«Das zentrale Ereignis des letzten Jahrhunderts – das Erwachen Asiens»

«Das zentrale Ereignis des letzten Jahrhunderts – das Erwachen Asiens»

Polyperspektivische Betrachtung der Welt als friedensfördernde Massnahme – Leipziger Buchpreis für den indischen Autor Pankaj Mishra

von Thomas Schaffner

Die Ereignisse in und um die Ukraine zeigen es einmal mehr: Sollen Konflikte auf unserem Planeten friedlich und ohne Krieg gelöst werden, tut eine möglichst differenzierte Betrachtungsweise von Abläufen und Sachverhalten not. Dabei muss der Mut aufgebracht werden, auch über den eigenen Tellerrand hinauszusehen. Engführungen des Blickes sind zu vermeiden, allfällige Propaganda, woher auch immer sie kommen möge, zurückzuweisen. Polyperspektivische Herangehensweise zur besseren Ermittlung der wahren Begebenheiten ist – nicht nur hier – das Gebot der Stunde. Zeit-Fragen hat in den letzten Nummern mit den Beiträgen des Singapurer Diplomaten Kishore Mahbubani und diverser Völkerrechtler versucht, in diese Richtung zu wirken und einen Beitrag zu friedlichen Konfliktlösungen in Übereinstimmung mit dem bestehenden Völkerrecht zu leisten.
Diesem Anliegen eines friedlichen Zusammenlebens durch besseres gegenseitiges Verstehen sollen auch die folgenden Gedanken zu einer Buch-Neuerscheinung dienen. Es geht um einen Autor aus Indien, dem der diesjährige «Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung» zugesprochen wurde. Sein Name: Pankaj Mishra. Das preisgekrönte Werk trägt den Titel «Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens.» Ein herausforderndes, in vielem für uns «Westler» auch zutiefst beschämendes Buch. Was wir unter westlichen Werten stolz in die Welt tragen, werde dort schon lange als nackte Interessenpolitik verstanden, mitunter als pure Heuchelei, die imperialistisches und gar rassistisches Gedankengut nicht mal notdürftig bemäntele, so der Grundtenor des Preisträgers von Leipzig, der sich damit ganz in die Tradition des erwähnten Kishore Mahbubani und anderer einreiht. Es gehe ihm aber nicht darum, «eine um Europa oder den Westen zentrierte Perspektive durch eine um Asien zentrierte Sicht zu ersetzen» (Mishra, S. 17). Vielmehr, so sein Anliegen und wohl auch einer der Hauptgründe der Jury, einen Nicht-Europäer auszuzeichnen, soll eine ­polyperspektivische Betrachtungsweise gefährliche Irrtümer im Westen verhindern helfen. Ein Friedensprojekt erster Güte also, ein Antidot gegen die Ideologie eines angeblich unvermeidlichen Kampfes der Kulturen.

Pankaj Mishra, geboren 1969 in Nordindien, lebt am Rand des Himalayas und in London. Er war Gastprofessor am Wellesley College und am University College London. Er schreibt für die «New York Review of Books» und für den «New Yorker».
Sein jüngstes Buch lässt er mit einem Paukenschlag beginnen – Paukenschlag prima vista nicht für uns «Westler», nein, sehr wohl aber für die asiatische Welt: Stichwort Tshu­shima.
Bei eben jener Stadt besiegte im Mai 1905 eine kleine japanische Flotte unter dem Kommando von Admiral Togo Heihachiro einen grossen Teil der russischen Flotte. Nach US-Präsident Theodore Roosevelt «das grösste Phänomen, das die Welt jemals gesehen hat» (zit. nach Mishra, S. 9). Diese für uns heutigen Westler kaum mehr bekannte Schlacht bildet den Ausgangspunkt der Darlegungen von Pankaj Mishra. Nicht nur war damit zum ersten Mal seit dem Mittelalter eine europäische Macht von einem aussereuropäischen Land besiegt worden, vielmehr wurde dieser «Donnerschlag» (Lord Curzon, Vizekönig von Indien) in ganz Asien als welthistorischer Wendepunkt erkannt – auch wenn der Westen im 20. Jahrhundert ganz anders gewichten würde, sprich, die beiden Weltkriege und das atomare Patt des Kalten Krieges in den Vordergrund stellt.
Mishras Anliegen ist es, uns Westlern einen anderen Blick auf die Welt zu verschaffen, eine Sichtweise, die eigene eurozentrische Restbestandteile gnadenlos entlarvt. Mehr als einmal muss auch ein durchaus belesener Zeitgenosse sich eingestehen, sich nie wirklich vertieft mit asiatischen Sichtweisen befasst zu haben. Oder wer hätte schon das Jahr 1905 und Tsushima genannt als wichtigen Ausgangspunkt für den jahrzehntelangen Erneuerungsprozess Asiens? Wer die Reaktionen grosser asiatischer Denker auf den japanischen Sieg benennen können? Reihum, von Mustafa Kemal, Jawaharlal Nehru, Sun Yat-sen, W.E.B. Du Bois, Rabindranath Tagore, Abdurreshid Ibrahim, aber auch von arabischen, persischen, vietnamesischen und indonesischen Nationalisten wurde wahrgenommen: «Die Weissen» waren nicht länger unbesiegbar, oder mit den Worten Mohandas Gandhis: «Die Wurzeln des japanischen Sieges haben sich so weit ausgebreitet, dass wir die Früchte, die er einmal tragen wird, noch gar nicht zu erkennen vermögen.» (zit. nach Mishra, S. 9)

