Befreit die Nationalbank

Befreit die Nationalbank

Gewinne müssen jetzt einbehalten, nicht ausgeschüttet werden

von Martin Lanz

Der erwartete Jahresgewinn der Schweizerischen Nationalbank (SNB) fällt mit 6 Milliarden Franken in einer Höhe aus, welche die vereinbarungsgemässe Ausschüttung von 1 Milliarden Franken an Bund und Kantone als vertretbar erscheinen lässt. Betrachtet man allerdings die Eigenkapitalsituation der SNB – und damit ihre Fähigkeit, Verluste zu absorbieren – etwas genauer, müssten Bund und Kantone ihre Ansprüche eigentlich zurückstellen. Denn per Ende November betrugen Rückstellungen und Eigenkapital gerade einmal 12% der Bilanzsumme, gegenüber rund 50% in der Zeit vor der Finanzkrise. Absolut gesehen mag der sich auf rund 62 Milliarden Franken belaufende Posten ja noch beeindrucken, nicht aber, wenn man ihm den Verlust im vierten Quartal 2012 von beinahe 11 Milliarden Franken oder den Jahresverlust 2010 von über 20 Milliarden Franken gegenüberstellt. Die SNB muss zudem bei Devisenanlagen von derzeit 427 Milliarden Franken mit viel höheren Verlusten rechnen und sich entsprechend wappnen.
Denn der Zustand der Europäischen Währungsunion, Japans und der USA verspricht nicht gerade eine stabile und berechenbare Entwicklung der für die Nationalbank relevanten Währungen Euro, Yen und Dollar. Mit weiteren und neuen Verwerfungen ist zu rechnen, und es ist künftig wohl eine noch höhere Volatilität der Wechselkurse zu erwarten. Solange die Wechselkursuntergrenze gilt, ist die SNB immerhin gegen hohe Verluste in Euro abgesichert. Aber irgendwann einmal – und besser früher als später – wird diese Untergrenze wegfallen, während die SNB-Bilanz risikobehaftet bleiben wird. Es wäre also angezeigt, möglichst rasch zusätzliche Puffer aufzubauen, um der Volatilität und den entsprechenden Wechselkursrisiken zu begegnen.
Der einfachste Weg bestünde dabei im Zurückbehalten des gesamten Gewinnes. Nun ist nicht zu erwarten, dass Bund und Kantone auf «ihre» Milliarde verzichten und die bis 2015 geltende Vereinbarung aufheben werden. Aber im Interesse einer glaubwürdigen und unabhängigen Geld- und Währungspolitik muss die SNB künftig von der Fessel solcher Ansprüche befreit werden, damit sie bei der Rückstellungsbildung nicht unnötig eingeschränkt ist. Die Gewinnverteilung muss der geldpolitischen Notwendigkeit folgen. Wenn es denn gar nicht ohne die Festlegung von Ansprüchen geht, böte sich eine indikative, letztlich aber alleine in der Kompetenz des SNB-Direktoriums liegende prozentuale Gewinnbeteiligung an, wie das in anderen Zentralbanken der Fall ist.     •

Quelle: Neue Zürcher Zeitung vom 18.1.2013

«Der Zustand der Europäischen Währungsunion, Japans und der USA verspricht nicht gerade eine stabile und berechenbare Entwicklung der für die Nationalbank relevanten Währungen Euro, Yen und Dollar.»

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