Deutschland hatte sich in den Vereinten Nationen (UN) einmal einen sehr guten internationalen Ruf erarbeitet. Unser Land hat eine aktive Rolle bei der Weiterentwicklung des internationalen Rechts gespielt, zum Beispiel bei der Verabschiedung der Konventionen für bürgerliche und politische sowie für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; bei dem Übereinkommen gegen Folter; und natürlich bei der Frauenrechtskonvention.
Deutschland ist der viertgrösste Beitragszahler der Vereinten Nationen. Ebenso stellt Deutschland hohe freiwillige Beträge für Friedenssicherungsmissionen der Vereinten Nationen zur Verfügung. Die UN-Generalversammlung hat die Bereitschaft der Bundesregierung, in Zusammenarbeit mit der Regierung von Namibia die Federführung für Reformen der Vereinten Nationen zu übernehmen, mit grosser Mehrheit willkommen geheissen. Durch diese Zusammenarbeit konnte die UN-Generalversammlung im September 2024 einen Pakt für die Zukunft der Vereinten Nationen verabschieden.
Baerbock hat aussenpolitisch
viel Porzellan zerschlagen
Trotzdem ist das Image Deutschlands heute weltweit nicht mehr das, was uns Ehre macht. Immer wieder hat die aus dem Amt scheidende Regierung in ihren Reaktionen auf die grossen Krisen unserer Zeit, besonders den Krieg in der Ukraine und den asymmetrischen Konflikt zwischen Palästina und Israel, kein Rückgrat im Sinne des UN-Charta-Rechts und der Genfer Konventionen gezeigt. Die Einseitigkeit der deutschen Politik in ihren Stellungnahmen sind immer wieder mit Unfassbarkeit bei uns – und noch viel mehr im Ausland – aufgenommen worden. Bei einer grossen internationalen Konferenz in Istanbul 2023 wurde uns in Gesprächen mit zwei ehemaligen Aussenministern, einem aus dem Mittleren Osten, einem anderen aus Europa, bedeutet, wie enttäuscht man von der deutschen Aussenpolitik ist.
Als ehemalige langjährige Mitarbeiter in den Vereinten Nationen verfügen wir über ein grosses Netzwerk an weltweiten Kontakten. Wichtig ist aber, dass diese immer wieder eindringlich zeigen, dass deutsche auswärtige Politik uns auf eine Schmalspur abgeschoben hat. Deutschland verliert weiterhin Ansehen und Einfluss in Europa und in der Welt.
«Aussenpolitik wird im Kanzleramt gemacht», hatte der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich einmal verlauten lassen. Daraus ist nichts geworden. Das aussenpolitische Porzellan wurde von der Ressortministerin Annalena Baerbock zerschlagen. Mit den Worten von Jeffrey Sachs, dem bekannten ehemaligen Professor an der Columbia University und Berater dreier UN-Generalsekretäre: «Baerbock ist eine Kriegstreiberin. Ich kann nicht glauben, was da aus ihrem Mund herauskommt.» Sachs erinnerte daran, dass ein Aussenminister als Diplomat bereit sein muss, mit allen zu sprechen.1 Doch Baerbocks öffentliches Auftreten hat immer wieder gezeigt, dass sie dazu nicht bereit ist.
Abbau von Spannungen oder Friedensverhandlungen mit Kompromissbereitschaft will sie nicht unterstützen. Sie ist alles andere als eine Brückenbauerin. Frau Baerbock hat mehrmals gezeigt, dass sie internationales Recht und den Geist und die Ethik der Charta der Vereinten Nationen nicht versteht. Das hat sie mit Aussagen bewiesen wie: man müsse Russland so schädigen, dass «es volkswirtschaftlich jahrelang nicht mehr auf die Beine kommt», und bezüglich der Ukraine: «Wir stehen bei euch, solange ihr uns braucht, egal was meine deutschen Wähler denken.»
Andere Länder wollen sich
nicht von Deutschland belehren lassen
«Frieden durch Stärke» bedeutet für Baerbock militärische, nicht menschliche Sicherheit, wie sie von den Vereinten Nationen, besonders beim Kinderhilfswerk Unicef, dem Entwicklungsprogramm UNDP, dem Welternährungsprogramm WFP und natürlich auch von UN-Generalsekretär António Guterres immer wieder gefordert werden.
Dass die Noch-Aussenministerin durch ihre vielen, und im Sinn internationaler Beziehungen meist erfolglosen, Reisen Deutschland und Europa erheblichen Schaden eingebracht hat, braucht nicht betont zu werden. Die Regierungen von Ländern wie Indien, China oder Malaysia, aber auch andere, haben der deutschen Aussenministerin bei ihren Besuchen bescheinigt, dass ihre Belehrungsversuche und ihre Besserwisserei nicht willkommen sind.
Warum weisen wir darauf hin? Weil wir nicht verstehen, warum die nun abtretende Bundesregierung Annalena Baerbock trotz minderwertiger Arbeit für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung für 2025/26 anstelle von Helga Schmid bevorzugt. Annalena Baerbock hat weder multilaterale noch bilaterale Erfahrung, während Helga Schmid, als ehemalige Generalsekretärin der OSZE und Diplomatin in leitenden Funktionen im Auswärtigen Amt, genau die Erfahrungen hat, die in den Vereinten Nationen dringlich gebraucht werden.
Wir sind der Meinung, dass die neue Regierung ernsthaft überdenken sollte, wie Deutschland die wichtige Position des Präsidenten der UN-Vollversammlung angemessen besetzen kann, um zu vermeiden, dass unser Ansehen in der Welt neuen Schaden erfährt. Und dies in einer Zeit, in der viele Regierungen – besonders in der nichtwestlichen Welt – und nichtstaatliche Organisationen sich für eine gerechtere und multilaterale Neuordnung einsetzen, so wie es in dem UN-Pakt für die Zukunft der Vereinten Nationen vorgesehen ist. •
Erstveröffentlichung Berliner Zeitung vom 25.3.2025;
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Autoren
1 Berliner Zeitung vom 2.2.2025
* Hans-Christof von Sponeck (Jahrgang 1939) ist ehemaliger Beigeordneter UN-Generalsekretär. Michael von der Schulenburg (Jahrgang 1948) ist ehemaliger Beigeordneter UN-Generalsekretär und heute Abgeordneter des Europaparlaments für das Bündnis Sahra Wagenknecht.
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