Euro-Barometer – Vertrauen in die EU hat «historischen Tiefstand erreicht»

Euro-Barometer – Vertrauen in die EU hat «historischen Tiefstand erreicht»

Gegen den Willen der Bürger fordern 11 EU-Aussenminister eine Weltmacht EU

von Karl Müller

Am 17. September haben 11 Aussenminister von Staaten der Europäischen Union (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal und Spanien) einen 12seitigen Abschlussbericht über ihre Vorstellungen für die Zukunft der Europäischen Union vorgelegt. Der Bericht geht eindeutig in Richtung von mehr politischer Macht für die Institutionen der EU in Brüssel und Strassburg und richtet sich gegen das Subsidiaritätsprinzip und gegen eine Fortentwicklung der EU etwa in Richtung eines «Europas der Vaterländer». Ziel ist eine Weltmacht EU – aber ohne Recht und Demokratie.

Die Aussenminister wissen, dass die EU bei den Bürgern Europas immer weniger Zustimmung findet. So berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» am 18. September über eine aktuelle Umfrage des Instituts TNS Emnid. Demnach war die EU-Skepsis in Deutschland noch nie so gross wie heute. 63 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen persönlich besser gehen würde, wenn der Euro nicht eingeführt und die D-Mark beibehalten worden wäre. 48 Prozent der Befragten glauben nicht mehr, dass die EU ihnen persönliche Vorteile bringe. Und nur noch 42 Prozent, deutlich weniger als die Hälfte der Befragten, glauben, dass der soziale Friede in Deutschland durch die Mitgliedschaft in der EU sicherer geworden ist. Weitere aktuelle Umfragen, so zum Beispiel des Demoskopischen Instituts in Allensbach, bestätigen dieses Meinungsbild. Selbst das von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Euro-Barometer kommt zum Ergebnis, dass das Vertrauen in die EU «einen historischen Tiefstand erreicht» hat. Diese kritischen Stimmen nehmen die Aussenminister nicht ernst, sondern sie tun sie mit der Formel ab: «In vielen Teilen Europas sind Nationalismus und ­Populismus auf dem Vormarsch […].» Das erinnert doch sehr an das Verhalten von Diktatoren, die jede Kritik als finstere Machenschaft abtun und den Bezug zur Realität mehr und mehr verlieren.
Das Papier der Aussenminister konzentriert sich auf zwei Kernforderungen. Zuerst schreiben sie: «Die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion hat absolute Priorität.» Als weiteres Ziel streben sie, ohne es direkt so zu nennen, eine mehr oder weniger völlige Entmachtung der Nationalstaaten in zentralen Politikbereichen an.
Beim ersten Ziel streben die Aussenminister zuerst ein Ende der nationalen Haushaltshoheit an. Die Minister bezeichnen dies als «integrierten Finanzrahmen» und «integrierten Haushaltsrahmen». Dazu soll es «wirksame Überwachungsbefugnisse mit konkreten Kompetenzen für die europäischen Institutionen zur Überwachung der Haushalte und Umsetzung der fiskalpolitischen Massnahmen der Mitgliedstaaten» geben, so wie sie schon jetzt in Ansätzen mit dem sogenannten Fiskalpakt beschlossen wurden.
Sobald aber die Euro-Krise überwunden sei, so die Minister, müsse die EU grosse Schritte tun, «um ein stärkerer Akteur auf der Weltbühne zu werden». Dazu soll der Aussenbeauftragte der EU mehr Befugnisse erhalten, die «Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik» müsse gestärkt werden, im gesamten Bereich der «Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik» (GASP) brauche es «verstärkt Mehrheitsentscheidungen» innerhalb des Europäischen Rates; das heisst die Aussen-, Sicherheits- und Verteidigungs­politik der EU soll sich dann auch gegen den Willen eines EU-Mitgliedstaates richten können. Schliesslich soll eine einheitliche EU-Verteidigungspolitik mit einer EU-Armee angestrebt werden. Offensichtlich geht es den Aussenministern vor allem um eine kriegsfähige und kriegsbereite EU. Unterschiedliche Positionen zwischen den Mitgliedstaaten der EU, so wie es sie beim Irak- und beim Libyen-Krieg gegeben hat, sollen künftig per Mehrheitsentscheid übergangen werden.
