Leserbrief

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Pisa-Absturz – Lehrplan 21 gefährdet die direkte Demokratie

Kürzlich hat der Medienpädagoge Thomas Merz von der Pädagogischen Hochschule  Thurgau (PHTG) in verschiedenen Zeitungen für die Medienbildung geworben, die neu im Lehrplan 21 als Pflichtstoff aufgenommen werden soll. Medienpädagoge Thomas Merz fürchtet, dass die Gesellschaft in ein Demokratiedefizit hineinläuft, wenn immer mehr Menschen bei Falschmeldungen («fake news») in den Medien nicht mehr zwischen wahr und falsch unterscheiden können. Eine Demokratie – und erst recht eine direkte Demokratie – sei auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass Bürgerinnen und Bürger informiert sind.
Interessant ist, dass Merz ein breites Grundwissen voraussetzt, damit man Zusammenhänge erst erkennen kann, Zitat: «Oft wird heute gesagt, wir müssten nichts mehr wissen – wir würden alles im Internet finden. Genau die notwendige Unterscheidung zwischen wahr und falsch ist aber ein wichtiger Grund, warum tragfähiges Grundwissen von zentraler Bedeutung ist: Ich kann fundierte Information nicht von völligen Falschmeldungen unterscheiden, wenn ich nicht über dieses verlässliche Grundwissen verfüge.»
Die grundlegende Wissensvermittlung ist das zentrale Ziel, das die Lehrer beim bewährten Klassenunterricht anstreben. Wenn der Medienpädagoge nun meint, dass auch der Lehrplan 21 diese Kriterien erfüllen könne, zeigt es sich, wie weit die PH-Dozenten bereits von der Schulpraxis entfernt sind. In den Pädagogischen Hochschulen wird den Studenten heute im Hinblick auf den Lehrplan 21 das pure Gegenteil vermittelt: die «Kompetenz­orientierung» mit dem «selbstgesteuerten Lernen», die der Psychologe Weinert 1999 für die Wirtschaftsorganisation OECD «konstruiert» hat.
Beim «selbstgesteuerten Lernen» brauchen die individuell lernenden Schüler mindestens doppelt so lange wie beim Klassenunterricht durch den Lehrer. Damit fallen mit dem Lehrplan 21 mindestens 50 % des bisherigen Stoffes weg, Lernziele wie das kleine Einmaleins werden in spätere «Zyklen» verschoben oder ganz fallengelassen. Als Ausrede für diesen massiven, heimlichen Bildungsabbau werden Lehrerstudenten und Öffentlichkeit so «informiert», dass Wissensvermittlung heute nicht mehr zentral sei, weil die Schüler ja alles «googeln» könnten.
Dazu kommt, dass mit dem neuen Pflichtstoff wie Medienbildung und IT und den umstrittenen Frühfremdsprachen noch weniger Zeit bleibt, um die mangelhaften Grundkenntnisse in Lesen und Deutsch zu verbessern. Gemäss Pisa 2015 fehlen diese bei 20 % der 15jährigen in der Schweiz, die deshalb kaum mehr für den Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Würde der Lehrplan 21 flächendeckend eingeführt, wäre mit einem weiteren massiven Pisa-Absturz zu rechnen, wie man das bei anderen Staaten, die auf die OECD-Kompetenzorientierung umgestellt haben – wie dem einstigen Spitzenreiter Finnland –, verfolgen kann.

Peter Aebersold, Zürich

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