Die Wurzeln der Bandung-Konferenz von 1955

Wen bei der obigen Aufzählung grosser nichtweisser Persönlichkeiten Zuordnungsschwierigkeiten befielen, der wird das Buch von Mishra mit grossem Gewinn lesen. Alle anderen sowieso, und allzuoft wird man, eingedenk des Goethe-Zitats, als der Erdgeist Faust auf seinen Platz verweist mit den Worten «Du gleichst dem Geist, den Du begreifst, nicht mir» (Faust, Teil I, Nacht), allzuoft wird man sich seiner eigenen Projektionen auf die Asienlandkarte bewusst, mithin also eines westlicher Tradition verhafteten «Röhrenblicks».
Ein Müsterchen gefällig? Japan, von Commodore Perry 1853 mit der berühmt-berüchtigten Kanonenbootdiplomatie «geöffnet», zeigte sich als gelehriger Schüler des Westens, militarisierte sich und wurde zur imperialen, völkermörderischen Macht, gestoppt erst durch die USA, schliesslich mit dem Atombombenabwurf. So die Lesart der westlichen Geschichtsbücher, die mit wenigen Ausnahmen, zum Beispiel dem deutschen Japanologen Florian Coulmas, aus dieser Perspektive auch den Nuklear­schlag relativ problemlos rechtfertigen. Mishra unterschlägt die hässliche und mörderische Fratze des japanischen Militarismus, insbesondere im Zusammenhang des Zweiten Weltkrieges, keineswegs, nur bettet er ihn in den historischen Kontext ein. Dass nach dem Sieg von 1905 Studenten aus unzähligen asiatischen Ländern, aus der Türkei, China, Indien, Indonesien usw. nach Japan strömten und dort begeistert unterstützt wurden, damit sie von Japan lernen konnten, ist das eine, wovon wir im Westen kaum Notiz genommen haben. Dass später, im Kontext des Zweiten Weltkrieges, in vielen Teilen Indonesiens die japanischen Soldaten anfänglich als Befreier von der Knute der Holländer begrüsst wurden, ein zweites. Dass der «Grossostasiatische Kongress» von 1943 in Tokio, nachdem Japan die «Befreiung Asiens» zum Kriegsziel erklärt hatte, mit seinem «Panasianismus» mehr als nur eine japanische Phantasie dargestellt habe, eine für uns Westler schon schwerer zu schluckende Kost. Dass dieser Kongress in Tokio von 1943 gar «einen Geist geschaffen» habe, der «in die Bandung-Konferenz von 1955 eingegangen sei», so der von Mishra zitierte burmesische Führer Ba Maw (Mishra, S. 304f.), dass so also die Blockfreien-Bewegung geschaffen worden sei, liest man als Westler mehr als einmal: das militaristische Japan, der Verbündete des Dritten Reiches, als geistiger Mit-Ahne jenes losen Staatenbündnis, welches einen «dritten Weg» zwischen Kommunismus und Kapitalismus, sprich den westlichen Kolonialmächten inklusive USA, gehen wollte?

