von Willy Wimmer, ehemaliger Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium und Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE
Mazedonien, wer? Das war vor Wochenfrist die Frage vieler, als die Meldungen über das Aufflammen von Kämpfen mit zahlreichen Toten und Verletzten in einer mazedonischen Stadt die Wochenendnachrichten bei uns bestimmten. Über die Jahre ist Mazedonien in den Schlagschatten der westeuropäischen Aufmerksamkeit geraten. Das war einmal anders, als nach dem Ende der militärischen Auseinandersetzung um den Kosovo Kämpfe zur weiteren Trennung von Volksgruppen im südlichen Anrainer-Staat Mazedonien losgebrochen waren. Damals kamen wieder die Gedanken an Grossalbanien auf, denn es war fast ohne Zweifel, dass die albanischen Kämpfer in Mazedonien die offene und heimliche militärische Unterstützung der US-Army und der sonstigen amerikanischen Regierungsstellen genossen. Bewaffnet und ausgebildet waren diese Kräfte von denjenigen, die mittels der kosovarischen UÇK schon ihre Interessen bis hin zum Ausbruch des Krieges um den Kosovo durchzusetzen wussten. Damit wurden für jedermann mehrere Zielvorgaben deutlich:
Die staatsnahen Medien in unseren Ländern hatten jedenfalls die blutigen Ereignisse in dem Balkanstaat nicht auf dem Schirm, und das geneigte Publikum konnte anschliessend auch nicht erwarten, über die tatsächlichen und vermeintlichen Ursachen der Kämpfe aufgeklärt zu werden. Angeblich geht es um die Bekämpfung der Korruption, derer sich wohl jeder auf dem Balkan verdächtig gemacht hat. Aber das ist für Nato- und EU-Konsorten kein Grund zur Einflussnahme, weil jeder auf dem Globus weiss, mit welcher Inbrunst man sich gerade die ukrainische Korruption an die Brust gezogen hat. Nachdem ein deutscher Bundesaussenminister die Heroinproduktion in Afghanistan zum Grundpfeiler der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Gemeinwesen umfunktioniert hatte, sollte man Beteuerungen dieser Art seitens europäischer Spitzenvertreter ohnehin keinen Glauben mehr schenken. Die Leute, die sich hinter solchen Slogans versammeln und auf die Strassen gehen, sollten eines wissen: Sie laufen hinter den Argumenten aus medienwirksamen Zettelkästen her, an die selbst die Autoren nicht glauben.
Wahrscheinlicher ist es schon, was man darüber hört, dass die Kämpfe Einfluss nehmen sollen auf die wohl doch nicht so beigesetzten Pläne für den Bau einer russischen Pipeline zur Gasversorgung des südlichen Europas. Die Perspektivlosigkeit, in die Nato, EU und die Welt nach Lehman-Brothers gerade diese Staaten gestürzt hat, macht sie natürlich und verständlicherweise süchtig bei russischen finanziellen Avancen. Warum im Glauben an westliche Hoffnungslosigkeit verelenden, wenn die Sonne wieder – wie in alten Zeiten – im Osten aufgeht? Die mazedonischen Kämpfe sind unter diesen Umständen die ersten Signale einer Auseinandersetzung an einer neuen Front. Das machen auch die Äusserungen des serbischen Präsidenten Nikolic zum Kosovo und zu seiner Rückgewinnung deutlich. Die Bruchlinien auf dem Balkan verlaufen künftig nach einem neuen Muster. Wer hat auf welche Seite gesetzt, und wer wird erfolgreich sein? Moskau kommt zurück, denn es war nie weg. •
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