von Dr. phil. Judith Barben, Psychologin
1980 wurde die Grüne Partei Deutschlands von Vertretern der kommunistischen, ökologischen und anderer Gruppen im Gefolge der 68er Bewegung gegründet.1 Der damalige Vordenker der Grünen, Rudolf Bahro,2 hielt fest, dass es nicht genüge, Machtstellungen in der Gesellschaft zu erobern. Vorrangig müsse man versuchen, eine Wende im Denken der Menschen herbeizuführen. Eine «Psychotherapie grössten Stils» sei nötig, um die Bevölkerung «von der bis in die Tiefenschichten verinnerlichten, beschränkten Sozialisation [das heisst von den christlich-abendländischen Werten] zu befreien».3 Offensichtlich ging es also nicht um Umweltschutz4, sondern ökologische Anliegen wurden nur vorgeschoben, um die Öffentlichkeit mittels künstlich erzeugter Befürchtungen zu manipulieren. Das politische Ziel Bahros war die «Überwindung» von Marktwirtschaft, Demokratie und Technik5 und Hinwendung zu einer neuen «Praxis der Befreiung» und «Selbstfindung in therapeutischen und spirituellen Gruppen». Dabei dürfe man auch «den Durchgang durch Momente der Desintegration, des Nichts und des Chaos nicht scheuen».6 Als Fernziel nannte Bahro die Errichtung einer «Ökodiktatur» mit einem «grünen Adolf»7 an der Spitze. Doch vorerst müsse man daran arbeiten, auch «wertkonservative Strömungen ins Boot zu ziehen»8 und die Unterstützung der Medien zu gewinnen. In diesem Sinne verkündete er:
«Wir brauchen jetzt die Massenmedien, voran das Fernsehen, als Organ jener
letzten Aufklärung.»9
Schule und Kirche waren für Bahro Hindernisse, weil sie die christlich-abendländischen Werte hochhalten und vermitteln. So plante er die längerfristige Auflösung der Landeskirchen und Ersatz durch eine «unsichtbare Kirche», eine Art mystischer Naturreligion.10 Die Schulen sollten in lernbefreite Selbstverwirklichungsagenturen umgewandelt werden, denn eine ungebildete, desorientierte Jugend lässt sich leichter für politische Zwecke instrumentalisieren. In Bahros Worten: «Von dort her, wo ‹Kopf out› ist, können Ursprungsenergien für den Widerstand kommen.»11 Seine Langzeitstrategie lautete:
«Wir müssen versuchen, das politisch-psychologische Kräfteverhältnis in der Gesellschaft erstmal zugunsten des reformistischen Potentials in seiner Gesamtheit zu verändern. Eine andere Zielstellung ist kurzfristig, also auf kürzere Sicht für die nächsten zehn Jahre, sicherlich nicht realistisch. Praktisch bedeutet das den Versuch, dieses reformistische Potential zu erweitern. Wir müssen also südlich der Main-Linie und am Rhein angreifen, dort, wo Deutschland katholisch ist […]. Und wir müssen gleichzeitig versuchen, innerhalb des reformistischen Potentials, die radikalere Form, die Konzeption grundlegender struktureller Reform, die den kapitalistischen Reproduktionsprozess erstmal unter Kontrolle bekommt, zu stärken.»12
Dreissig Jahre später nimmt die Öffentlichkeit staunend zur Kenntnis, dass Bahros Strategie Punkt für Punkt aufgegangen ist.13 2011 wird im mehrheitlich katholischen Bundesland Baden-Württemberg, südlich der Main-Linie am Rhein gelegen, mit Winfried Kretschmann der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands gewählt. Unmittelbar nach der Wahl lässt dieser seine «katholische Maske» fallen14 und macht sich daran, das bundesweit beste (neben Bayern) Schulsystem Baden-Württembergs zu zerschlagen und umzukrempeln. Um die Öffentlichkeit über die wahre Natur dieses Umbauprozesses zu täuschen, bedient er sich, in Bahros Fussstapfen, manipulativer Psychotechniken, insbesondere des «neurolinguistischen Programmierens».
Das «neurolinguistische Programmieren», auch «NLP» genannt, ist ein Manipulationsverfahren, das in der politischen Propaganda häufig verwendet wird. «NLP ist das beste Manipulationsmodell, das ich kenne», stellt einer seiner Begründer fest.15 Die Methode wurde aus verschiedenen manipulativen Vorgehensweisen zusammengeschmolzen, die aus amerikanischen Versuchslabors stammen. Die Bezeichnung «neurolinguistisches Programmieren» besagt, dass der Mensch über die Wahrnehmung («Neuro ») mittels sprachlicher Botschaften (linguistisch) «programmiert» oder vielmehr umprogrammiert werden soll. Laut Selbstdefinition ist NLP eine «Sammlung höchst wirksamer Kommunikations- und Veränderungstechniken», mit denen die Persönlichkeit angeblich «bis in den Kern der Identität hinein» verändert werden kann.16 Beim NLP spielt die Hypnose eine zentrale Rolle. Die Methode ist geeignet, neue Ideen als hypnotische Botschaften unbemerkt einzupflanzen und Wertvorstellungen umzupolen.
