Probleme eines neutralen Kleinstaates – gestern und heute

Probleme eines neutralen Kleinstaates – gestern und heute

 

Kein Frieden ohne Wehrhaftigkeit

«Unsere Jahrhunderte alte Wehrhaftigkeit war und ist immer noch die Zwillingsschwester unserer Friedensliebe und sollte es auch in einer wie immer gearteten Zukunft bleiben.» (Frick, S. 3)

Grosser Krieg nicht erwartet – Armee vernachlässigt

«Die Schweiz erkannte schon bald als eines von wenigen Ländern die von Deutschland ausgehende Gefahr. Sie begann, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. 1934 wurde mit dem Aufbau des Luftschutzes (heute Zivilschutz) begonnen. Am 24.2.1935 stimmte das Volk der Wehrvorlage zu, die den Weg für die Aufrüstung freimachte. […] Am 21. September legte der Bund mit grossem Erfolg die Wehranleihe auf. […] Die Rekrutenschulen wurden verlängert und die Ausbildung verbessert, Kriegsmaterial, darunter Kampfflugzeuge, beschafft, und der Ausbau der Befestigungen aufgenommen. Aber die grossen Lücken konnten bis Kriegsausbruch nur teilweise geschlossen werden. Zu lange war die Armee wegen des im Volk herrschenden Glaubens, ein weiterer grosser Krieg sei ausgeschlossen, vernachlässigt worden.» (Frick, S. 12)

Schulterschluss zwischen links und rechts

«Erst am Parteitag 1938, noch rechtzeitig vor Kriegsausbruch, konnte Parteipräsident Oprecht (SP) sagen: ‹Die Landesverteidigung ist das Alpha und Omega aller schweizerischen Politik.› Für die Vorbereitung der Armee auf den kommenden Krieg kam dieser Gesinnungswandel zwar viel zu spät, aber er schuf in der entscheidenden innenpolitischen Frage einen Schulterschluss zwischen links und rechts.» (Frick, S. 13)

Schweizer Werte stärken

«Der Schaffhauser Oscar Frey, der Zürcher Nationalrat Gottlieb Duttweiler (Gründer der Migros) und Professor Karl Meyer hielten seit Sommer 1940 im ganzen Land Vorträge, in welchen sie die Notwendigkeit und Möglichkeit des Widerstandes betonten. Dadurch inspiriert, rief General Guisan im Mai 1941 Heer und Haus ins Leben. Deren Aufgabe war es, in der Armee und Zivilbevölkerung die Schweizer Werte zu stärken und dem Defätismus und der Entmutigung entgegenzutreten. Dies war nötig, denn angesichts der raschen Besetzung Jugoslawiens und dann Griechenlands durch Deutschland wurde wieder an den eigenen Möglichkeiten gezweifelt. Dabei verschafften diese beiden, von Hitler ursprünglich nicht vorgesehenen Aktionen der Schweiz eine zusätzliche Atempause.» (Frick, S. 14)

Ernstfall des wirtschaftlichen Überlebenskampfes

«Mit dem Kriegsausbruch begann für die Schweiz der Ernstfall des wirtschaftlichen Überlebenskampfes. Es galt, die Versorgung mit Lebensmitteln, Treib- und Heizstoffen, Rohstoffen und Halbfabrikaten sicherzustellen, die Aufrüstung der Armee weiterzutreiben, weiterhin mit der Welt Handel zu treiben und die Arbeitsplätze zu sichern. Eine grosse Arbeitslosigkeit hätte den Rechtsextremisten in die Hände gespielt. Die Schweiz führte die Rationierung und Kriegswirtschaft ein, begann die Anbauschlacht und stellte mit Schaffung des Wehrmannsschutzes (heute Erwerbsersatzordnung) sicher, dass die Familien der eingerückten Wehrmänner nicht in wirtschaftliche Not gerieten.» (Frick, S. 19)

