Seine Reportagen und Recherchen über Geheimdienste und Kriege passen nicht zur Propaganda von Staaten und Konzernmedien. Seit 25 Jahren berichtet er aus Russland, aber auch aus Grossbritannien, dem Balkan, Polen, dem Baltikum und Afghanistan. Er hat verschiedene Bücher geschrieben, darunter «Im Spinnennetz der Geheimdienste. Warum wurden Olaf Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet» (2017), «Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung» (2022), «Auf beiden Seiten der Front» (2023) und «Propaganda-Presse. Wie uns Medien und Lohnschreiber in Kriege treiben» (2024). Mehr Informationen gibt es auf seiner Homepage: patrikbaab.de. Der hier abgedruckte Text ist die überarbeitete Version eines Vortrages, den Patrik Baab am 15. Februar 2025 vor Lesern von Zeit-Fragen gehalten hat.

Chance der Konfusion – Zeitenwende?

von Urs Graf

Seitdem in Washington eine neue Administration im Amte ist, herrscht unter den Eliten des atlantisch ausgerichteten Westeuropa Konfusion. Über Jahrzehnte haben sie die mehr oder minder diskreten Anweisungen aus Übersee befolgt – und jetzt vernehmen sie von dort das Kommando «Machine arrière!». Und der neue Vizepräsident Vance kritisierte sie in seiner Münchner Rede sogar für ihre Folgsamkeit.
  Es würde diesen Textbeitrag sprengen, nachzuzeichnen, wie sich der von Vance kritisierte Zustand in Europa seit dem Ersten Weltkrieg entwickelt hat. Man kann die Europäer sicher nicht exkulpieren, aber der amerikanische Einfluss ist unverkennbar. Die USA als Sieger beider Weltkriege stiegen zur einzigen Weltmacht auf. Ihr Narrativ wurde in Europa so weitgehend übernommen, dass fast in Vergessenheit geriet, was vorher war. Die 1949 gegründete Nato verkörperte die Pax Americana. Seither kam «aller Fisch aus Lutetia» (Paris, transalpine Regionalzentrale des Römerreiches), wie es in den Asterix-Comics heisst. Nur dass dieser Zustand – bei Lichte betrachtet – nicht als «Pax» bezeichnet werden darf, ist eine andere Frage, eine Frage des Völkerrechts nämlich. Dessen Anfänge stammen aus der Tradition des Europäischen Humanismus, der an die griechische Antike anknüpfte und ab Beginn der Renaissance allmählich weiterentwickelt wurde – trotz aller Kriege und Gewalttaten durch die ganze Geschichte. Die Menschen in Europa bekamen damit einen Massstab für ihr Handeln, auch wenn dieser leider oft nicht eingehalten wurde. Stationen auf diesem Weg sind mit Namen wie Erasmus von Rotterdam (1467–1536) verbunden. Etwa 100 Jahre später wurde der sogenannte Westfälische Friede 1648 in Münster und Osnabrück ausgehandelt. Der einigende Kongress nach den Napoleonischen Kriegen fand 1815 in Wien statt, und eine weitere Station war 1907 in Den Haag, wo das Neutralitätsrecht definiert wurde. Die Charta der Vereinten Nationen von 1945 war eine weitere Wegmarke in dieser langen Entwicklung. Sie enthält diejenigen völkerrechtlichen Grundsätze, welche europäische Staaten noch 2003 davon abhielten, sich am Irak-Krieg zu beteiligen. US-Präsident G.W. Bush schimpfte damals über die «stinky old Europeans».