Die Ideologie des «neurolinguistischen Programmierens» entspricht in etwa derjenigen Bahros und steht im klarem Gegensatz zum Wertekonsens unserer Gesellschaft. So lautet ein «Glaubenssatz» des NLP, die Realität sei nicht wichtig, denn jeder Mensch habe seine eigene Realität. Ein zweiter NLP-Glaubenssatz besagt, es gebe keine Fehler und kein Versagen, und ein dritter behauptet, hinter jedem Verhalten stecke eine positive Absicht. Mit diesen absurden Behauptungen wird die Existenz von Gut und Böse geleugnet. Wenn es keine Realität, keine Fehler und keine schlechten Absichten gibt, dann gibt es auch keinen Massstab, an dem Recht und Unrecht gemessen werden können. Opfer von Gewalttaten können keine Wiedergutmachung erwarten, da die Realität ihrer Wahrnehmung grundsätzlich in Frage gestellt wird. Ausserdem können Verbrecher nicht bestraft werden, da es ja angeblich keine schlechten Absichten gibt. So entlarven sich die scheinbar liberalen Glaubenssätze als Wegbereiter von Gewalt und Willkür.
Ein weiterer NLP-Glaubenssatz besagt, die Sprache sei nicht als Medium der Mitteilung und Verständigung, sondern nur als Instrument der Ablenkung und Beeinflussung zu nutzen. Worte seien einzig dazu da, um psychische Zustände «quasi mit Schallwellen zu formen».17
Der Sprache fehlt somit im NLP jeder reale Bezug. Worte werden zu inhaltsleeren «hypnotischen Worthülsen», die nur der Manipulation dienen. In der genannten Weise werden Begriffe wie «Gemeinschaft», «Chance», «Gerechtigkeit» oder «Zukunft» missbraucht. Diese Worte tragen eine positive emotionale Botschaft und wirken wohltuend auf das Gefühl; das kritische Denken wird umgangen. Mit solchen Ausdrücken versucht man, die Menschen irrezuführen, abzulenken und ihr Denken in eine ganz bestimmte, vom Manipulator gewollte Richtung zu steuern.
Dies ist auch bei der rot-grünen Radikalreform des baden-württembergischen Schulwesens der Fall, die sich mit einlullenden Begriffen wie «Gemeinschaftsschule», «Haus des Lernens», «individuelle Förderung», «optimaler Bildungserfolg», «leistungsstarke Bildung», «soziale Gerechtigkeit» und ähnlichen Irreführungen tarnt. Alle diese Begriffe lassen angenehme Empfindungen anklingen. «Gemeinschaft» ist etwas Schönes, ein «Haus des Lernens» lässt Vorstellungen von Geborgenheit und einem schützenden Dach anklingen, während der Ausdruck «individuelle Förderung» vorgaukelt, jeder Schüler würde in seiner individuellen Situation erfasst und gefördert.
Doch alle diese Begriffe sind nichts als manipulative Worthülsen. Auf rein emotionaler Ebene wird mit ihnen Stimmung gemacht, um eine ehrliche demokratische Diskussion zu unterdrücken. Wer würde vermuten, dass sich hinter den wohlklingenden Begriffen eine Schule verbirgt, an der den Schülern nichts mehr beigebracht und nichts mehr erklärt wird, wo sie nicht mehr erzogen und nicht mehr zum Lernen angehalten werden? Eine Schule, an der es keine Lehrer und keine Schüler mehr gibt, sondern nur noch «Lernbegleiter» und «Lernpartner»!18 An dieser Schule erinnert nichts mehr an die herkömmliche Schule, wie wir sie kennen.
Das ganze hanebüchene Täuschungsmanöver muss offengelegt und die geplante «Schulreform» muss gestoppt werden. Denn sie führt – falls sie tatsächlich umgesetzt würde – zu Vereinzelung, Elitedenken, psychischen Störungen, Verwahrlosung und vor allem: Demokratieunfähigkeit unserer Jugend. •
1 Wikipedia: Bündnis 90/Die Grünen (download 9.5.2012).
2 Rudolf Bahro, Ökonom und führendes Parteimitglied der DDR, später Dissident, wechselte 1979 in die Bundesrepublik und beteiligte sich an der Gründung der grünen Partei (vgl. Wikipedia: Rudolf Bahro, download 9.5.2012).
3 Bahro Rudolf. Logik der Rettung. Wer kann die Apokalypse aufhalten? Ein Versuch über die Grundlagen ökologischer Politik. Stuttgart 1987 (im folgenden: Logik), S. 142, 278.
