Rüstungsaktien boomen: 500 Prozent Gewinn in zehn Jahren!

mw. Mit der Produktion von Waffen lässt sich bekanntlich viel Geld verdienen. In Zeiten der negativen Renditen von Sparkonten und Staatsanleihen teilen die Wirtschaftsblätter immer mal wieder trocken mit, dass man mit Aktien der Rüstungskonzerne satte Gewinne einstreichen könne. Geld verdienen durch Tod und Zerstörung in den Kriegsländern? Wenn man sich das als «einfacher» Bürger und Mitmensch nur schon vorstellt, friert’s einen. Aber hinschauen sollten wir, uns die Summen einmal anschauen, die einige Konzerne und deren Aktionäre mit den weltweiten Kriegen verdienen. Dann ordnen sich die Gedanken.

Zahlen und Fakten zu Rüstungsgewinnen und Kriegen

1,8 Billionen Dollar wurden im Jahr 2018 laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri für Rüstung ausgegeben. 1800 000 000 000 Dollar. Der Löwenanteil der Rüstungsausgaben, über 700 Milliarden, fällt auf die USA; für 2020 sind 750 Milliarden vorgesehen.1 Die für die ganze Welt bedrohliche Tatsache der omnipräsenten US-Militärstützpunkte zu Land, der Flugzeugträger zu Wasser und der Beherrschung des Luft- und Weltraums ist auch der Treiber für die Aufrüstung von Russland und China sowie vieler anderer Staaten, die sich ihrer Haut wehren müssen. Die europäischen Nato-Länder wiederum werden durch die US-Regierung, die Rüstungslobby und die Medien zur Erhöhung ihrer Militärbudgets gedrängt, indem ihnen pausenlos Storys aufgetischt werden von der Bedrohlichkeit und Aggressivität anderer Grossmächte, welche die einzige Supermacht entthronen könnten. Parallel dazu will die EU-Zentrale seit langem – entgegen den Wünschen vieler Mitgliedsstaaten – eine eigene EU-Armee aufstellen.
«16 Kriege und 173 gewalttätige Konflikte gab es 2018 gemäss dem Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung», und «500 Prozent Gewinn hat der Rüstungssektor Aktionären in den vergangenen zehn Jahren eingebracht» (Handelszeitung vom 18. Juni) – das heisst 50 Prozent pro Jahr! Allerdings bringt der Autor Ursache und Wirkung durcheinander, wenn er schreibt: «Die gute Performance hat Gründe: Die Zahl der Konflikte ist konstant hoch.» Als ob die Menschen freiwillig in den schrecklichen Kriegen leben würden, zum Teil seit Jahren und Jahrzehnten! Als ob die Bombenproduktion den Bedürfnissen der Menschheit entsprechen würde …
Weiter unten nennt der Verfasser durchaus Ross und Reiter: Drei der vier grössten Rüstungskonzerne sind US-Firmen. An der Spitze Lockheed Martin, dessen Aktienkurse auf einem «Allzeithoch» stehen, seit der Konzern für das Pentagon «2700 Tarnkappen-Kampfflugzeuge des Typs F-35» herstellt, für 400 Milliarden Dollar. Weiter Northrop Grumman, Spezialist für Luft- und Raumfahrt, dessen Aktien ebenfalls boomen. Als Dritter United Technologies (UTC), der inklusive dem kürzlich übernommenen Flugzeugausrüster Rockwell Collins etwa 70 Prozent seines zu erwartenden Umsatzes im Luftfahrtbereich machen wird. Dann wäre da noch Boeing, eigentlich der «grösste Flugzeugbauer der Welt», dessen Aktienkurs aber nach dem Absturz des Zivilflugzeugs 737 Max getaucht ist – er wird schon wieder auf die Beine kommen. Der Vierte im Bund ist der europäische Flugzeughersteller Airbus, der zurzeit vom Pech seines amerikanischen Konkurrenten Boeing profitiert: Seine Aktie ist ebenfalls «im steilen Höhenflug» (Handelszeitung vom 18. Juni).