Extreme Rücksichtslosigkeit der Alliierten

«Obschon das internationale Neutralitätsrecht dem Neutralen den Handel mit den Kriegsparteien ausdrücklich zubilligt, wollte doch jede, dass die Schweiz ihren Handel mit ihrem Feind einstelle und ihm keinesfalls kriegswichtige Güter oder Waffen liefere. Die extreme Rücksichtslosigkeit und das mangelnde Verständnis der Alliierten, besonders der USA, für die schwierige und ausserordentliche Lage der Schweiz, unterschied sich in nichts von denjenigen der Deutschen. Bundesrat Stampfli meinte 1944, ‹von den Deutschen sei man nie schlechter behandelt worden, als jetzt von den Alliierten›. Es gab keinen Bonus für Sympathie, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gleiche Wertvorstellungen.» (Frick, S. 19f.)

Schweizer Armee mobilisiert am schnellsten

«Keine Armee der Welt konnte so schnell mobilisieren wie die schweizerische. Dies schrieb am 11. November 1938 wörtlich auch der Lord Mayor von London in der ‹Times› nach einem Schweizer Besuch. Er empfahl dem Vereinigten Königreich das Schweizer System zu übernehmen. In der Angriffsstudie Tannenbaum von 1940 des deutschen Generalstabes wurde damit gerechnet, dass ein Teil der Grenztruppen innert 5 Stunden kampfbereit sei, die Grenz-, Gebirgs- und leichten Brigaden in 1, die Divisionen und grossen Stäbe, d.h. die ganze Armee in 2 Tagen. (Zum Vergleich: der deutsche Generalstabschef Halder rechnete am 27. März 1940 für die Mobilmachung von 20 italienischen Divisionen für einen Einsatz an der Seite Deutschlands mit 14 Tagen. Dazu käme noch die Zeit für die Verschiebung an die Einsatzorte.)» (Frick, S. 53f.)

Hartnäckiger Mythos einer angeb­lichen Überlegenheit der Wehrmacht

«Hartnäckig sitzt der Mythos der 1939/1940 angeblich erdrückenden militärischen Überlegenheit Hitlerdeutschlands. Er dient bis heute als Entschuldigung für die demoralisierten, grossenteils nach kurzer Zeit und ohne ernsthaften Widerstand kapitulierenden Länder Westeuropas, einschliesslich Frankreichs.» (Frick, S. 74)

Wer sich unterwirft, wird nie verschont

«Es gibt auch Menschen, die bereit sind, sich zu unterwerfen, in der Meinung, damit wenigstens ihr nacktes Leben zu retten. Wie der Zweite Weltkrieg und alle seitherigen Konflikte zeigten, werden selbst solche Menschen von der Kriegsfurie erfasst. Nicht nur als zufällige zivile Opfer von Luft-, Raketen- und Artillerieangriffen. Auch eine ruchlose Besatzungsmacht vernichtet sie aus politischen, rassischen oder anderen Gründen. Oder sie werden als Geiseln erschossen, aus Rache für von Widerstandskämpfern getötete eigene Soldaten und Bürger, denn in jedem Volk gibt es immer Menschen, die lieber kämpfen, als Diener fremder Herren zu sein. Mit anderen Worten: Mit einem Verzicht auf Verteidigung kann keine Schonung der eigenen Bevölkerung erkauft werden. Es gibt nur eine Antwort, die auch moralisch einwandfrei ist: Dem Frieden verpflichtet sein, aber eine starke Armee bereit halten, die nur im Falle eines Angriffes kämpft, aber dann mit kompromissloser Entschlossenheit.» (Frick, S. 119)

Unsere Website verwendet Cookies, damit wir die Page fortlaufend verbessern und Ihnen ein optimiertes Besucher-Erlebnis ermöglichen können. Wenn Sie auf dieser Webseite weiterlesen, erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
Weitere Informationen zu Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
 

Wenn Sie das Setzen von Cookies z.B. durch Google Analytics unterbinden möchten, können Sie dies mithilfe dieses Browser Add-Ons einrichten.

OK