Japans Eroberungen und ihre Langzeitwirkungen …

Ohne den japanischen Militarismus und dessen Greueltaten verharmlosen zu wollen, betont der frischgebackene Leipziger Preisträger Mishra mehrmals, dass ohne Japans Eroberung Asiens die Dekolonisierung nicht so schnell vonstatten gegangen wäre: «Japans Eroberung Asiens hatte den Willen Grossbritanniens untergraben, an Indien festzuhalten» (Mishra, S. 307). Auch Mossadegh, der die Verstaatlichung der von den Briten betriebenen Ölindustrie in Iran ­politisch zwar nicht lange überlebte, verwies auf den Freiheitskampf der Asiaten. Und der langjährige Premierminister Singapurs Lee Kuan Yew zog in den 60er Jahren folgendes, durchaus auch japankritisches Résumé: «Meine Kollegen und ich gehören zu der Generation junger Männer, die den Zweiten Weltkrieg und die japanische Besatzung erlebt hatten und daraus mit dem festen Willen hervorgegangen waren, niemals mehr zuzulassen, dass irgend jemand – weder die Japaner noch die Briten – uns herumstossen. Wir waren der festen Überzeugung, dass wir uns selbst regieren und unsere Kinder in einem Land grossziehen könnten, in dem wir stolz darauf sein durften, für uns selbst zu stehen. Als der Krieg 1945 sein Ende fand, gab es nicht die geringste Chance, dass die britische Kolonialherrschaft alten Typs jemals wiederhergestellt würde. Die Ereignisse hatten uns die Augen geöffnet, und wir erkannten, dass die Menschen hier vor Ort ihr Land selbst regieren konnten.» (zit. nach Mishra, S. 306)

… eine süsse Frucht, erst nach der Kapitulation zu pflücken

Und auch Mustapha Hussain, malaiischer Nationalist, sprach gemäss Mishra vielen Asiaten aus der Seele, als er über Japan schrieb: «Obwohl die japanische Besetzung als eine Zeit grosser Not und Brutalität beschrieben wird, hinterliess sie doch auch etwas Positives, eine süsse Frucht, die erst nach der Kapitulation gepflückt und genossen werden konnte.» (zit. nach Mishra, S. 308) Man stelle sich vor, ein Europäer hätte sich im nachhinein so über die deutschen Nationalsozialisten geäussert … So weit hatte also der Imperialismus und streckenweise offene Rassismus des Westens geführt, dies muss bei solchen Aussagen immer im Auge behalten werden, will man nicht erneuten antiasiatischen Ressentiments Vorschub leisten.
Wo wir uns im Westen schnell mal herausnehmen, schwarz und weiss auch in anderen Weltregionen klar zu unterscheiden, entwirft Mishra differenzierende Grautöne. Dass die Stimmung Japan gegenüber in den 20er und 30er Jahren in Asien verständlicherweise umschlug, weist er nicht nur an der Stellungnahme Lee Kuan Yews, sondern auch an unzähligen Zitaten führender Persönlichkeiten nach, wobei deren Geisselung des westlichen, weissen Rassismus gegenüber den Asiaten immer bestehen bleibt – Mishra muss dazu nicht einmal die rassistisch eingefärbten Bemerkungen der US-Elite über die «Gelbe Gefahr» und die «Japsen» zitieren, da im Westen wohlbekannt, oder den eigenartigen Sachverhalt, dass die USA im Zweiten Weltkrieg zwar die «Japanese Americans» und «Italian Americans», nicht aber die «German Americans» internierten – ob es da wohl um das Stichwort «Aufnordung der weissen Rasse» ging …?

