«Ich fürchte um die Demokratie»

«Ich fürchte um die Demokratie»

Ein Interview mit Konrad Adam

Prominente Euro-Kritiker haben die Wahlalternative 2013* gegründet. Welche Ziele verfolgen sie, und wie wollen sie sich in den Bundestagswahlkampf 2013 einbringen?

Compact: Sie sind – neben den Euro-Klägern Karl Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty, dem ehemaligen BDI-Chef Hans-Olaf Henkel und weiteren Prominenten – Mitgründer der Wahlalternative 2013. Was sind Ihre Ziele?

Konrad Adam: Wir haben uns in unserem Gründungsaufruf ganz bewusst auf das Thema Euro konzentriert. Die von der Kanzlerin ständig wiederholte Behauptung «Scheitert der Euro, dann scheitert Europa» ist nämlich ganz und gar nicht richtig. Diese ­Politik hat die Bundesrepublik in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Eine ­Politik des Weiter-so, wie sie CDU/CSU, SPD und Grüne vertreten, wäre fatal.

Was setzen Sie dagegen?

Wir konzentrieren uns auf drei Punkte. Zum einen darf Deutschland – durchaus im Einklang mit dem Maastricht-Vertrag – nicht mehr für die Schulden fremder Staaten aufkommen. Zum zweiten müsste das einheitliche Euro-Währungsgebiet aufgegeben werden. Zum dritten müssen alle Abtretungen wesentlicher Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland künftig über Volksabstimmungen genehmigt werden.

Warum fordern Sie nicht plakativ «Raus aus dem Euro»?

Die Folgen eines solchen grossen Schrittes sind schwer absehbar. Kleinere Schritte wären besser. Zum Beispiel könnten die defizitären Südstaaten sich zu einem gesonderten Süd-Euro zusammenschliessen und dann mit einem abgewerteten Wechselkurs ihre Exporte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger machen und so ihre Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Deutschland könnte die Euro-Zone für 24 Stunden verlassen, um eine solche Neujustierung in Gang zu setzen. […]

Was treibt Sie persönlich um, sich nach langen Jahren als Journalist und Publizist den Fährnissen der Politik auszusetzen?

Ich fürchte um die Demokratie in Deutschland. Hinter der Euro-Frage steht die Verfassungsfrage. Demokratie lebt von Gewaltenteilung. Aber wir müssen beobachten, wie die Volksvertreter in der Legislative ihr von den Wählern anvertrautes Mandat missbrauchen und Gesetze wie das zum permanenten Rettungsschirm ESM gar nicht richtig lesen, bevor sie ihm zustimmen. Dann wird die Judikative, das Bundesverfassungsgericht, zu Hilfe gerufen, das aber angesichts der Macht des Faktischen auch nicht mehr einschreiten kann. So sammelt sich alle Gewalt bei der Exekutive – und diese wandert mehr und mehr nach Brüssel ab. Oder in den Vorstand der Europäischen Zentralbank oder den Gouverneursrat des ESM, wo Deutschland jeweils nur eine einzige Stimme hat. Demokratie heisst Volksherrschaft – aber davon bleibt bei dieser Entwicklung nicht viel übrig.     •

* Alle Informationen zur Wahlalternative 2013 unter <link http: wa2013.de external-link-new-window external link in new>wa2013.de.

Konrad Adam (geb. 1942) war von 1979 bis 2000 Redakteur der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» und in der Folge bis 2008 Chefkorrespondent der «Welt» in Berlin. Gerade ist sein Buch «Kampf gegen die Natur. Die gefährlichen Irrwege der Wissenschaft» (Rowohlt-Verlag) erschienen. Das Interview führte Jürgen Elsässer.

Quelle: COMPACT-Magazin, November 2012 (<link http: www.compact-magazin.com>www.compact-magazin.com)

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