4 «Umweltschutzpolitik, die nichts weiter ist» kritisiert Bahro scharf, denn sie «rührt gar nicht an die grundlegenden Identifikationen, auf denen der Konsens der ‹entwickelten› Völker beruht». Vgl. Bahro Rudolf. Logik, S. 124.
5 Bahro Rudolf. Logik, S. 71, 124, 344, 481.
6 Bahro Rudolf. Logik, S. 263, 289.
7 Bahro Rudolf. Streitschrift Nr. 3/1990, S. 6; vgl. auch: Berliner Institut für Faschismus-Forschung und Antifaschistische Aktion e. V.: www.bifff-berlin.de/Bahro.htm download 17.5.2012.
8 Vgl. Wikipedia: Rudolf Bahro, download 9.5.2012.
9 Bahro Rudolf. Logik, S. 315
10 Wikipedia: Rudolf Bahro, download 9.5.2012.
11 Bahro Rudolf: Logik, S. 161.
12 Bahro Rudolf. Krise des Marxismus, Interviews, Reden, Aufsätze. Artikel. Hrsg. Marxistischer Studentenbund. Schwerpunkt 3. Zürich, April 1980, S. 81.
13 Ein Teil der grünen Führungselite distanzierte sich zwar offiziell von Bahro, weil er zu offen aussprach, was geplant war. Vgl. Wikipedia: Rudolf Bahro, download 9.5.2012.
14 Kretschmann lässt die katholische Maske fallen. Katholischer Nachrichtendienst Kath.Net, 12.4.2011. <link http: www.kath.net>www.kath.net/detail.phP?id=30994, download 17.5.2012.
15 «NLP is the best manipulation model I know. Is there a problem with manipulation?», meinte John Grinder, der die Methode zusammen mit Richard Bandler entwickelt hat. Vgl. TV-Dokumentation «Vom Umgang mit der Wirklichkeit». 3sat, 30.1.2006.
16 Stahl, Thies (Gründer der Deutschen NLP-Gesellschaft DGNLP und NLP-Ausbildungsleiter), zit. nach: Kobler, Hans Peter. Neue Lehrer braucht das Land – Kommunikation & Lernen. Paderborn 1995, S. 20.
17 Stahl, Thies. Neurolinguistisches Programmieren (NLP). Was es kann, wie es wirkt und wem es hilft. Mannheim 1992: Die Sprache als Werkzeug, S. 83.
18 Vgl. Bündnis 90/Die Grünen. Moser Sandra. So funktioniert die Gemeinschaftsschule. 18.4.2012. (<link http: www.bawue.gruene-fraktion.de>www.bawue.gruene-fraktion.de, download 9.5.2012); Fratton, Peter: Eine lebendige Partnerschaft von Lehrern und Schülern auf gleicher Augenhöhe. In: Bündnis 90/Die Grünen. Die Schule der Zukunft: Wie geht individuelle Förderung? Dokumentation der Anhörung im Landtag von Baden-Württemberg. 20.6.2008.
1. Da ist zunächst eine politische-ökonomische «Grosswetterlage», eine bestimmte Konstellation des globalen Staatensystems, die man governancetheoretisch als «Akteurskonstellation» bezeichnen kann, freilich eine Konstellation besonders mächtiger Akteure. […]
2. Innerhalb dieses internationalen Systems nehmen mächtige Staaten, zuerst vor allem die USA, in Phase III dann wichtige EU-Staaten, eine Vormachtposition ein, die sie behalten möchten.
3. Die vormächtigen Staaten nehmen ein spezifisches Ereignis als Schock wahr, weil sie plötzlich den drohenden Verlust ihrer politischen und ökonomischen (wohl dann auch: militärischen) Vormacht fürchten. […]
4. In der Schock-Situation steht ein internationaler Akteur, der eigene bildungspolitische Ambitionen verfolgt (hier die OECD, in den Phasen I und III bereitwillig, in Phase II nur widerwillig), den Staatsregierungen zur Verfügung, um deren Reformen mit Zuarbeit zu versorgen.
5. An den bildungspolitischen Analysen und Forderungen dieses internationalen Akteurs orientieren sich in Phase I und Phase III dann wiederum andere Staaten, und zwar ohne grosse Vorbehalte: Sie glauben die kommunizierten Analyseergebnisse und Interpretationen, und sie übernehmen Lösungsvorschläge nahezu unbesehen. […]
6. Der sechste Faktor ist das innenpolitische Verhältnis der «Schock»-Staaten zwischen ihrer Bundesregierung und -administration und den föderierten Landes- oder Staatsregierungen beziehungsweise der nationalen bildungspolitischen Opposition. […]
(Es folgen 5 weitere Punkte. Anmerkung der Redaktion.)
Aus: Langer, Roman. Warum haben die Pisa gemacht? Ein Bericht über einen emergenten Effekt internationaler politischer Auseinandersetzungen. In: Langer, Roman (Hrsg.) «Warum tun die das?» Governanceanalysen zum Steuerungshandeln in der Schulentwicklung. Educational Governance Band 6. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008. S. 66f.
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