Das Fanal von Tshushima und die japanische Verfassung

Worin sahen aber die nicht-japanischen Asiaten das Geheimnis der japanischen Stärke um 1905? Nicht etwa in einem «militaristischen Gen», wie das gewisse US-Psychologen nach dem Krieg etwa mit dem «Wotan-Gen» den Deutschen unterstellten, nein, das Geheimnis dieser Stärke wurde in der japanischen Verfassung gesehen. Und, so Mishra, «mit diesem Vorbild bewaffnet, halfen politische Aktivisten in ganz Asien, eine Reihe vom Volk getragener, auf eine Verfassung zielender Revolutionen einzuleiten, die sich gegen verknöcherte Autokraten wandten (das besiegte Russland taumelte 1905 selbst in eine solche Revolution)» (Mishra, S. 13).
Wer im Westen weiss schon oder hat sich bisher dafür interessiert, dass die Perser vor genau diesem Hintergrund im Jahre 1906 eine Nationalversammlung schufen? Die Jungtürken den Sultan zwangen, die Verfassung wieder in Kraft zu setzen? Dass im selben Jahr und vor diesem Hintergrund die Ägypter gegen die Briten aufstanden? Auch den Sturz des Kaisertums in China von 1911 stellt Mishra in diesen «Tshushima-Zusammenhang». Auch ein Mao Zedong, sogar noch zur Zeit, als Japan China bedrohte, konnte ein japanisches Gedicht zum Sieg von 1905 auswendig daher sagen …
Mishra verschweigt nicht, dass der Sieg von Tshushima in vielen asiatischen Ländern auch zu rassistischen Revanchegelüsten, zu sozialdarwinistischen Vorstellungen eines Krieges der Rassen und des Kampfes ums Überleben führten – dies auch vor dem Hintergrund der Scham und der Demütigungen, die man erlitten hatte durch Weisse, die angeblich «die Bürde des weissen Mannes» auf sich nahmen und in China beispielsweise Millionen von Menschen vom Opium abhängig machten und Schilder anbringen liessen mit den Worten: «Nur für Ausländer» und «Hunde verboten», was gemäss Amy Chua und Jed Rubenfeld in ihrem neusten Buch nur so verstanden werden konnte, wie es unsere Geschichtsbücher fälschlicherweise, wenn auch sinngemäss zitieren: «Zutritt für Chinesen und Hunde verboten.» (Chua, Rubenfeld. S. 279, Fussnote 27)

Gandhi: Völker des Ostens aus ihrer Lethargie erwacht

Mishra sagt es aber unmissverständlich: «Was Tshushima allerdings nicht sogleich zu ändern vermochte, war die Überlegenheit der westlichen Waffen sowie der westlichen Wirtschaft, die Asien und Afrika in weiten Teilen des 19. Jahrhunderts aufgezwungen worden war.» (Mishra, S. 15) So wurden unter deutscher Führung die chinesischen Boxer brutal massakriert, die USA schlugen eine Rebellion auf den Philippinen nieder, die Briten kämpften mit der Hilfe indischer Soldaten gegen die Buren in Südafrika. 1905 und die Jahre darauf verzichtete der Westen zwar noch nicht auf die Herrschaft über seine Kolonien. «Aber Japans Sieg über Russ­land beschleunigte einen irreversiblen Prozess der intellektuellen und teilweise bereits der ­politischen Entkolonisierung.» (Mishra, S. 15)
Die damaligen Prophezeiungen eines Sun Yat-sens und Gandhis hätten sich zum Teil dann in den 1950er Jahren erfüllt: So konstatierte Sun Yat-sen, der Sieg von 1905 habe Asien mit Hoffnung erfüllt, «das Joch der europäischen Einschnürung und Herrschaft abzuschütteln und die ihnen zustehende Stellung in Asien zurückzugewinnen» (zit. nach Mishra, S. 16) und Gandhi, «die Völker des Ostens» würden dadurch endlich «aus ihrer Lethargie erwachen» (zit. nach Mishra, S. 16). Am Ende, so Mishra, hätten die Europäer und Amerikaner erkennen müssen, «dass sie die Fähigkeit Asiens unterschätzt hatten, moderne Ideen, Techniken und Institutionen – die ‹Geheimnisse› der westlichen Macht – zu absorbieren und gegen die westliche Welt zu wenden.» (Mishra, S. 16) Der Westen habe nicht erkannt, «wie stark der Drang nach Freiheit und Würde bei jenen Völkern war, die von Europas einflussreichsten Denkern, von Hegel über Marx bis John Stuart Mill, für unfähig gehalten wurden, sich selbst zu regieren.» (Mishra, S. 16)

