von Lukas Reimann, Nationalrat
Unsere Nachbarn halten in beeindruckender Deutlichkeit an Angela Merkel fest. Sie ersparen uns einen überheblichen Kanzler Steinbrück und weitere Dauerattacken gegen die Schweiz. Die Kavallerie ist gefallen – mit dem zweitschlechtesten SPD-Ergebnis ihrer Geschichte. Hochmut kommt vor dem Fall. Doch wie wichtig waren diese Wahlen überhaupt? Im Bundestag wird jedenfalls nicht mehr viel entschieden.
Von 23 167 Gesetzen und Verordnungen, die im Zeitraum 1998 bis 2004 beschlossen worden sind und für Deutschland verbindlich gelten, stammten fast 19 000 aus Brüssel, so eine Zusammenstellung des Bundesjustizministeriums auf eine Anfrage der CSU. Der Bundestag hat dagegen nur 4250 Vorlagen verabschiedet. Die Zahl der EU-bestimmten Erlasse ist seither von 84 Prozent auf aktuell über 90 Prozent angestiegen. Sie zeigt eindrücklich, wer für die oft beklagte Gesetzes- und Bürokratieflut wirklich verantwortlich ist. Die Probleme kommen aus Brüssel. Und es ist ein diametraler Widerspruch zur transparenten Demokratie. Deutschland wählt. Doch entschieden wird in Brüssel. Die sachwidrige Zentralisierung der Entscheidungsmacht schreitet voran. Bundespräsident a.D. Roman Herzog und Lüder Gerken, Direktor des Centrums für Europäische Politik, brachten es in einem vielbeachteten Artikel, «Europa entmachtet uns und unsere Vertreter», auf den Punkt: «Die institutionellen Strukturen der EU leiden in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung.»
Wir hätten als Kleinstaat nur minimalen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung.
Hinzu kommen die verbindlichen Entscheide des Europäischen Gerichtshofes EuGH. In seinen Urteilen zu Kompetenzfragen entscheidet er systematisch zugunsten einer EU-Zuständigkeit. EU-Recht ist – um es mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts zu sagen – «im Sinne einer grösstmöglichen Ausschöpfung der Gemeinschaftsbefugnisse» vorrangig. Der EU-Vertrag verpflichtet auch die Gerichte zur «Verwirklichung einer immer engeren Union».
Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen wird in der Bundesverfassung klar festgelegt. Ein entsprechender Kompetenzkatalog zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten fehlt. Somit entscheidet die EU heute über fast alle gesellschaftlichen Bereiche – ineffektiv, intransparent und undemokratisch.
Nun mögen deutsche Politiker einwenden, als Grossmacht könne Deutschland ja auch in Brüssel einiges mitbestimmen. Was für Deutschland bedingt stimmen mag, stimmt mit Sicherheit nicht für die Schweiz. Wir hätten als Kleinstaat nur minimalen Einfluss auf die EU-Gesetzgebung. Auf Grund der direkten Demokratie und von verbindlichen Volksentscheiden würden hier nicht nationale zugunsten von EU-Politikern entmachtet. Nein, entmachtet würde das Volk. Degradiert zu Zuschauern, die 90 Prozent der heutigen Volksabstimmungen gar nicht mehr oder nur noch unverbindlich durchführen könnten, da EU-Recht über Volksentscheiden stehen würde.
Deshalb ist das vom Bundesrat verabschiedete Verhandlungsmandat für eine institutionelle Anbindung an die EU gefährlich und abzulehnen. Es ist unter allen Umständen zu verhindern, dass die Schweiz in Zukunft dynamisch EU-Recht übernimmt oder sich dem EU-Gerichtshof unterstellt.
Der Verzicht auf eine eigenständige Rechtsetzung schränkt Unabhängigkeit und direkte Demokratie enorm ein. Höchste Gerichtsinstanz wäre die EU. Die Schweiz braucht keine institutionelle Anbindung an die EU. Im Gegenteil: Sie verdankt ihre freiheitliche Stellung und ihre gute wirtschaftliche Situation nur ihren eigenständigen Staatssäulen. •
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