Rl. Durch Forschungsergebnisse werden Kaufentscheidungen oder auch weitreichende Entscheidungen in der Politik beeinflusst. Wenn solche Ergebnisse einseitig sind, dann können sie nachteilige Folgen haben. Ein eklatantes Beispiel dafür war die medizinische Forschung zum Rauchen. Erst nach Jahrzehnten stellte sich heraus, dass wichtige Forschungsprojekte von der Tabakindustrie verdeckt finanziert worden waren. Die Ergebnisse beeinflussten die öffentliche Gesundheitspolitik massgeblich und behinderten so eine konsequente gesundheitliche Aufklärung über die Folgen des Rauchens. Das hat immer noch schwere gesundheitliche Folgen für Millionen von Rauchern. Forscher, die damals auf die Gefährlichkeit des Rauchens hingewiesen hatten, wurden gezielt an die Seite gedrängt oder diskreditiert. Für die Tabakindustrie blieb ihr Handeln dagegen fast straffrei!
Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Kreiss* stellt in seinem Buch «Gekaufte Forschung. Wissenschaft im Dienste der Konzerne» viele Beispiele, wie das aus der Tabakindustrie, vor (S. 22ff.), und verweist auf die Folgen einseitiger Forschung. Er geht der Frage nach, inwieweit Wirtschaftsinteressen Forschungsinhalte und -ergebnisse beeinflussen. Durch seine Kenntnisse aus dem Bereich der Hochschulpolitik gelingt es ihm, auch versteckte Einflüsse nachzuzeichnen. Mit Fällen aus den Bereichen Pharma- und Autoindustrie, Bildung, Finanz-, Versicherungs-, Gentechnik- oder Internetkonzernen rückt Kreiss die Forschung mit Drittmitteln in den Fokus. Zugleich beschreibt er den Einfluss finanzkräftiger Wirtschaftsgruppen auf die Forschung über private Stiftungen, Stiftungsprofessuren oder die Vergabe von Forschungsgeldern.
Kreiss resümiert: «Die Konsequenz aus diesen Erkenntnissen ist offensichtlich: Geldinteressen haben in der Wissenschaft nichts zu suchen, sie richten hier Unheil an. Schul- und Hochschulbildung ist Sache der Allgemeinheit, nicht die Sache von Industrievertretern. Es bleibt zu hoffen, dass langfristig wieder stärker im Sinne der Allgemeinheit geforscht und das Vertrauen in die Wissenschaft gestärkt wird.» (S. 190) Abschliessend stellt Kreiss eine Reihe von Ideen vor, wie dem massiven Einfluss privater Interesse auf die Hochschulen begegnet werden kann, so dass es nicht mehr zu Absurditäten wie einem Hörsaal «Aldi-Süd» oder «EasyCredit» kommen kann. •
* Christian Kreiss lehrt an der Hochschule Aalen Finanzierung und Wirtschaftspolitik.
Christian Kreiss. Gekaufte Forschung. Wissenschaft im Dienste der Konzerne. Europa Verlag. Berlin 2015. 978-3-944305-72-1
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