Mega-Fusion im Kanton Glarus

Kritische Anmerkungen zum 10-Jahres-Jubiläum

von Hans-Markus Stuck, Niederurnen

Die Feststellungen von René Roca («Gemeindefusionen und direkte Demokratie», Zeit-Fragen Nr. 27 vom 1.12.2020) kann ich zehn Jahre nach der Mega-Fusion im Kanton Glarus (leider!) nur bestätigen. An der Landsgemeinde von 2006 hatte eine Mehrheit die Fusion der 25 Glarner Gemeinden beschlossen. Am 1. Januar 2011 wurden die drei Grossgemeinden ins Leben gerufen.
  «Aus 25 Gemeinden drei zu machen, halte ich für einen Riesenblödsinn», sagte der Ökonomieprofessor und Glücksforscher Bruno S. Frey im damals neuen Buch aus dem NZZ-Verlag «Was vermag Ökonomie». Nachzulesen ist das und noch mehr im Gegen-Memorial für die ausserordentliche Landsgemeinde 2007.
  Letzthin titelte eine Zeitung: «Die neuen Gemeinden sind erwachsen.» Mit zehn Jahren erwachsen? Eine wichtige «Baustelle» sehe ich im Verlust der Nähe zur Bevölkerung. Das sehen sogar die meisten glarnerischen Regierungsräte als Problem. Eine «Verbürokratisierung» hat stattgefunden. Ein Beispiel: Man stellte in einem Dorf fest, dass es an einem Ort mit abschüssigem Hang ein Stück Zaun bräuchte. In der bisherigen Gemeinde, hätte es einen Kontakt gebraucht, dann wäre der Zaun gestanden. Jetzt brauchte es vier Kontakte, bis der Zaun stand – jedoch am falschen Ort!
  Wie kann man wieder mehr Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern schaffen und das Milizprinzip stärken?
  Auch ist das Verhältnis von kleineren zu grösseren Dörfern nicht gelöst. Es zeugt nicht von Gleichberechtigung, wenn ein Dorf mit beispielsweise vierhundert Einwohnerinnen und Einwohnern ein Anliegen hat, es zur Abstimmung bringt und zwanzigmal mehr Personen aus anderen Dörfern darüber abstimmen können.
  In der früheren Gemeinde Elm waren mehr Leute an der Gemeindeversammlung anwesend als jetzt in der fusionierten Grossgemeinde insgesamt! In allen drei Gemeinden stellt man einen schwachen Besuch der Gemeindeversammlungen fest. Viele Anzeichen deuten auf Politikverdrossenheit der Bevölkerung hin, denn mit der Grossgemeinde kann man sich weniger identifizieren als früher mit der eigenen Gemeinde.
  Regierungsrat Dr. R. Widmer hat recht, wenn er in einem Interview sagt, dass Rom nicht an einem Tag gebaut wurde.
  Tragen wir aber Sorge, dass vieles, was in den Gemeinden vor der Fusionierung gang und gäbe war, nicht verlorengeht!  •

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