Kriege erhalten die US-Rüstungsindustrie und die angeschlagene Supermacht

Wer zwei und zwei zusammenzählt, stellt fest: Weil die drei grössten Rüstungskonzerne der Welt US-Firmen sind, geben die USA weitaus am meisten Geld für Rüstung aus und drängen ausserdem alle ihre «Partner» zum Kauf von US-Rüstungsgütern, um den nimmersatten militärisch-industriellen Komplex zu füttern – nach dem Motto «America first», das die Wähler von Donald Trump vermutlich ganz anders verstanden haben. Weil die Vereinigten Staaten im Inland ausser der Rüstungsindustrie nur wenig konkurrenzfähige Industriebetriebe haben, schützen sie diese – im Widerspruch zu den Regeln der WTO, aber entsprechend «America first» – mit hohen Zöllen gegen die Einfuhr von Waren aller Art aus China. Die erfolgreiche europäische Konkurrenz wie VW, UBS oder Bayer decken sie mit milliardenschweren Gerichtsverfahren ein.
Was die vielen Kriege der USA betrifft: Schliesslich müssen die 2700 neuen Tarnkappenflugzeuge und was das Pentagon sonst noch alles einkauft irgendwo auf der Welt zum Einsatz kommen, damit möglichst bald wieder Nachschub nötig ist …

Und wir Bewohner dieser Erde?

Wer sich halbwegs damit zu beruhigen versucht, dass die heutigen Kriege ja weit weg von uns stattfinden, darf zweierlei nicht vergessen: Zum einen kann auf unserem waffenstarrenden Globus auch einmal aus Versehen oder auf Grund einer aufgeheizten Situation etwas losgehen, wenn jemand auf den falschen Knopf drückt. So ist es zum Beispiel im Oktober 1962 beinahe geschehen, als die Sowjetunion auf Kuba atomare Mittelstreckenraketen installierte, um eine befürchtete Invasion der USA zu verhindern. Die beiden damaligen Staatschefs, Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy, waren besonnen genug, um einen Atomkrieg zu verhindern. Es kann aber nicht weggeredet werden, dass dieses virulente Risiko immer besteht, gerade auch aktuell, wo die USA am 2. August ihre Kündigung des INF-Abrüstungsvertrages mit Russland2 definitiv bestätigt haben, mit der Begründung, Russland habe vertragswidrige Marschflugkörper aufgestellt. Russland hielt dagegen, dies sei die Reaktion auf die Patriot-Abwehraketen, welche die USA schon seit Jahren in Osteuropa installiert haben. Eine gefährliche Situation – nicht nur für die osteuropäischen Staaten, sondern für ganz Eu­ropa und die ganze Welt, auch für die Schweiz, da die benachbarte Bundesrepublik voller nuklearer Waffen (in der Hand der USA) steckt.
Zum zweiten können und dürfen uns die Kriege in fremden Ländern nicht gleichgültig lassen – einfach deshalb, weil wir Menschen sind. Wenn wir die schrecklichen Bilder aus den Kriegsgebieten sehen und die ergreifenden Berichte der Betroffenen hören, gibt es nur eins: Sag nein zum Krieg! In den sechziger Jahren haben die Jugendlichen in vielen Ländern gegen den Vietnam-Krieg protestiert, heute demonstrieren sie gegen den Klimawandel. Wer hat ein Interesse daran, unsere Jugend vom Protest gegen die grösste und schlimmste Gefahr für die Menschheit abzulenken?    •

1    Alle hier angegebenen Zahlen und Fakten stammen aus dem Artikel von Georg Pröbstl: «Volle Fahrt voraus auf Rüstungsaktien», in: Handelszeitung vom 18. Juni
2    Intermediate Range Nuclear Force (nukleare Mittelstreckensysteme). Vertrag zwischen der Sowjet­union und den USA von 1987 über die Vernichtung aller landgestützten nuklearen Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite (500 bis 5500 Kilometer)

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