Welche Geschichte soll da geschrieben werden?

Europäischer Rat einigt sich auf Billionen-Projekt

km. In den frühen Morgenstunden des 21. Juli 2020 hat sich der Europäische Rat – das ist das EU-Organ der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten – nach vier Tagen und Nächten auf eine gemeinsame, 67 Seiten umfassende Schlusserklärung geeinigt. Im Zentrum der Beratungen standen – unter der Vorgabe, auf die Covid-19-Krise reagieren zu wollen – die kommende, sieben Jahre umfassende mehrjährige Finanzplanung der EU und die sogenannte Aufbauhilfe für EU-Staaten, die als besonders betroffen von der Covid-19-Krise gelten. Nach langen kontroversen Debatten einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen «Aufbauplan für Europa» («Next Generation EU») mit einem Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro bis Ende 2026, um damit «massive öffentliche und private Investitionen auf europäischer Ebene» zu finanzieren und «gleichzeitig die Prioritäten der Union im Hinblick auf die grüne und digitale Wende voranzubringen». Das erste Mal in der Geschichte der EU «wird die Kommission ermächtigt, im Namen der Union Mittel an den Kapitalmärkten aufzunehmen». 360 Milliarden Euro sind für Kredite an EU-Staaten vorgesehen (im ursprünglichen Plan waren es 250 Milliarden Euro), 390 Milliarden Euro sind für nicht rückzahlbare Finanzhilfen gedacht (im ursprünglichen Plan waren es 500 Milliarden Euro). Die Ausgabenobergrenze in der mehrjährigen Finanzplanung der EU in den Jahren 2021 bis 2027 wurde auf 1074,3 Milliarden Euro festgelegt, so dass in den kommenden Jahren insgesamt ein Volumen von rund 1,8 Billionen Euro fliessen soll.

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«Wir haben vier lange Tage und Nächte durchverhandelt. Aber das war es wert. Das Ergebnis ist ein Signal des Vertrauens in Europa, und es ist ein historischer Moment für Europa», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am frühen Morgen des 21. Juli bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel. Dass es beim langwierigen EU-Gipfel vor allem um Geld, sehr viel Geld ging … und um erweiterte Befugnisse für die EU-Kommission, die in Richtung EU-Staat gehen, wird bei solch wolkigen Formulierungen nicht so deutlich. Es ist, wohlgemerkt, nicht das Geld der Staats- und Regierungschefs und auch nicht das Geld der EU-Kommissare, über das entschieden wurde, sondern das Geld der Steuerzahler, auch wenn es zuerst noch mehr, vor allem neue Schulden bedeutet. Aber irgendwann wird dafür eine Rechnung präsentiert werden, auch wenn es nicht die ehrliche Rückzahlung sein sollte. Und wie die rechtsstaatliche Bindung der EU-Kommission, ganz zu schweigen von deren demokratischer Legitimation aussehen soll, steht auch in den Sternen. Die EU und ihre Institutionen können vielleicht feiern, für die Bürger Europas ist dies doch eher fraglich. Und wie klug und sinnvoll ist es, Solidarität und gegenseitige Hilfe in Europa darauf zu reduzieren, dass Milliarden von Euro fliessen sollen – zudem auch für Programme mit ideologischem Einschlag?

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