Polyperspektivische Betrachtungsweise soll Irrtümer vermeiden helfen

Heute sei deutlich zu erkennen, dass für die meisten Menschen auf dieser Welt – der Singapurer Diplomat und Politikwissenschafter von der Universität Singapur Kishore Mahbubani spricht jeweils von den 88 % Nicht-Westlern – «das zentrale Ereignis des letzten Jahrhunderts das Erwachen Asiens und dessen Auferstehung aus den Ruinen asiatischer wie auch europäischer Reiche war.» (Mishra, S. 17) Und nicht etwa die Weltkriege und der Kalte Krieg!
Dies zu erfassen heisse auch, die weitere Umgestaltung der Welt zu verstehen, und zwar nach den Vorstellungen und Zielen der einstmals subalternen Völker, und nicht nach dem Bild des Westens! Kishore Mahbubani spricht in seinen Texten (siehe auch seine Homepage: www.mahbubani.net) jeweils von einer «major historical aberration», einer Verirrung der Geschichte, wenn er von den letzten 200 Jahren, der Zeit der westlichen Hegemonie spricht, und: die Entwicklung, das Wiedererwachen Asiens, insbesondere Chinas und Indiens, die vom Jahr 1 bis zum Jahr 1820 die beiden ­grössten Volkswirtschaften gewesen seien, dieser Aufstieg Asiens und der Niedergang des Westens seien irreversibel – und besser der Westen nehme die dargereichte Hand Asiens zur Kooperation an, zum Besten eines friedlichen Zusammenlebens aller Menschen auf diesem Planeten, und nicht nur der 12 % im Westen.
In seinem Buch stellt Mishra die wichtigsten Denker und Akteure im langjährigen Erneuerungsprozess Asiens vor. Er gesteht den westlichen Lesern durchaus zu, ob der Einnahme anderer, eben diverser Perspektiven von Asiaten, verwirrt zu sein. Es gehe ihm aber nicht darum, «eine um Europa oder den Westen zentrierte Perspektive durch eine um Asien zentrierte Sicht zu ersetzen» (Mishra, S. 17). Vielmehr soll eine polyperspektivische Betrachtungsweise gefährliche Irrtümer im Westen zu verhindern helfen.

Al-Afghani, Liang Qichao – zentrale Denker für das 20. Jahrhundert

Wer kennt sie schon, die bisher noch gar nicht genannten Hauptprotagonisten in Mishras Buch? Jamal al-Din al-Afghani, der von 1838 bis 1897 lebte, Muslim, politischer Mahner und scharfzüngiger Journalist. Und Liang Qichao, Chinas intellektueller Dreh- und Angelpunkt des frühen 20. Jahrhunderts, der von 1873 bis 1929 lebte. Beide Persönlichkeiten sieht Mishra als zentrale Schaltstellen bei der Entwicklung von nationalistischen und auf Befreiung zielenden Massenbewegungen. Weitere Persönlichkeiten, die Mishra vorstellt, sind unter anderen Ho Chi Minh, Sun Yat-sen, Rabindranath Tagore, Ali Shariati, Sayyid Qutb, Mohandas alias Mahatma Gandhi.
Ganz bewusst wählte Mishra zum Teil auch im Westen weniger bekannte Persönlichkeiten, um den Blick auf Kontinuitäten zu lenken: So waren die Ideen eines Liang Qichao nicht nur für Mao Zedong, sondern auch für dessen Nachfolger in China zentral, al-Afghani hingegen war Wegbereiter für Atatürk, Nasser und Ayatollah Khomeini und wird heute in der islamischen Welt intensiv diskutiert. Die Ideengebäude der Genannten müssten uns nicht gefallen, so Mishra, aber deren Kenntnis lasse einen die heutige Welt besser verstehen. Ein Anliegen, welches ein der Aufklärung verpflichteter Europäer ja nur begrüssen kann und einen Buchpreis in Leipzig mehr als verdient hat.
Die zentralen Gedanken von al-Afghani oder Liang Qichao und anderer sollen wegen ihrer Bedeutsamkeit für das Verständnis unserer heutigen Zeitläufte in weiteren Artikeln dargestellt werden.     •

Literatur:
Pankaj Mishra. Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens. Frankfurt a. M. 2013. ISBN 978-3-10-048838-1
Amy Chua, Jed Rubenfeld. Alle Menschen sind gleich. Erfolgreiche nicht. Die verblüffenden kulturellen Ursachen von Erfolg. Frankfurt/New York 2014, S. 279, Fussnote 27. ISBN 978-3-593-50117-8.
Kishore Mahbubanis offizielle Webseite: <link http: www.mahbubani.net>www.mahbubani.net
Kishore Mahbubani. Die Rückkehr Asiens – das Ende der westlichen Dominanz. Berlin 2008. ISBN 978-354907351-3
Florian Coulmas. Hiroshima. Geschichte und Nachgeschichte. München 2005. ISBN 978-340652797-5

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