Als akzeptable Begründung für ihre Forderungen bieten die Aussenminister nichts. Sie knüpfen lediglich an ein verbreitetes Vorurteil an; 57 Prozent der Befragten in der oben genannten Umfrage glauben nämlich, dass die EU notwendig sei, um «in Zukunft mit den Grossmächten China, Vereinigte Staaten von Amerika, Russland oder Indien wirtschaftlich mithalten zu können». So behaupten die Aussenminister, im «sich immer weiter verstärkenden Prozess der Globalisierung» und im «weltweiten Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften, Ideen und Gesellschaftsmodellen» könnten die Staaten Europas (interessanterweise sprechen die Minister nicht nur von der EU, sondern von «Europa» – und meinen das vielleicht auch so) «nur vereint» ihre «Werte und Interessen […] wahren». Unterschlagen wird dabei, wie erfolgreich gerade kleine und freie, demokratische Staaten in einem freiheitlichen und gleichberechtigten, in einem friedlichen Wettbewerb sein können. Die Schweiz ist dafür ein Beispiel in Europa. Solche Beispiele gibt es aber auch auf anderen Kontinenten. Wenn aber die Aussenminister an reine Machtpolitik mit allen Mitteln denken, an gewaltige Kriege, dann hat ihre Begründung eine gewisse barbarische Logik. Daran werden die Bürger, die sich in der Meinungsumfrage geäussert haben, wohl kaum gedacht haben.
Selbstverständlich schreiben auch die Aussenminister der EU-Staaten von mehr Legitimation und mehr Demokratie. Aber hier werden die Worte doch arg missbraucht. Konkret meinen die Aussenminister damit nämlich lediglich mehr Befugnisse für das sogenannte EU-Parlament und andere EU-Institutionen. Aber auch mit mehr Befugnissen kann das bürgerferne Gebilde in Strassburg und Brüssel nicht demokratischer werden. Und mehr Befugnisse für die EU-Kommission, welche die Aussenminister ebenfalls fordern, ist gewiss kein Beitrag für mehr Demokratie.
Die Zukunft Europas braucht einen anderen Weg. Europa kann nur dann eine Zukunft haben, wenn es sich tatsächlich auf seine Werte besinnt und diese politisch auch umsetzt. Ein Gebilde wie die EU kann keine Demokratie werden und ist auch gar nicht darauf angelegt. Der Politikwissenschaftler Professor Graf Kielmannsegg hat vor ein paar Tagen geschrieben: «Wer wollte bezweifeln, dass ein 500-Millionen-Gebilde wie die Europäische Union, zusammengesetzt aus einer Vielzahl von Nationen, nicht in dem Sinne Demokratie sein kann, wie es die Gliedstaaten sind? Die Vorstellung, es bedürfe nur eines starken europäischen Parlaments, dann hätten wir auch eine europäische Demokratie, ist eine naive Illusion.» («Frankfurter Allgemeine Zeitung» vom 20. September) Oder eine perfide Täuschung der Bürger! Gute Aussenminister hätten gut daran getan, die Frage nach der Zukunft Europas ehrlicher anzugehen: im Sinne ihres Eides für das Wohl der Bürger ihrer Staaten, nicht weiterhin im Interesse von wer weiss wem.    •

Unsere Website verwendet Cookies, damit wir die Page fortlaufend verbessern und Ihnen ein optimiertes Besucher-Erlebnis ermöglichen können. Wenn Sie auf dieser Webseite weiterlesen, erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
Weitere Informationen zu Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
 

Wenn Sie das Setzen von Cookies z.B. durch Google Analytics unterbinden möchten, können Sie dies mithilfe dieses Browser Add-Ons einrichten.

OK