Behördenpropaganda und Falschinformationen

Behördenpropaganda und Falschinformationen

Lehrplan 21 im Aargau

zf. Während ähnliche Schulreformen, wie der Lehrplan 21, immer häufiger zurückbuchstabiert oder heimlich zurückgenommen werden müssen, weil sie katastrophale Folgen zeigen, bleibt die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz D-EDK bei ihrem alten Kurs. Der Lehrplan 21 soll schweizweit eingeführt werden.
Aus diesem Grund kamen in über 10 Kantonen Initiativen gegen die Einführung dieses Lehrplans zustande, die nun einzeln zur Abstimmung gelangen. Doch anstatt nun in die Sachdiskussion einzusteigen, sind die mit der D-EDK verbandelten Erziehungsbehörden BKS dazu übergegangen, über einzelne «Schulbehörden» und Verbände, wie zum Beispiel den Schulleiterverband, vorgefertigte Musterbriefe und Unwahrheiten über die Initiative zu verbreiten.
Genau dieses Vorgehen wurde jüngst in einem Bundesgerichtsurteil zum Artikel 34 (Schutz der freien Willensbildung) in einer anderen Sache nochmals deutlich angemahnt.
In der nachfolgenden Pressemitteilung deckt das Aargauer Initiativkomitee «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» genau dieses Vorgehen innerhalb des zuständigen Departements BKS auf.

Am 12. Februar 2017 gelangt unsere Initiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» zur Abstimmung. Im Vorfeld der Abstimmung zeigt sich nun immer mehr, dass die Gegnerschaft der Initiative – anstatt eine sachliche Diskussion zu führen – in unzulässiger Weise Abstimmungspropaganda betreibt, wie sie einer demokratischen Debatte unwürdig ist.
Konkret wehren wir uns als Komitee entschieden gegen eine kurz vor Weihnachten gestartete Top-down-Aktion des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Kanton Aargau (VSLAG). Dieser Verband versucht, die Stimmbevölkerung des Kantons Aargau manipulativ zu beeinflussen, indem er via Schulleitungen und Lehrerschaft einen einseitigen mit unwahren Behauptungen gespickten «Musterbrief» streuen will, der mit offiziellem Schullogo im Namen von Schulpflege und Schulleitung offensichtlich an alle Eltern gelangen soll. Die Botschaft ist klar: Die Bildungsinitiative sei «dringend» abzulehnen.
Wir haben nun mit einer Mitteilung die Schulpflegen und die Gemeinderäte des Kantons aufgefordert, diese Aktion umgehend zu stoppen. Hier werden nämlich offizielle Informationskanäle der Schule krass missbraucht und die behördliche Pflicht zu objektiver Information missachtet. Würde eine Schulbehörde gemäss diesem Muster agieren, so wäre dies eine nicht tolerierbare Abstimmungspropaganda und eine klare Verletzung von Art. 34f. der Bundesverfassung (Schutz der freien Willensbildung und Wahrnehmung staatlicher Aufgaben).
Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an eine Schüleraktion Anfang November 2016. Damals verbot Regierungsrat Alex Hürzeler Kantonsschülern, Plakate gegen den geplanten Bildungsabbau auf dem Schulgelände aufzuhängen, und hat dies als unzulässige politische Propaganda bezeichnet. Das BKS gab damals zu Protokoll: «Gemäss Schulgesetz sind die Schulen im Aargau ­politisch und konfessionell neutral. Das BKS vertritt deshalb die Auffassung, dass poli­tische Aktionen ausserhalb des Schulareals stattzufinden haben.»
Hinzu kommt, dass der VSLAG-Musterbrief an die Eltern ausgerechnet von einem kantonalen Beamten, nämlich von Tobias Obrist (im BKS mitverantwortlich für die Einführung des neuen Lehrplans), stammt. Das ist skandalös und müsste Konsequenzen haben. Es ist ein weiteres Beispiel für die Aktivität und Verflechtung der Bildungsverwaltung mit der Schulverwaltung, welche sich an das Gebot der Ausgewogenheit zu halten hätten und sich gerade im Vorfeld einer Volksabstimmung in Zurückhaltung üben sollten.  
Abgesehen von dieser manipulativen Abstimmungspropaganda müssen wir noch auf ein falsches Argument der Initiativgegner eingehen. Ein Hauptargument des Departements BKS war von Anfang an, dass die Aufzählung der Fächer im vorgeschlagenen neuen Paragraphen 13 des Schulgesetzes «abschliessend» sei. Bis heute bringt die Gegnerschaft der Initiative dieses Argument immer wieder ein und behauptet, der vorgeschlagene Fächerkanon sei ein starres Korsett und schränke das Bildungsangebot ein.
Zu dieser Frage haben wir den renommierten Staatsrechtsprofessor Dr. Rainer J. Schweizer (Universität St. Gallen) um eine juristische Stellungnahme gebeten. Zusammenfassend hält er fest, «dass die neue Bestimmung im Blick auf allfällige Ergänzungen des Fächerkanons keine abschliessende Regelung enthält». Er begründet dies unter anderem mit den folgenden vier Argumenten:

  1. «Nach dem Wortlaut der Initiative ‹enthält› der Fächerkanon gewisse Fächer; ‹enthalten› bedeutet gemäss Duden ‹zum Inhalt haben, umfassen; in sich haben, tragen›. Diese Bedeutung von ‹enthält› schliesst nicht aus, dass auch noch weitere Fächer in den Lehrplan aufgenommen werden könn- ten. § 13 Abs. 3 stellt bloss eine Auflistung der grundlegenden Fächer auf, was keineswegs heisst, dass keine zusätzlichen Fächer angeboten werden könnten; es wird kein explizites Verbot statuiert.»
  2. Mindestens vor der Annahme einer Initiative müsse auch «auf den Willen der Initianten abgestellt werden, wobei diesen unterstellt werden darf, dass sie dem Gemeinwohl dienen wollen». Und weiter: «Durch die Auflistung wollte das Initiativkomitee sicherstellen, dass die wesentlichen Fächer auch tatsächlich unterrichtet werden. Die Initianten scheinen jedoch nicht explizit eine abschliessende Aufzählung gewollt zu haben und nicht andere Fächer (wie zum Beispiel ein fakultatives Zusatzangebot) verhindern zu wollen.»
  3. Des weiteren habe der Regierungsrat nach wie vor die Kompetenz, den Fächerkanon auf Verordnungsebene zu gestalten, denn der «vorgeschlagene Artikel äussert sich nicht explizit zur Rolle des Regierungsrates und ob dieser allenfalls Konkretisierungen auf Verordnungsstufe vornehmen könnte» (vgl. dazu § 91 Abs. 2 KV Aargau). Auf diese Weise könnte der Regierungsrat den Fächerkanon zwar schneller abändern, aber damit gehe auch «ein Teil der demokratischen Legitimationsbasis verloren».
  4. «Da jeder Anspruch auf Bildung hat und ein hohes allgemeines Interesse der Bevölkerung besteht, mitzuentscheiden, was und in welcher Form den Kindern und Jugendlichen in den Schulen auf den Lebensweg mitgegeben wird, bestehen achtbare Gründe dafür, dass die zentralen Fächer auf Gesetzesstufe geregelt werden können. […] Nur weil es bis anhin entbehrlich war, den konkreten Lehr­plan­inhalt, wie die Aufzählung der Fächer, im formellen Gesetz zu verankern, heisst dies allerdings nicht, dass eine Verankerung auf Gesetzesstufe nicht möglich, ja sogar nötig sei.»

Mit der deutlichen Stellungnahme von Prof. Schweizer ist ein Hauptargument der Initiativgegner, nämlich die Aufzählung der Fächer sei «abschliessend», klar widerlegt. Das BKS hat damit von Anfang an falsch informiert und versucht, die Initiative zu verunglimpfen.
Fazit: Anstelle einer sachlichen Diskussion über die Grundlagen unserer Volksschule versucht das BKS seit Einreichung der Bildungsinitiative diese mit Falschinformationen in ein schiefes Licht zu rücken, um damit den Grossen Rat sowie die Parteien und Verbände auf seine Seite zu ziehen. Und kurz vor dem Abstimmungstermin lanciert das BKS nun mit dem Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Kanton Aargau eine massive Behördenpropaganda, um eine Annahme der Volksinitiative «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» zu verhindern. Diesen Eingriffen in die freie Meinungsbildung treten wir entschieden entgegen.

Für das Initiativkomitee:

René Roca, Gymnasiallehrer, Oberrohrdorf-Staretschwil

Pressemitteilung vom 9.1.2017

<link http: www.lehrplan21-nein.ch>www.lehrplan21-nein.ch

Spenden auf: PC 50-2808-7, Raiffeisenbank 8964 Mutschellen, Komitee «Lehrplan21-nein», IBAN CH47 8067 3000 0073 4124 5

Vergleich aktuelles Schulgesetz und Initiativtext

Schulgesetz nach Annahme der Initiative
Die Initiative verlangt den Ersatz von §13 Lehrplan im Aargauischen Schulgesetz (401.100) durch folgenden Text:

  1. Der Lehrplan dient der Umsetzung des Bildungsauftrages an die Schulen. Dabei wird vom Anspruch der Jugend auf Bildung, Wissen und Können ausgegangen, im Einklang mit der Kantonsverfassung und der Präambel des Schulgesetzes.
  2. Der Lehrplan stützt sich auf den Fächerkanon ab. Der Regierungsrat regelt nach Anhörung des Erziehungsrates die Zahl der Unterrichtslektionen und ihre Dauer sowie die Lernziele der Jahrgangsklassen.
  3. Der Regierungsrat erstellt für den Kindergarten einen Rahmenlehrplan als Vorbereitung für die Primarschule. Der Fächerplan für die Primarstufe enthält Sprache (Deutsch), Fremdsprache, Mathematik, Realien, Musik, Ethik und Religion, Bildnerisches Gestalten, Textiles sowie Allgemeines Werken und Sport. Der Fächerkanon für die Oberstufe enthält die Fächer Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik, Informatik, Physik, Chemie, Biologie, Geschichte, Geographie, Musik, Ethik und Religion, Bildnerisches Gestalten, Textiles sowie Allgemeines Werken, Sport und Hauswirtschaft.
  4. Interkantonale Vereinbarungen zur Harmonisierung des Lehrplans müssen vom Grossen Rat genehmigt werden und unterliegen dem fakultativen Referendum.

Schulgesetz aktuell (Stand 1.8.2016)

§13 Lehrplan

  1. Der Lehrplan enthält die Bereiche Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften, Sozial- und Geisteswissenschaften (inklusive Ethik und Religionen), Musik, Kunst und Gestaltung, Bewegung und Gesundheit.
  2. Der Regierungsrat regelt für Primarschule und Oberstufe die einzelnen Unterrichtsbereiche, die Zahl der Unterrichtslektionen und ihre Dauer, die Lernziele und die Stoffauswahl sowie die Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler bezüglich ihrer Selbst- und Sozialkompetenzen durch Verordnung. Er beachtet dabei die interkantonale Harmonisierung der Lehrpläne.
  3. Er regelt für den Kindergarten die Unterrichtsdauer sowie die Richtziele der Selbst-, Sozial- und Sachkompetenzen durch Verordnung.

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