Conditio humana – 
Konstante der Kulturgeschichte 

Formen des Zusammenlebens und staatliche Strukturen haben sich im Verlauf der Geschichte immer wieder verändert. Was seit Menschengedenken fortbesteht, ist die Conditio humana. Die Menschennatur zu erkennen und zum Blühen zu bringen, sind wir Europäer aufgefordert durch das «werde, der du bist» aus der griechischen Antike. Ohne Fürsorglichkeit schon in den ursprünglichen Lebensgemeinschaften hätte die Menschheit keinen Bestand bis heute. Mitmenschlichkeit über die eigene Sippe hinaus ermöglicht ein friedliches Zusammenleben und bildet das Fundament von genossenschaftlich-demokratischen Gemeinwesen. Die Strukturen und Institutionen unserer Staaten, welche die politische Kultur ausmachen, haben diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen. Daraus bezieht der Staat seine Legitimität, und ebenso ergibt sich die Rechenschaftspflicht aller Amtsträger gegenüber ihren Mandanten, dem Staatsvolk.
  Es muss (endlich!) um die gerechte Versorgung der Menschen mit lebensnotwendigen Gütern gehen, und nicht um die Verteidigung von Vorrechten für wen auch immer. Darin läge genügend Orientierung für die kommende Zeit.
  Schliesslich geht es auf allen Ebenen des menschlichen Zusammenlebens darum, ob man sich auf Augenhöhe ins Einvernehmen setzen und die gestellten Aufgaben miteinander lösen oder ob man sich durchsetzen, die andern aus dem Wettbewerb verdrängen und/oder auf sonstige Weise dominieren will. Letzteres kennen wir zur Genüge. Die Situation der Menschheit gebietet ein Umdenken. Und es gibt viele Stimmen, die das heute deutlich aussprechen.

«Kein Interesse an irgendwelchem Unsinn»

«Moskau hat kein Interesse an einem Abkommen, das es Nato-Truppen, insbesondere französischen oder britischen, erlaubt, sich unter irgendwelchen Umständen in der Ukraine niederzulassen, sei es als Friedenstruppen oder was auch immer. Wenn Präsident Trump wirklich will, dass dieses Abkommen funktioniert, muss er Putins Worte noch einmal überprüfen. Präsident Trump muss sich von der Idee verabschieden, irgendjemanden in die Ukraine zu lassen, der kein Ukrainer ist. Über Geschäfte mit Seltenen Erden zu sprechen, um uns irgendwie für einen Krieg zu entschädigen, den wir nach Kräften gefördert und angezettelt haben, für einen Krieg, den wir subventioniert haben, für einen Krieg, der auf Grund unseres Einflusses viel länger gedauert hat, als er hätte dauern sollen, ist eine Katastrophe. Ich denke, er [Trump] sollte vielmehr an die menschlichen Verluste denken. Er sollte anerkennen, dass dieses Land jetzt zerstört ist, dass auch Russland einen Preis für seinen Sieg bezahlt hat, und sich zurückziehen. Er sollte aufhören, über Deals zu reden, die uns für ‹gute Taten› entschädigen. Wir haben nichts Gutes getan, wir haben das Gegenteil getan. Übrigens bin ich mir bei diesem Geschäft mit den Seltenen Erden nicht sicher, wieviel tatsächlich vorhanden ist. Ich habe mehrere Berichte gesehen, die darauf hindeuten, dass es sehr wenig gibt. Vielleicht gibt es andere Mineralien, vielleicht Lithium oder andere Dinge. Ich weiss es nicht, aber zu diesem Zeitpunkt halte ich es sowohl für geschmacklos als auch für schlecht beraten, öffentlich darüber zu sprechen. Ich weiss, dass Präsident Trump sehr stolz darauf ist, sehr geschäftsorientiert zu sein, aber hier übertreibt er es ins Extreme. Die Russen sind todernste Leute, sie bluffen nicht. Die Deutschen auch nicht. Ich glaube, gerade die Russen haben jetzt kein Interesse an irgendwelchem Unsinn. Sie werden keine strategische Absicherung ernstnehmen, die Präsident Trump oder wer auch immer zu schaffen glaubt. Sie wollen ein Ende der Sache. Sie sind bereit, mit uns ein Abkommen zu schliessen. Sie sind an einer Sicherheitsarchitektur für Europa, Russland und die USA interessiert. Wir müssen das sehr ernst nehmen. Das sollte als ein strategischer Wendepunkt in der Geschichte Europas und, offen gesagt, der Welt gesehen werden. Entsprechend ernst sollten wir das nehmen. Wir sollten uns hinsetzen und es ausarbeiten, egal, wie viele Monate es dauert, denn es könnte die Grundlage für Jahrzehnte des Wohlstands, des Friedens und der Stabilität sein.»

Quelle: Douglas Macgregor,
ehemaliger Oberst der US-Armee und Politikwissenschaftler,
 in einem Interview für den geopolitischen Podcast «Judging Freedom» vom 26.2.2025;
 https://www.youtube.com/watch?v=cC0PQQ4Yn-Y

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